Im Forschungslabor Natur
Wandern, Wildtiere, unberührte Natur - diese oder ähnliche Begriffe sind vermutlich die ersten, die einem bei dem Wort „Nationalpark“ in den Sinn kommen. Die sechs heimischen Schutzgebiete haben aber noch viele weitere Facetten zu bieten. So zählen neben Umwelt- und Arterhaltung auch Forschung und Bildung zu den Aufgaben eines Nationalparks.
Doch welche Voraussetzungen muss ein Gebiet erfüllen, um die Bezeichnung Nationalpark zu erhalten? Laut Beschreibung der Weltnaturschutzunion IUCN (International Union for Conservation of Nature, siehe Factbox) soll die Verwaltung dieser Bereiche vorrangig „dem Schutz von Ökosystemen und der Erholung“ dienen. Unter den Auswahlkriterien für die zu schützende Landschaft führen die Richtlinien auch die besondere Bedeutung für Wissenschaft und Bildung an. Die Bestrebungen der heimischen Nationalparks auf diesen Gebieten sollen nun auch für die breite Öffentlichkeit etwas sichtbarer gemacht werden, um die verstärkt auf die Arbeit abseits der Besucherbetreuung und Schutzagenden aufmerksam zu machen.
Im Jahr 1981 wurde in Kärnten ein Gebiet unter Schutz gestellt, das später Teil des Nationalparks Hohe Tauern, des ersten seiner Art in Österreich, werden sollte. Im Laufe der folgenden Jahre kamen weitere Gebiete hinzu und inzwischen ist die Zahl der heimischen Nationalparks auf sechs Stück mit einer Gesamtfläche von 2.378 Quadratkilometern angewachsen (siehe Grafik). Um die Zusammenarbeit zwischen den Schutzgebieten trotz ihrer Unterschiedlichkeit zu vereinfachen, verfasste das Umweltministerium 2010 die „Österreichische Nationalpark-Strategie“, die die Grundlage für das Projekt "Nationalparks Austria Öffentlichkeitsarbeit 2012-2014“ bildet. Das Projekt verfolgt folgende Kernpunkte: eine Steigerung des Bekanntheitsgrades der Dachmarke, eine positive Einstellung gegenüber den Nationalparks und den Ausbau der Werkzeuge für die Öffentlichkeitsarbeit.
Unter einem Dach
„Wir versuchen ein bisschen der Schirm zu werden, der über allen Nationalparks steht. Jeder Nationalpark hat seine eigenen Besonderheiten, nicht nur in der Angebotsvielfalt, aber auch in der Erscheinungsweise und im Handling der eigenen Sachen und wir versuchen das ein bisschen zu vereinheitlichen“, erläutert Diana Gregor vom Umweltdachverband in ihrer Funktion als Leiterin des Projekts im Gespräch mit APA-Science. Die Maßnahmen, um dieses Ziel zu erreichen sind vielfältig und decken ein Spektrum ab, das von Forschung über Bildung bis zur Öffentlichkeitsarbeit reicht. So zählen beispielsweise die Vorstellung eines Nationalpark-Reiseführers, die Verleihung eines Wissenschaftspreises im Rahmen des „fünften internationalen Symposiums zur Forschung in Schutzgebieten“ und das Schulprojekt „mehr als h2o - Wasser in Kunst und Natur“ in Kooperation mit dem Belvedere und Generation Blue zu den Projekten. „Wir bemühen uns das Thema möglichst ganzheitlich abzudecken, so dass es nicht nur wissenschaftlich ist, sondern so, dass andere Bereiche auch vorkommen“, erläutert Gregor die Strategie. Ihr ist es wichtig, das Thema Umweltschutz behutsam neu zu vermitteln: „Wir wollen weg von dem verstaubten Ökoimage kommen, damit die Leute nicht sofort sagen, da ist die Birkenstockfraktion mit ihren Körnderlprodukten.“
Gerade für Schulen wird mit Titeln wie "Raus aus dem Klassenzimmer - rein in die Natur" oder "Klassenzimmer Nationalpark" ein vielfältiges Angebot an Aktionen geboten: Von Vorträgen in Schulen über von Rangern betreute Projekttage bis hin zur Vorführung von Naturfilmen. So bietet der Nationalpark Gesäuse zum Beispiel an, mit einer mobilen Präsentationseinheit den entsprechenden, im Schutzgebiet entstandenen, 3D-Naturfilm direkt an der jeweiligen Schule vorzuführen. Zum verfügbaren Repertoire zählt auch der Makro-Naturfilm "Papilio - das Geheimnis der grünen Zeitkapsel“. „Das ist eine Mischung aus Naturdoku, Terra-Mater, Universum und Biene Maja“, beschreibt der Projektleiter Andreas Hollinger den Film, der wissenschaftliche Erkenntnisse auf eine für Kinder ansprechende Art vermitteln und gleichzeitig die Besonderheiten des Nationalparks vor Augen führen soll.
