Klimawandel könnte Landwirtschaft rascher und stärker treffen
Die Nahrungsmittelproduktion könnte schon nach dem Jahr 2030 durch den Klimawandel deutlich verändert sein, so eine Studie im Fachblatt "Nature Foods". Bis zum Jahr 2100 ist laut den Forschern dann mit vermutlich starken Einbußen bei der Maisernte zu rechnen, während die Weizenproduktion aufgrund steigender CO2-Konzentrationen und ergiebigerer Anbauflächen im Norden zunehmen könnte. Bei Soja und Reis sind die neuen Berechnungen pessimistischer als bei älteren Modellen.
Die Einschätzungen fallen vor allem für die weltweit wichtigste Nutzpflanze - den Mais - niedriger aus als in früheren Berechnungen. Für den Zeitraum 2069 bis 2099 rechnen die Forscher bei einem eher optimistischen Szenario zur Erderwärmung (SSP126), das einen Temperaturanstieg zwischen 1,3 und 2,4 Grad Celsius bis zum Ende des Jahrhunderts annimmt, mit einem Ernteminus von sechs Prozent gegenüber dem Zeitraum 1983 bis 2013. In früheren Berechnungen kamen Wissenschafter noch auf ein Plus von um die fünf Prozent.
Pessimistisches Szenario: Bis zu 5,7 Grad Temperaturanstieg
Im deutlich pessimistischeren Szenario (SSP585), mit einem Temperaturanstieg von 3,3 bis 5,7 Grad Celsius, ist laut der Untersuchung unter der Leitung von Jonas Jägermayr vom NASA Goddard Institute for Space Studies in New York mit einem Minus von 24 Prozent zu rechnen. In früheren Prognosen kam man hier noch auf ein winziges Plus beim Mais. "Ein 20-prozentiger Abfall gegenüber der aktuellen Produktionsmenge könnte große Auswirkungen weltweit haben", so Jägermayr in einer Aussendung.
Diese Entwicklung fällt nicht nur deutlicher als in bisherigen Berechnungen aus, sie kommt auch früher. Spürbar wird sie demnach schon relativ bald nach dem Jahr 2030. Das lasse den Schluss zu, dass noch weniger Zeit als eigentlich gedacht bleibt, um Anbausysteme an den Klimawandel anzupassen, so Christian Folberth, Ko-Autor der Studie vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien (NÖ).
Weizen gedeiht
Anders präsentiert sich die Situation beim Weizen, wo sich die neuen Prognosen optimistischer präsentieren: Hatten frühere Berechnungen noch ein Plus von rund zehn Prozent im SSP585-Szenario ergeben, steige dieser Wert auf 18 Prozent. In der günstigeren Temperaturannahme steigt die Prognose von plus fünf auf plus neun Prozent, schreibt das Team. Beim Weizen gehen die Produktionsmengen in etwa bis Mitte des Jahrhunderts hinauf, könnten dann aber auch wieder zurückgehen.
Deutlich nach unten revidieren die neuen Berechnungen die Prognosen für Sojabohnen und Reis unter der pessimistischen Klimaannahme. Bei Soja sank der Wert von einem Plus von rund 15 auf ein Minus von zwei Prozent. Von dem angenommenen Zuwachs bei Reis von ungefähr 23 Prozent bleibt nur ein dünnes Plus von zwei Prozent.
Bei all den Angaben gebe es jedoch auch große Schwankungsbreiten, heißt es in der Arbeit. Klarer geworden seien aber vor allem die Abschätzungen zu den Entwicklungen bei Mais und Weizen. Die Maisernte werde demnach am Ende des Jahrhunderts in fast allen Regionen der Erde weniger ergiebig. Beim Weizenanbau könnten vor allem in der nördlichen Hemisphäre Erträge vielerorts steigen.
Auch wenn derart langfristige Ernteprognosen weiter mit großen Unsicherheiten behaftet sind, "weisen die Resultate darauf hin, dass in wichtigen Kornkammern schon früher als angenommen deutliche menschgemachte Veränderungen spürbar werden", heißt es in der Arbeit. Angesichts dessen, wie vernetzt die heutige Welt und ihre Lieferketten ist, können Auswirkungen in einer Region mitunter weit ausstrahlen, betonte Jägermayr.
Service: https://dx.doi.org/10.1038/s43016-021-00400-y