Forschung im Praxistest
In den vergangenen zehn Jahren hat die Forschung an den heimischen Fachhochschulen kontinuierlich zugelegt, was Projektbeteiligungen, Umsätze als auch Mitarbeiter betrifft. Auch die Josef-Ressel-Zentren werden ständig ausgebaut, im Endausbau sind 15 dieser Forschungseinrichtungen geplant. Dennoch orten Experten Aufholbedarf bei strukturellen Problemen, gemeint ist vor allem die fehlende Basisfinanzierung seitens des Bundes.
Die Entwicklung der FH-Forschung in den vergangenen zehn Jahren ist positiv, die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate liegt laut Statistik Austria bei 16 Prozent. So wurden etwa 2009 demnach 59,4 Mio. Euro an F&E-Mitteln umgesetzt und dafür 537,7 vollzeitäquivalente Mitarbeiter beschäftigt. Derzeit laufen laut der Österreichischen Fachhochschulkonferenz (FHK) Forschungsprojekte mit mehr als 1.500 Unternehmen.
Trotz dieser Zahlen wäre noch viel mehr Potenzial vorhanden, ist sich Johann Kastner, Leiter des F&E-Ausschusses der Fachhochschulen sicher. "Die Fachhochschulen haben in der Forschung einen starken Aufholbedarf", so Kastner im Gespräch mit der APA. Dabei steht vor allem ein finanzieller Aspekt im Vordergrund. Die hohen Wachstumsraten in den letzten zehn Jahren seien hauptsächlich durch das Engagement der Lehrenden zustande gekommen und dank der Finanzierung durch die Erhalter.
Es sei kein Einzelfall, dass ein Forschungsgebiet wieder wegbricht, weil ein Projekt auslaufe und man noch kein Nachfolgeprojekt und keine Überbrückungsfinanzierung habe. Kleinere Fachhochschulen würden sich in Ermangelung einer Anschubfinanzierung schwer tun, mit der Forschung zu beginnen. Größere FHs wie die FH OÖ hätten dagegen große Probleme, die Eigenfinanzierungsanteile die man für geförderte Projekte braucht - "die Quote ist bei EU-Projekten derzeit bei 75 Prozent, bei COIN-Projekten bei 70 Prozent" - aufzubringen.
"Die fehlende Basisfinanzierung ist ein großes Problem", weist der Experte auf eine immer wiederkehrende Forderung der Fachhochschulen hin, bei der vor allem das Wissenschaftsministerium angesprochen ist. "Für uns wären auch schon jährlich fünf oder acht Mio. Euro viel Geld für die Forschung. Es geht nicht darum, die Forschung an sich zu finanzieren, sondern die Kontinuität sicherzustellen."
BMWF: Historische Gründe
Dass es für Forschung an den Fachhochschulen keine Basisfinanzierung seitens des Wissenschaftsministeriums gibt, habe vor allem historische Gründe, heißt es auf Anfrage der APA aus dem Ministerium: "Bei der Entstehung des Sektors wurde entschieden, dass der Bund die FH-Studiengänge mit einer Studienplatzbewirtschaftung unterstützt. Der Fokus der Fachhochschulen lag und liegt vor allem auf der Wissensvermittlung und der Ausbildung von Studierenden, daher ist die Finanzierung der Studienplätze eine stimmige Finanzierungsform." Das Forschungsinteresse sei je nach Ausrichtung und Schwerpunkten der Fachhochschulen sowie Interessen der FH-Träger unterschiedlich ausgeprägt.
Von Beginn an sei auch Wert auf die Beteiligung anderer Einrichtungen (Länder, Gemeinden, Wirtschaft) an Fachhochschulen gelegt worden, sie könnten "mit ihren Mitteln auch einen wertvollen Beitrag im Forschungsbereich leisten". Im Gegensatz zum für die Grundlagenforschung verantwortlichen Wissenschaftsministerium erfolge die Finanzierung der angewandten Forschung an FHs zum Teil auch über das in der angewandten Forschung mitverantwortliche Wirtschaftsministerium (Josef-Ressel-Zentren). "Weiters haben Fachhochschulen die Möglichkeit, sich an den diversen Förderprogrammen zu beteiligen. Mehrere Fachhochschulen sind dabei sehr erfolgreich", heißt es seitens des Wissenschaftsministeriums.
