Jod trägt wesentlich zur Zerstörung des arktischen Ozons bei
Im Frühjahr kommt es alljährlich in der Arktis zu einem drastischen Abbau von bodennahem Ozon, dessen Konzentration dabei auf nahezu Null sinkt. Bisher machte man dafür neben dem Sonnenlicht vor allem Brom verantwortlich. Ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung zeigt nun im Fachjournal "Nature Geosciences", dass auch Jod wesentlich zur Zerstörung des arktischen Ozons beiträgt. Es stützte sich dabei auf Messungen auf dem deutschen Forschungsschiff "Polarstern".
Dass Ozon in der Stratosphäre (in 15 bis 50 Kilometer Höhe) speziell über der Antarktis abgebaut wird, ist schon lange bekannt. Verantwortlich dafür sind vor allem anthropogene Emissionen von Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW), die nach der Entdeckung des Ozonlochs 1985 schrittweise verboten wurden.
Ähnliche - allerdings kurzlebigere - Ozonabbauereignisse werden auch in der Troposphäre, also nahe der Erdoberfläche beobachtet. Dieser regelmäßige, nahezu vollständige Ozonabbau im März, April und Mai fällt mit der sogenannten "Brom-Explosion" zusammen, stark steigenden Werten von Bromoxid in der Atmosphäre. In den übrigen Monaten mit Tageslicht sinken die Bromwerte wieder unter die Nachweisgrenze.
Brom und Jod im Meerwasser
Sowohl Brom als auch Jod sind im Meerwasser reichlich vorhanden. "Allerdings ist nach wie vor sehr umstritten wie diese in die Atmosphäre gelangen", erklärte der an der Studie beteiligte Meteorologe Andreas Stohl von der Universität Wien gegenüber der APA. Bei Brom scheine es einen Zusammenhang mit dem Meereis zu geben, wobei vermutlich vor allem Schmelzwasser auf dem Eis, wo die Konzentration von Salzen erhöht ist, eine Rolle spielt. Woher das Jod komme, sei noch unklar - letztlich aus dem Meer, aber ob es vor allem aus dem offenen Meer stamme, oder etwa auch aus Schmelzwasser, sei noch nicht so klar.
Im Zuge der MOSAiC-Expedition mit der "Polarstern" wurden von März bis Oktober 2020 Messungen in der Atmosphäre durchgeführt, um den Anteil eines anderen Elements aus der Gruppe der Halogene - nämlich Jod - an den Ozonabbauprozessen zu untersuchen. Das Schiff war 2019 von Norwegen aus ausgelaufen und hat sich ein Jahr lang - eingeschlossen im Eis - durch den Arktischen Ozean treiben lassen.
Jod und Chrom reagieren chemisch
Die Forscher um Alfonso Saiz-Lopez vom Instituto de Química Física Rocasolano in Madrid und Anoop Mahaja vom Indian Institute of Tropical Meteorology zeigen in der nun veröffentlichten Arbeit, dass Jod den Abbau von Ozon in der Troposphäre verstärkt. Demnach liefert die chemische Reaktion zwischen Jod und Ozon - nach der durch Licht verursachten Spaltung der Ozonmoleküle - den zweithöchsten Beitrag zum oberflächennahen Ozonverlust, noch vor dem Anteil von Brom. Die an der Studie beteiligten Wiener Forscher um Stohl haben die Herkunft der beobachteten Luftmassen untersucht und u.a. analysiert wie viel Kontakt diese mit Meereis hatten.
Die Wissenschafter gehen davon aus, dass die Jodbelastung in der Atmosphäre künftig weiter steigen wird. Grund dafür sind erhöhte anthropogene Jodemissionen sowie die in naher Zukunft erwartete weitere Abnahme des arktischen Meereises. Damit könnte die Jodchemie in Zukunft eine immer wichtigere Rolle spielen und sollte für eine genaue Quantifizierung des Ozonhaushalts in der Arktis berücksichtigt werden, betonen die Forscher.
Service: https://doi.org/10.1038/s41561-022-01018-w