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Kooperation / EU-Magazin Horizon / 12.05.2025, 13:29

Europas Preise für Geschlechtergleichstellung in der Forschung lassen weitere Fortschritte erwarten

Vier Forschungseinrichtungen wurden als EU-Geschlechtergleichstellungs-Champions für die Schaffung integrativerer und geschlechtergerechterer Forschungsumgebungen ausgezeichnet. Mit Maßnahmen wie der Förderung der Elternunterstützung und Mentoring oder dem Abbau systemischer Hindernisse ebnen sie den Weg für noch mehr Gleichstellung in der Zukunft.

APA/European Commission
Ekaterina Zaharieva und Marc Tachelet mit den Vertretern der Organisationen, die sich für die Gleichstellung der Geschlechter im Jahr 2024 einsetzen

Junge Eltern dabei zu unterstützen, mit ihrem Partner und ihrem Baby an Forschungsveranstaltungen teilzunehmen, Mutterschaftsleistungen zu gewähren oder das Recht auf Urlaub bei häuslicher Gewalt einzuführen. Dies sind einige der Maßnahmen, die europäische Forschungseinrichtungen umgesetzt haben, um die Gleichstellung der Geschlechter in diesem Bereich zu fördern.

Die EU hat in diesem Jahr vier Geschlechtergleichstellungs-Champions ernannt und damit Institutionen ausgezeichnet, die bei der Schaffung integrativerer, fairerer und geschlechtergerechterer Forschungsumgebungen mit gutem Beispiel vorangehen. Die Beseitigung der anhaltenden Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern in der Forschung ist wichtig, da Frauen laut dem Bericht „She Figures“ aus dem Jahr 2024 nur ein Drittel der Forscher in der EU ausmachen.

Dies sei auch für die Gesamtqualität der europäischen Wissenschaft und Forschung von entscheidender Bedeutung, erklärte Dr. Claudia Alén Amaro, Leiterin der operativen Geschäfte bei Instruct-ERIC, einem gesamteuropäischen Forschungsnetzwerk im Bereich Biologie und Trägerin eines der beiden „Newcomer“-Auszeichnungen. „Je mehr Vielfalt vorhanden ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass wir innovative Lösungen finden. Man braucht Vielfalt, um vielfältige Ideen zu erhalten“, sagte sie.

Mit Baby auf Reisen

Die Auszeichnungen werden in drei Kategorien – für Newcomer, nachhaltige und integrative Champions – zusammen mit einem Preisgeld von 100.000 Euro vergeben. Instruct-ERIC wurde für sein „außergewöhnlich hohes Maß an Reflexivität und das beeindruckende Engagement seiner Mitarbeiter“ ausgezeichnet, „die durchdachte und wirkungsvolle Maßnahmen zur Bewältigung kritischer Probleme, darunter sexuelle Belästigung, und zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter vorantreiben“.

Ein besonderer Schwerpunkt des Gender Equality Plans (GEP) von Instruct-ERIC – eine Anforderung für alle Forschungseinrichtungen, die seit 2022 EU-Fördermittel beantragen – lag auf den Herausforderungen, denen junge Eltern gegenüberstehen. Als eine gute Möglichkeit zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Forscherinnen wurde die Unterstützung junger Eltern bei der Anreise zu Veranstaltungen identifiziert. Laut europäischen Statistiken übernehmen sie nach wie vor mehr Kinderbetreuungsaufgaben als Männer.

Das Team von Instruct-ERIC hofft, dass bis 2026 einige Delegierte ihrer alle zwei Jahre stattfindenden Biologiekonferenz nicht nur ihre Babys, sondern auch einen Partner oder Babysitter mitbringen können, deren Reisekosten durch einen Kinderbetreuungszuschuss des Forschungsnetzwerks übernommen werden.

Nachhaltiges Handeln

Der spanische Nationale Forschungsrat (CSIC) wurde für die langjährige Umsetzung seines umfassenden Gleichstellungsplans, der seit über 12 Jahren besteht, mit dem diesjährigen „Nachhaltigkeitspreis“ ausgezeichnet. Laut der Jury „haben seine Bemühungen die Förderung der Geschlechtergleichstellung sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene erheblich beeinflusst“. Dank seines nachhaltigen Engagements hat der CSIC ein ausgewogenes Verhältnis von 49,3 % Männern und 50,7 % Frauen erreicht, wobei Frauen 41 % der festangestellten Mitarbeiter stellen.

