Neue Förder-Horizonte
Unter dem Titel "Horizon 2020" startet mit Jahresbeginn das neue EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation. Der mit 80 Mrd. Euro gefüllte Fördertopf für die Jahre 2014 bis 2020 soll die globale Wettbewerbsfähigkeit der EU durch mehr und bessere Forschung und Innovation stärken. In einer ersten Ausschreibung stehen bis 2015 bereits 15 Mrd. Euro zur Verteilung bereit.
"Horizon 2020 soll die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft stärken, zu Wachstum und Beschäftigung beitragen und Europa in der Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen stärken", erklärten die Geschäftsführer der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG), Henrietta Egerth und Klaus Pseiner. Dafür steht mit 79,4 Mrd. Euro ein um rund 50 Prozent höheres Budget zur Verfügung als im zu Ende gehenden 7. Forschungsrahmenprogramm (54 Mrd. Euro).
Allerdings wurden auch bisher getrennte Innovationsprogramme in "Horizon 2020" integriert, etwa die innovationsrelevanten Teile des "Competitiveness and Innovation Programme" (CIP) oder das "European Institute for Innovation and Technology" (EIT). Damit sollen Förderungen entlang der gesamten Innovationskette - von der Grundlagenforschung bis zur Markteinführung von Produkten ermöglicht werden. Denn das neue Programm lege auch großen Wert auf die Umsetzung von Forschungsergebnissen in Produkte und Dienstleistungen, betont man seitens der FFG.
Programm auf drei Säulen
Das Programm steht auf drei Säulen, wobei dem Bereich "Gesellschaftliche Herausforderungen" die meisten Mittel zur Verfügung stehen (29,7 Mrd. Euro, bzw. 38,5 Prozent des Gesamtbudgets). Für die Säule "Exzellente Wissenschaft" gibt es 24,4 Mrd. Euro (31,7 Prozent), für den Bereich "Führende Rolle der Industrie" 17 Mrd. Euro (22,1 Prozent). Zudem werden Fördermittel für Querschnittsmaterien angeboten: zur Steigerung der Teilnahme von bisher weniger beteiligten Mitgliedsstaaten (816 Mio. Euro), zur Kommunikation von Wissenschaft in der Gesellschaft (462 Mio. Euro), für das EIT (2,7 Mrd. Euro) und die Gemeinsame Forschungsstelle (1,9 Mrd. Euro). Auch das Programm "Euratom" findet sich wieder innerhalb des Forschungsrahmenprogramms (2,4 Mrd. Euro bis 2018).
Höchstdotierter Teil der Säule "Exzellente Wissenschaft", mit der die wissenschaftliche Basis und die Pionierforschung in Europa gestärkt werden soll, ist der Europäische Forschungsrat (ERC). Er vergibt Förderpreise - z.B. "Starting Grants" und "Advanced Grants" an exzellente Nachwuchs- und etablierte Wissenschafter und hat dafür 13,1 Mrd. Euro zur Verfügung. Zur Förderung von Ausbildungs- und Karrieremöglichkeiten gibt es 6,1 Mrd. Euro im Rahmen der Marie-Sklodowska-Curie-Maßnahmen. Für Forschung zur Erschließung neuer Innovationsbereiche ("Future and Emerging Technologies") stehen 2,7 Mrd. Euro bereit, für europäische Forschungsinfrastrukturen 2,5 Mrd. Euro.
Mit 17 Mrd. Euro sollen Innovationsleistungen europäischer Unternehmen gestärkt werden. Das Gros davon (13,6 Mrd. Euro) geht in "grundlegende und industrielle Technologien" inklusive Schlüsseltechnologien. Konkret genannt werden im Programm Informations- und Kommunikationstechnologien, Nano- und Biotechnologien, hoch entwickelte Materialien, Produktionstechnologien und Raumfahrt. Mit 2,8 Mrd. Euro soll der Zugang zu Risikokapital gefördert werden, für Innovation in kleinen und mittleren Unternehmen stehen 620 Mio. Euro zur Verfügung.
Gesellschaftliche Herausforderungen
Die meisten Mittel stehen für Forschung zur Bewältigung der großen gesellschaftlichen Herausforderungen bereit. Konkret genannt werden sieben Themenbereiche: Gesundheit, demographischer Wandel und Wohlergehen; Ernährungs- und Lebensmittelsicherheit, nachhaltige Land- und Forstwirtschaft, maritime und limnologische Forschung und Biowirtschaft; Sichere, saubere und effiziente Energie; intelligenter, umweltfreundlicher und integrierter Verkehr; Klimaschutz, Umwelt, Ressourceneffizienz und Rohstoffe; Europa in einer sich verändernden Welt: integrative, innovative und reflektierende Gesellschaften; und schließlich sichere Gesellschaften - Schutz der Freiheit und Sicherheit Europas und seiner Bürger.
