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Mehr zum Thema / Anna Riedler / Freitag 29.10.21

Fishy Business – nichts ist so, wie es scheint

Kunst und Essen, kann es eine schönere Kombination geben? Ende Oktober wurde in der Galerie Improper Walls beidem eine Bühne gegeben. Umgeben von interessanten Kunstwerken präsentierte hier das Start-Up Revo Foods Lachs-Sushi aus dem 3D-Drucker. APA-Science war dabei.
Foto: APA/Riedler

Es beginnt mit einem orangenen Faden, der auf eine Platte gedruckt wird – oder beginnt es eigentlich viel früher, bei Diskussionen um leergefischte Meere und Fischen in Antibiotika-verseuchten Aquakulturen? Diese gaben den Ausschlag für die drei Jungforscher Robin Simsa, Manuel Lachmayr und Theresa Rothenbücher, die sich im Rahmen ihrer Doktoratsstudien kennenlernten, sich auf die Herstellung von veganem Fisch aus dem 3D-Drucker zu spezialisieren und revo foods gründen.

Die Ergebnisse ihrer Arbeit, die ab dem 3. November bei Billaplus in den Regalen stehen werden, demonstrierten sie Ende Oktober in der Galerie Improper Walls in Wien, wo sie gemeinsam mit Designer Jakob Glassner Kunst und Fisch kombinierten.

Grüner Lachs und unbegrenzte Möglichkeiten

Bilder an der einen Wand, ein psychedelischer Film an der anderen, dazu läuft elektronische Musik, wie man sie im namentlich passenden Club „Die grelle Forelle“ erwarten würde. Und in der Mitte der 3D-Drucker, das Herzstück der Ausstellung, wo fleißig Lachsfilets produziert und dekorativ auf Sushi-Reis drapiert werden. Es gibt den Fake-Lachs in klassischem Orange, kaum von echtem Seelachs zu unterscheiden, aber auch in Grün, als Zeichen, dass der Konsum von Fisch ökologisch nachhaltig sein kann.

Der orangene Faden macht den Anfang. Nach und nach und unter Beifügung von ein paar weißen Fäden entsteht so ein kleines Lachsfilet. Dass es nicht aus dem Meer, sondern dem 3D-Drucker kommt, ist nicht das einzige, was es von anderen unterscheidet, denn es ist vegan – und kann außerdem jede beliebige Form annehmen: „Wir haben uns an Einsteins Gesicht versucht, das Bild, wo er die Zunge so herausstreckt“, erklärt Geschäftsführer Simsa bei der Demonstration, „das hat noch nicht so gut funktioniert“, aber wie wäre es mit Fisch in Form eines ökologischen Fingerabdrucks oder einer Statistik, die die zunehmende Überfischung der Meere zeigt? „Die Möglichkeiten sind im Grunde unbegrenzt“, weiß Simsa.

In Kooperation mit dem Designer Jakob Glassner sind aber noch weitere Formen entstanden, die auf Tabletts zur Begutachtung einladen und an der dritten Wand mit Postern erklärt werden. Besucher der Galerie können im Laufe des Abends ihre Stimme für die Form abgeben, die für sie am ansprechendsten ist:

Lachs einmal anders

In der Galerie Improper Walls ...

... werden Kunst und Fisch kombiniert.

Im Mittelpunkt steht der 3D-Drucker.

Poster mit alternativen Darstellungsformen für Sushi zieren die Wand ...

... und laden die Besucher ein, abzustimmen:

Gefällt der ökologische Fingerabdruck besser ...

... oder doch eher die Statistik?

Der "Lachs" kann Algenform annehmen, um zu zeigen, was in ihm steckt ...

oder sogar Nachrichten übermitteln, wie hier etwa: „Plant Love“

Der 3D-Drucker, der leise surrend den ganzen Abend über im Einsatz ist, produziert Filet um Filet, alle fünf Minuten ein Stück. Klingt langsam? Ist es auch – aber das Gerät wird normalerweise nur zu Demonstrations- oder Forschungszwecken verwendet, Drucker für die Massenproduktion brauchen weniger als eine Minute für ein Stück.

Bei der Geschwindigkeit lässt sich das Publikum jedoch nicht verköstigen. Um es dennoch bei Laune zu halten, werden mit „Räucherlachs“ belegte Brötchen gereicht. „Wir haben verschiedenen Lachse durchprobiert, bis wir einen gefunden haben, der uns am besten geschmeckt hat – und dem haben wir uns dann geschmacklich so gut es geht angenähert“, erklärt Simsa. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Nicht nur optisch, sondern auch geschmacklich ist die orangene Masse auf dem Baguette kaum vom Original zu unterscheiden.

Sie besteht aus Erbsen-Protein, Algenextrakten und pflanzlichen Ölen, und hat einen um 75 Prozent verringerten ökologischen Fußabdruck im Vergleich zu regulärem Räucherlachs – und das bei sehr ähnlichen Nährwerten. Wenn man bedenke, dass ein großer Teil des Lachses aus Aquakulturen stammt und dort mit Antibiotika gefüttert wird, sei der vegane Lachsersatz sogar gesünder.

Das junge Unternehmen, ursprünglich unter dem Namen Legendary Vish gestartet, wurde unter anderem vom Klima- und Energiefonds im Rahmen des Inkubators greenfonds gefördert. Bei der Fernseh-Show 2 Minuten 2 Millionen (wo auch das Unternehmen Rebel Meat, das auf nachhaltige Burger-Laibchen aus 50 Prozent weniger Fleisch setzt) gewannen die Forscher außerdem ein Startup-Ticket, mit dem die rewe-Gruppe Innovationen im Lebensmittelbereich in die eigenen Regale holt.

Darf’s noch ein bisschen mehr sein?

Gerade, als der Gedanke an ein Dessert aufkommt, hält ein fahrbares Eisgeschäft vor der Galerie. Normalerweise werden hier, wie ein Schild zeigt, Eislutscher in Sorten wie Erdbeer-Banane, Mango-Ananas oder Zitrone-Minze verkauft, heute steht Lachseis mit Dill auf der Speisekarte. Er habe es selbst noch nicht probiert, so Simsa zu dem Spaßprojekt, stelle es sich aber unglaublich widerlich vor. Das voreilige Urteil nimmt er dann aber schnell zurück; Das Eis, das auf der Rohmasse (abzüglich des Räucheraromas und unter Zugabe von Dill) basiert, schmeckt wider Erwarten nämlich ziemlich gut.

Keine fünf Minuten später ist das Eis zu Ende, der Abend aber noch lange nicht. Der Drucker läuft, die Gäste bewundern noch weiter die Kunst an den Wänden und entdecken in fast jedem Bild einen Fisch. Die Kaffeebecher, die sie dabei in den Händen halten, enthalten Rotbier – hier ist scheinbar wirklich nichts so, wie es scheint.

Für die Hungrigen ...

... reicht Robin Simsa zuerst Brötchen ...

... mit "falschem" Räucherlachs.

Wer Durst hat, trinkt als Kaffee getarntes Bier.

Und auch die Naschkatzen gehen nicht hungrig nach Hause.

Wo normalerweise Eislutscher in Sorten wie Erdbeer-Bananen oder ...

... Zitrone-Minze verkauft werden ...

... steht ausnahmsweise Lachseis mit Dill auf der Speisekarte.

Das Ergebnis überrascht sogar Simsa - denn es schmeckt!

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