Forscher im Rampenlicht
Ein Schulterklopfen, eine Gehaltserhöhung oder gleich ein Pokal: Die Gradmesser für beruflichen Erfolg können je nach Branche höchst unterschiedlich sein. In der Wissenschaft werden jedes Jahr herausragende Leistungen mit oft gut dotierten und weithin sichtbaren Auszeichnungen wie dem Wittgensteinpreis und ERC-Grants prämiert. Was für den etablierten Forscher dann nur noch einer unter vielen Preisen sein mag, kann für den Jungforscher erst das Eintrittsticket in das - nahezu - sorgenfreie, konzentrierte Forschen bedeuten.
APA-Science hat dazu sechs „ausgezeichneten“ Wissenschaftern Fragen gestellt, die den Stellenwert von Preisen und Förderungen für sie persönlich und ihre Karrieren ergründen sollten. Die per E-Mail geführten Interviews sind jeweils als Hintergrundmeldung im Volltext nachzulesen. Die - natürlich nicht repräsentative - Umfrage hat unter anderem gezeigt, dass Wissenschafter auch nur Menschen sind und sich in erster Linie einmal über die Anerkennung für ihre Arbeit freuen. Und der Geldsegen, der damit einhergeht, hat schon so manches langfristige Forschungsprojekt überhaupt erst möglich gemacht.
Für den Quantenphysiker Markus Arndt bedeutet das "ausgesprochene Privileg", durch prominente Auszeichnungen seine Forschungen finanziert zu bekommen, aber auch eine "enorme Verpflichtung", die auf Kosten des Privatlebens gehen kann: "Freizeit ist heutzutage gleichbedeutend mit der Arbeit für die Forschung.“
Naturgemäß ist ein etablierter Forscher mit langfristigen Grants nicht mehr so sehr auf die öffentliche Aufmerksamkeit angewiesen wie ein Jungwissenschafter, der noch um sein „Leiberl“ im Team kämpfen muss. Den START-Preisen des Wissenschaftsfonds (FWF) und des European Research Councils (ERC) erkennt Arndt deshalb auch eine sehr stark strukturierende Wirkung zu. „Die Chancen auf eine gute Anstellung an einem Forschungsinstitut oder einer Universität werden dadurch in der Regel signifikant erhöht. Egal, an welcher Uni man schaut - in Österreich sicher.“
Erhöhter "Marktwert"
Die Zuerkennung eines START-Preises oder ERC-Grants ermöglicht einem Jungforscher etwas, was nicht selbstverständlich ist: die nahezu sorgenfreie Konzentration auf die Forschung und die Möglichkeit, auch komplexeren Fragen nachgehen zu können. Nicht zuletzt verbessert sich durch eine gut dotierte Förderung auch der "Marktwert" des Forschers, was beispielsweise im Fall der Kognitionsbiologin Friederike Range "zu einer besseren Verhandlungsbasis an der Veterinärmedizin geführt hat".
Denn abseits des Rampenlichts ist der Alltag von Nachwuchswissenschaftern eher grau und unglamourös, weiß die Ägyptologin Julia Budka zu berichten: „Wir müssen sonst in der Regel von Job zu Job, von Projekt zu Projekt springen, die Belastung ist in der Regel groß - und selber Mittel einwerben kann man meist selten (...).“ Erst hochkarätige Förderpreise haben es für sie ermöglicht, eine hart erarbeitete Projektidee real umzusetzen und nebenbei auch ihr Fach Ägyptologie wesentlich zu stärken.
„Der ultimative Referenzpunkt“
Ähnlich einem Schauspieler, der einen Oscar bekommt, sind Preise auch für einen Wissenschafter eine Anerkennung - meist kritischer, untereinander im Wettbewerb stehender - Kollegen und daher der „ultimative Referenzpunkt der eigenen Leistung“, wie es der vielfach ausgezeichnete Quantenphysiker Peter Zoller ausdrückt. „Preise messen auch den Impakt der eigenen Arbeiten in langen Zeiträumen, was das entscheidende Maß der Dinge ist.“
So wichtig Auszeichnungen als Wertschätzung der eigenen Leistung und als (finanzielle) Triebfeder für die weiteren Forschungen auch sind: Josef Penninger, Chef des Instituts für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Akademie der Wissenschaften in Wien, warnt davor, alles nur an verliehenen Preisen aufzuhängen. Dazu gebe es zu viele "erstklassige Wissenschafter und geniale junge Köpfe", die noch nicht bedacht wurden. „Am wichtigsten für Erfolg sind sicherlich immer noch Talent, gute Ideen und ein gewisses Durchhaltevermögen.“
Strukturelle Mängel
Über gewisse strukturelle Mängel in der heimischen Forschungslandschaft kann freilich auch die glänzendste Trophäe nicht hinweg täuschen. So fällt nach sechs Jahren "toller Finanzierung" (Budka) so mancher START-Preisträger in das so genannte "START-Loch" und steht am Ende der Förderzeit wieder am Anfang - das müsste doch vermieden werden. Die befragten Forscher wünschen sich weiters einen stärkeren Ausbau der Doktoratsförderung und neben einer stärkeren Förderung der Grundlagenforschung auch mehr Verständnis und Interesse dafür. Von dieser „Z’wos brauch ma des“-Mentalität müsste man wegkommen, meint etwa der Historiker Walter Pohl.
Mario Wasserfaller/APA-Science
Service: Alle Fragen und Antworten im Original-Wortlaut: Markus Arndt, Julia Budka, Josef Penninger, Walter Pohl, Friederike Range und Peter Zoller.