Es gibt jedoch immer noch Ungleichheiten, die laut Beatriz Esteban, Leiterin der Delegiertenkommission für Gleichstellung beim CSIC, angegangen werden müssen. Rund 55 % der Frauen sind nach wie vor mit befristeten Verträgen beschäftigt. Nur 37,6 % der Forscher in festen Anstellungen und 26,9 % der Forschungsprofessoren sind Frauen. Dies spiegelt die geringere Sicherheit für weibliche Beschäftigte wider. Die Umsetzung des GEP war eine Herausforderung für eine Organisation mit 16 000 Mitarbeitern, die über verschiedene Standorte im ganzen Land verteilt sind.

„Die Arbeit mitten in Madrid ist nicht dasselbe wie die Arbeit in einem Forschungszentrum an der Küste oder auf einem Schiff“, sagte Dr. Carmen Mayoral, Chemikerin und Vizepräsidentin der Kommission für Frauen und Wissenschaft beim CSIC. Um die angesprochenen Probleme anzugehen, hat der CSIC ein Netzwerk von Komitees eingerichtet, das einen Bottom-up-Ansatz fördert. Derzeit sind mehr als 100 Komitees aktiv, im Vergleich zu etwa 30 vor einem Jahr. Ihre Absicht ist es, einen Teil des Preisgeldes für weitere Schulungsmaßnahmen und ihren eigenen internen Gleichstellungspreis zu verwenden.

Datengestützte Strategien

Die Universität Gdansk in Polen erhielt zusammen mit Instruct-ERIC den „Newcomer“-Preis für ihr wirkungsvolles GEP. Dies ist vor allem Dr. Ewa Łojkowska zu verdanken, Professorin für Pflanzenbiotechnologie an der Interkollegialen Fakultät für Biotechnologie der Universität Gdansk und der Medizinischen Universität Gdansk. Gemeinsam mit einer Gruppe von Wissenschaftlerinnen machte sie sich 2021 daran, die Demografie der Universität zu kartieren und so einen ersten Einblick in die Situation hinsichtlich der Geschlechterparität zu gewinnen.

„Dies bereitete den Boden für die weiteren Entwicklungen. „Kein Daten – keine Politik, wie wir sagen. Als wir die Daten hatten, war eine der ersten Erkenntnisse, dass es an unserer Universität sehr wenige Rektorinnen und Vize-Rektorinnen gab“, sagte Łojkowska. Ein Teil dieser Ungleichheit lässt sich durch soziale Traditionen und die Wahrnehmung der hohen Arbeitsbelastung dieser Position sowie durch lange Mutterschaftsurlaube in Polen erklären. Dieses Ungleichgewicht ist jedoch nicht auf Polen beschränkt. Der Bericht „She Figures“ zeigt, dass selbst auf europäischer Ebene nur 24 % der Spitzenpositionen in der Wissenschaft mit Frauen besetzt sind.

In Polen ändern sich die Dinge jedoch rasch, und an der Universität Gdansk gibt es inzwischen drei Vize-Rektorinnen, im Vergleich zu nur einer im Jahr 2019. Darüber hinaus haben die Fortschritte in Danzig andere lokale Universitäten dazu veranlasst, das Geschlechterverhältnis in ihren Führungsgremien zu verbessern.

Gut für alle

Łojkowska und ihre Kolleginnen und Kollegen sind darauf bedacht, dass ihre Bemühungen um Geschlechtergleichstellung allen zugutekommen. Zu diesem Zweck hat die Universität Gdansk Maßnahmen ergriffen, um die Geschlechtergleichstellung auf allen Ebenen zu verbessern. Dazu gehören unter anderem Karriere-Mentoring-Programme für Frauen, Home Office, die Bereitstellung von Informationen zu Elternrechten und die Schaffung von Familienräumen sowie Freizeitbereichen wie Spielplätzen und Fitnessstudios auf dem UG-Campus.

