Grazer Forschungsteam beobachtet Echtzeitbildung von Metallclustern
Metallcluster, also eine Ansammlung von Metallatomen, die durch chemische Bindungen miteinander verbunden sind, bieten eine Reihe von speziellen Eigenschaften. Das macht sie interessant für die Materialwissenschaft. Ein Forschungsteam der Technischen Universität Graz hat nun erstmals mithilfe der Femtosekunden-Spektroskopie in Echtzeit verfolgen können, wie sich mehrere Atome zu einem Cluster verbinden, teilte die TU Graz am Dienstag mit.
Die Bildung von Metallclustern - beispielsweise von Magnesiumclustern - zu beobachten ist alles andere als einfach: "Normalerweise gehen Magnesiumatome augenblicklich Bindungen miteinander ein, wodurch ein stabiler Ausgangspunkt für die genaue Beobachtung der Prozesse fehlt", erklärte Markus Koch vom Institut für Experimentalphysik der TU Graz. Dieses häufig bei der Echtzeitbeobachtung chemischer Prozesse bestehende Problem haben die Forschenden durch Experimente mit suprafluiden Heliumtröpfchen und der Femtosekunden-Spektroskopie gelöst. Die Ergebnisse dieser Experimente haben sie kürzlich in der Fachzeitschrift Communications Chemistry veröffentlicht.
Experimente mit Magnesiumatomen
Die Forschenden haben in einem ersten Schritt Magnesiumatome mithilfe von suprafluidem Helium isoliert und sie anschließend mithilfe eines Laserpulses dazu angeregt, sich aneinander zu binden. Diese Clusterbildung und den dabei stattfindenden Energietransfer zwischen einzelnen Atomen haben die Forschenden mit einer zeitlichen Auflösung im Femtosekundenbereich (1 Femtosekunde = 1 Billiardstel Sekunde) beobachtet. Ihre Ergebnisse haben sie kürzlich in der Fachzeitschrift Communications Chemistry veröffentlicht.
Arbeit bei tiefsten Temperaturen
Laut Koch wirken die Heliumtröpfchen wie ultrakalte "Nanokühlschränke", die die einzelnen Magnesiumatome bei extrem tiefen Temperaturen von minus 272,75 Grad Celsius bzw. 0,4 Grad Celsius über dem absoluten Nullpunkt in einem Abstand von einem Millionstel Millimeter voneinander isolieren. "Dieser Zustand erlaubte es uns, die Clusterbildung durch einen Laserpuls gezielt zu starten und in Echtzeit genau zu verfolgen", erläuterte Michael Stadlhofer. Er hat die Experimente im Rahmen seiner Doktorarbeit durchgeführt. Die ermöglichten Einblicke in den Energie- und Ladungstransfer bei der Entstehung der Bindungen.
Das Team beobachtete die durch den Laserpuls ausgelösten Vorgänge mithilfe der Photoelektronen- und Photoionenspektroskopie: Während sich die Magnesiumatome zu einem Cluster verbanden, wurden sie mit einem zweiten Laserpuls ionisiert: Anhand der dabei gebildeten Ionen und herausgelösten Elektronen konnten Markus Koch und seine Kollegen die Prozesse detailliert rekonstruieren.
"Energy-Pooling" in Echtzeit
Dabei machten sie eine interessante Entdeckung - das sogenannte "Energy Pooling": Während sich die Magnesiumatome aneinander binden, geben mehrere Atome die vom ersten Laserpuls erhaltene Anregungsenergie an ein einzelnes Atom im Cluster weiter, wodurch dieses einen wesentlich höheren Energiezustand erreicht. Dieses "Energie-Bündeln" haben die Forschenden erstmals zeitaufgelöst nachgewiesen.
"Wir hoffen, dass diese atomare Separierung in den Heliumtröpfchen auch für eine größere Klasse von Elementen funktioniert und so zu einer allgemein anwendbaren Methode in der Grundlagenforschung wird", blickte Koch in die Zukunft. Zudem könnten die Erkenntnisse über das Energy Pooling laut Koch für hochenergetische Prozesse in verschiedenen Anwendungsbereichen - etwa in der Photomedizin oder bei der Nutzbarmachung von Sonnenenergie - relevant sein.
Service: M. Stadlhofer, B. Thaler, P.l Heim, J. Tiggesbäumker, M. Koch: "Real-time tracking of energy flow in cluster formation", Communications Chemistry, 2025, https://doi.org/10.1038/s42004-025-01563-6