Behutsame Forschung
Die Forschungsaktivitäten selbst sieht Gregor nicht als Störung oder Gefahr für die Nationalparks. „Es wird ja nicht so geforscht, dass man dann eine Spur hinterlässt, die nicht wieder gut zu machen ist. Da wird ganz behutsam und ganz bewusst geforscht und es sind Experten am Werk, die wissen, was sie tun.“ Um das zu gewährleisten, müssen sich Forschungsprojekte in Schutzgebieten an Richtlinien halten, die der Nationalpark vorgibt und die die speziellen Gegebenheiten der jeweiligen Region berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund spricht sich Gregor auch für einen Ausbau der Forschungsaktivitäten und einen öffentlichkeitswirksameren Auftritt aus. „Deswegen war es uns auch so wichtig, dass wir den Wissenschaftspreis im Zuge dieses Forschungssymposiums präsentieren können, weil der Nationalpark als Forschungsgrundlage oder als Forschungsfeld ja nichts ist, woran man unmittelbar denkt. Und das wollen wir natürlich ändern.“
„Für uns ist der Nationalpark Donau-Auen generell ein Forschungslabor, das in unterschiedlichsten Projekten untersucht wird, mit unterschiedlichen Kooperationen aus verschiedenen Blickwickeln heraus“, schildert Thomas Hein von der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU). Der Zustand der verblieben Au-Flächen ist für Hein nicht nur von einem Erhaltungsaspekt her spannend. Da eine Au einen besonders dynamischen Lebensraum darstellt, sind beispielsweise die Auswirkungen klimatischer Veränderungen von Interesse für die Wissenschafter. „Auen sind klassischerweise sehr stark störungsgetrieben und damit ein ideales Forschungslabor“, resümiert der Forscher. In punkto Forschungs- und Bildungskooperation hebt Hein FWF-Projekte und Sparkling-Science als wichtige Bausteine hervor. „Ich hielte es strategisch für klug, dass speziell in diesen Räumen Forschung betrieben wird, natürlich in Verträglichkeit mit der Gesamtsituation der Kernzonen, da wir hier weniger beziehungsweise sehr definierten Nutzungsdruck haben und uns langfristige Veränderungen und Veränderungen, die überregional auf ein System wirken, besser anschauen können.“
In diesem Zusammenhang findet von 10. bis 12. Juni Juni in Mittersill ein Forschungssymposium unter dem Motto "Dynamik und Naturschutz in Schutzgebieten - Herausforderungen für Wissenschaft und Management" im Nationalpark Hohe Tauern statt. Bei der Veranstaltung werden mehr als 150 Forscher aus 20 verschiedenen Nationen erwartet, die Beiträge zu den Themenbereichen Biodiversität und Artenschutz, Ökologie und Funktion von Fließgewässern, Auswirkungen des Klimawandels und zur Bedeutung von Langzeitforschung vorstellen sollen. „Das ist auch etwas, wofür die Nationalparks stehen: diese grenzenlose Biodiversität in den Vordergrund zu rücken und beispielsweise auch, dass ein Nationalpark das größte Forschungslabor unter freiem Himmel darstellt“, meint Gregor.
Von Thomas Altmutter / APA-Science
Service: Der Nationalparks Austria – Wissenschaftspreis 2013 wird am 11. Juni 2013 in Mittersill als Abschluss des fünften internationalen „Symposium for Research in Protected Areas" vergeben. Die insgesamt 49 Einreichungen kamen von der Fachhochschule Kärnten, der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, der Universität Innsbruck, der Alpen Adria Universität Klagenfurt, der pädagogischen Hochschule Oberösterreich, der Universität Salzburg, der technischen Universität München, der Universität für Bodenkultur, der Universität Zürich und der Universität Wien.
Das Kongressprogramm im Internet: www.hohetauern.at/en/research/programm-mo-10-06.html
Informationsbroschüre der heimischen Nationalparks: http://go.apa.at/zoNNqvoQ
Buchtipp: "Österreichs Nationalparks. Geheimnisse, Schätze, Paradiese", Stefanie Platzgummer, Falter Verlag, 256 Seiten, 22,90 Euro, http://go.apa.at/atUhXAhx.