Das EIT soll im Rahmen von "Horizon 2020" ausgebaut werden. Zu den drei bestehenden dezentralen Forschungseinrichtungen (Knowledge and Innovation Communities, KIC) sollen bis 2020 fünf weitere dazu kommen, die ersten zu den Themen Gesundheit und Altern sowie zu Rohstoffen.
Verwaltungsvereinfachungen
Seitens der EU unterstreicht man die Verwaltungsvereinfachungen bei dem neuen Forschungsprogramm. So gibt es u.a. ein einheitliches Regelwerk für alle Fördermaßnahmen und eine einheitliche Förderrate für alle Teilnehmer. Mussten Antragsteller bisher noch bis zu einem Jahr auf ihren Fördervertrag warten, sollen es nun maximal acht Monate sein.
Österreich hat bisher massiv von den EU-Forschungsprogrammen der EU profitiert. Aus den Fördertöpfen des 7. Rahmenprogramms sind bisher 949,1 Mio. Euro an österreichische Forscher und Unternehmen gegangen, das sind rund 125 Prozent der von Österreich eingezahlten rückholbaren Mittel (Stand: November 2013, Anm.).
Dennoch hat Österreich "Horizon 2020" auf EU-Ebene nicht zugestimmt: Ex-Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) hat - wie von Österreich schon in den vorangegangenen EU-Forschungsprogrammen - gemeinsam mit einigen anderen Staaten einen juristischen Vorbehalt bezüglich der Forschung mit humanen embryonalen Stammzellen eingelegt und sich in der Abstimmung über das Gesamtprogramm der Stimme enthalten.
Erste Ausschreibungs-Tranche bringt 15 Mrd. bis 2015
Die erste Ausschreibungsrunde ist mit mehr als 15 Mrd. Euro dotiert. Diese Summe steht für die Jahre 2014 und 2015 zur Verfügung, wie die EU-Kommission in einer Aussendung erklärte. Im kommenden Jahr werden fast 7,8 Mrd. Euro in Forschungsprojekte fließen. Beim Großteil der Calls können bereits Vorschläge eingereicht werden.
Im Rahmen der ersten Tranche hat die Kommission ihre Förderschwerpunkte erstmals für einen Zweijahreszeitraum angegeben. Dadurch sollen die Forschungsszene und Unternehmen besser einschätzen können, in welche Richtung die EU-Forschungspolitik geht, so die Kommission. Das Budget für 2014 wird sich auf die drei Säulen, auf denen das Konzept ruht, jedoch nicht gleichmäßig verteilen.
3 Mrd. Euro für "Wissenschaftsexzellenz"
Im Bereich "Wissenschaftsexzellenz" werden etwa drei Mrd. Euro bereitstehen. Davon entfällt mit etwas weniger 1,7 Mrd. Euro der Großteil auf den Europäischen Forschungsrat (ERC), der vergangene Woche die ersten beiden von insgesamt vier Ausschreibungen gestartet hat. 800 Mio. Euro werden über die Marie-Sklodowska-Curie-Maßnahmen in die Forscherausbildung und -mobilität investiert. Auch hier haben die Calls bereits begonnen. Auf das Förderprogramm "Future and Emerging Technologies" entfallen 200 Mio. Euro und in die Europäische Forschungsinfrastruktur werden 277 Mio. Euro fließen.
Unter dem Sammelbegriff "Führende Rolle der Industrie" sind den Bereichen IKT, Nanotechnologien, fortgeschrittene Fertigung, Robotik, Biotechnologie und Raumfahrt 2014 rund 1,8 Mrd. Euro zugedacht. Mit insgesamt etwa 2,8 Mrd. Euro werden in die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit "Gesellschaftlichen Herausforderungen" investiert.
Neben den Mitteln, die in Ausschreibungen vergeben werden, erhalten die Gemeinsame Forschungsstelle, der kommissionsinterne Wissenschaftsdienst, das EIT sowie im Rahmen von Euratom durchgeführte Forschungsarbeiten Gelder. Alles in Allem wird das Forschungsbudget der EU 2014 9,3 Mrd. Euro betragen, 2015 sollen es dann 9,9 Mrd. sein.
"Wir haben 'Horizont 2020' mit Blick auf konkrete Ergebnisse konzipiert, und wir haben bürokratische Hürden abgebaut, damit eine Beteiligung einfacher wird", wird die EU-Forschungskommissarin Maire Geoghegan-Quinn zitiert. Das digitale Teilnehmerportal wurde in diesem Sinne neu gestaltet. Zur Entlastung der Teilnehmer wurden der Aufbau und Finanzierungsformen des Programms vereinfacht, einheitliche Regeln eingeführt und der Aufwand reduziert, der sich durch Finanzkontrollen und Rechnungsprüfungen ergibt, heißt es.