Indem sie Männer dazu ermutigt, ihren Anspruch auf Elternzeit wahrzunehmen, trägt die Universität Danzig auch dazu bei, die Einstellung zur gemeinsamen Verantwortung der Eltern zu verändern. Im Jahr 2022 nahmen zwei Männer zusammen mit 68 Frauen ihre Elternzeit. Im Jahr 2024 nahmen sechs Männer die Elternzeit in Anspruch. Laut Łojkowska ist das Ziel, so inklusiv wie möglich zu sein. Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Frauen sollte nicht bedeuten, dass Männer ausgeschlossen werden.

„Wir denken auch über Inklusion für Menschen mit Behinderungen oder Transgender-Personen nach. Wir sind einfach offen“, sagte sie. „Wir möchten zeigen, dass dieser Gleichstellungsplan nicht nur für Frauen, sondern für alle gut ist.“

Eine inklusive Zukunft

Das Royal College of Surgeons of Ireland (RCSI) erhielt den „Inklusiven“ Preis für seinen GEP. Die Jury begründete ihre Entscheidung damit, dass das College „ein tiefes Verständnis dafür gezeigt hat, wie verschiedene Formen der Diskriminierung sich überschneiden und gegenseitig verstärken können, indem es explizit die Schnittstellen zwischen Geschlechtsidentität, sexueller Orientierung, ethnischer Zugehörigkeit und Behinderung thematisiert hat“.

Für Liz Hughes, Leiterin der Abteilung für Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion am RCSI, sendet der Preis eine wichtige Botschaft: Um Gleichstellung der Geschlechter zu erreichen, ist es entscheidend, systemische Ungleichheiten zu bekämpfen – also die inhärenten Hindernisse, die es für Frauen schwieriger machen, Führungspositionen zu erreichen und zu halten. Das RCSI hat nun ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis auf der Ebene der außerordentlichen Professoren erreicht, und ein Drittel der ordentlichen Professoren sind Frauen. Dieser Fortschritt wurde dank umfassender Maßnahmen erzielt, die institutionelle Strukturen angegangen sind, die geschlechtsspezifische Ungleichheiten aufrechterhalten.

Zu den großen Veränderungen gehörte beispielsweise, dass Akademikerinnen, die aus dem Mutterschaftsurlaub zurückkehrten, für sechs Monate von Lehrtätigkeiten freigestellt wurden. So konnten sie sich ganz auf ihre Forschung konzentrieren. Das RCSI richtete auch Mentoring-Programme für Frauen ein und nahm sich dem häufigen Thema des Imposter-Syndroms an, bei dem gute Kandidaten, oft Frauen oder Minderheiten, sich nicht bewerben, es sei denn, sie erfüllen alle Anforderungen zu 100 %. Das RCSI unternimmt Schritte, um Bewerberinnen und Bewerber zu ermutigen, sich nicht von einer „Vertrauenslücke“ abhalten zu lassen.

Die Universität hat auch bezahlten Urlaub eingeführt, um diejenigen zu unterstützen, die unter Wechseljahresbeschwerden oder häuslicher Gewalt/Missbrauch leiden. Neben der finanziellen Unterstützung sensibilisiert der Preis für Geschlechtergleichstellung die Öffentlichkeit und trägt zum Aufbau einer Gemeinschaft bei, die sich für institutionelle Veränderungen im Bereich der Gleichstellung einsetzt. „Der Preis für Geschlechtergleichstellung ist nicht nur eine schöne Auszeichnung für die Vitrine – er ist mehr als das“, sagte Mayoral. „Er würdigt und bestätigt die Bemühungen von Organisationen, ermutigt uns, weiterzumachen, und inspiriert andere Akteure, indem er Maßstäbe für bewährte Praktiken setzt.“ Die nächste Ausschreibung für die Preise der Geschlechtergleichstellungs-Champions beginnt im Mai. Alle relevanten Informationen finden Sie hier.

Von Helen Massy-Beresford

Die Ansichten der Befragten spiegeln nicht unbedingt die der Europäischen Kommission wider.

Weitere Informationen:

· EU-Auszeichnung für Geschlechtergleichstellungs-Champions

· EU-Monat der Vielfalt

· EU-Geschlechtergleichstellungs-Champions 2025 in Forschung und Innovation

· Gleichstellung der Geschlechter in Forschung und Innovation

APA-Science Content-Kooperation mit Horizon

Dieser Artikel wurde ursprünglich in Horizon, dem EU-Magazin für Forschung und Innovation, veröffentlicht.