Regionalfonds im Visier
Neben dem Dauerthema der fehlenden Basisfinanzierung ist im F&E-Ausschuss derzeit vor allem von der Einbindung der FHs in europäische Programme die Rede, verrät Kastner: "Es beginnt ja 2014 Horizon 2020 (das neue Forschungsrahmenprogramm der EU; Anm.) und das zweite Thema ist dann der europäische Regionalfonds, also EFRE-Förderungen." Bis Ende 2011 wurden laut Kastner 50 EU-Rahmenprogramm-Projekte genehmigt, trotzdem gelte: "EFRE ist für uns sogar wichtiger als das Rahmenprogramm."
Treiber und Barrieren
Für Eugen Voit, der an der FH Vorarlberg seit zwölf Jahren als wissenschaftlicher Leiter des Studiengangs "IPT-Integrated Product Development" tätig ist, ist die Anwendungsorientierung der FHs ein entscheidendes Asset. "Ein Treiber für die Forschung an Fachhochschulen ist die Möglichkeit für Industriebetriebe, an aktuelle Informationen, Methoden und Technologien zu kommen und zu wissen, dass der Kooperationspartner 'State of the Art' ist", so Voit, der beim 7. Forschungsforum der FHs in Dornbirn eine Keynote zum Thema "Grenzenlos kooperieren – Barrieren und Treiber für Wirtschafts-Wissenschaftskooperationen (WWK) an Fachhochschulen" hält.
Das Geld für die Forschung an FHs komme aus zwei Bereichen. "Zum einen sind das die staatlichen Fördermittel, das ist einerseits unsere Schweizer Finanzierungsinstitution, das KTI (Kommission für Technologie und Innovation; Anm.) und andererseits natürlich auch EU-Gelder. Und ähnliche Systeme gibt es auch in Österreich." Der andere Teil werde über Direktprojekte mit der Industrie finanziert, denn eine Basisgrundfinanzierung für F&E sei "auch in der Schweiz sehr, sehr klein". Das Geld müsse letztlich im Technologietransferbereich akquiriert werden, so Voit.
Barrieren im IP-Bereich
"Die Barrieren liegen sehr stark im IP-Bereich (IP=Intellectual Property, geistiges Eigentum; Anm.)", sagt Voit, der als Executive Vice-President von Leica Geosystems aus der Praxis spricht. Bei Kooperationen stehe die Frage im Zentrum "Wer gibt wem wie viel Wissen" und letztlich sei zu klären, wem das Ergebnis und die Patente gehören und wer genau welche Rechte hat.
Zur Lösung schlägt Voit ein sehr einfaches Modell vor: "Grundsätzlich müssen zu Beginn Verträge geschrieben werden. Primäre Aufgabe der Industrie ist, aus Wissen Geld zu machen. Wir haben natürlich auch selbst Forschungsabteilungen usw., aber letztendlich wollen wir immer aus dem Wissen das wir generieren, Geld machen." Die Aufgabe der Hochschule wiederum sei es, aus Geld Wissen zu produzieren. "Sobald aber - und da gibt es immer wieder Diskussionen - Hochschulen beginnen aus Wissen Geld zu machen, konkurrieren sie in irgendeiner Art mit der Industrie."
Unterschied Unis und FHs
Wenn Voit von Hochschulen spricht, meint er sowohl Universitäten als auch Fachhochschulen. Aus Sicht eines Industrieunternehmens gibt es hier natürlich Unterschiede in der Kooperation. "Bei Universitäten gibt es zunächst einmal dieses Wissenschaftsmodell, bei dem die Möglichkeit besteht mit Doktoranden und mit Lehrstühlen zusammenzuarbeiten, das heißt mit ihnen machen wir grundlegendere, langfristigere Projekte." Im Idealfall werde ein Projekt mit einem Doktoranden finanziert, der dann vom Unternehmen übernommen wird. "Die Uni hat natürlich das Problem, dass das sehr sehr personifiziert ist, eine FH bietet die Möglichkeit, doch auch vielleicht etwas nachhaltiger zu sein, weil es nicht das System der Doktoranden gibt."
Von Mario Wasserfaller / APA-Science