Zeitgerechtes "Stopfen" am Bahndamm spart Kosten bei Gleisen
Die TU Graz hat ein verbessertes Instandhaltungsmanagement für Gleisanlagen entwickelt. Gleise brauchen das "Stopfen", ein Positionieren, Verdichten und Stabilisieren des Schotters im Gleisbett. Dies zählt zu den wichtigsten Instandhaltungsarbeiten im Eisenbahnwesen. Spezielle Stopfmaschinen heben die Schienen an, richten sie exakt ein und unterstopfen die Schwellen mit Schotter. Den richtigen Zeitpunkt zu berechnen kann bis zu 20 Prozent der Lebenszykluskosten senken helfen.
Wartung statt warten: Stopfarbeiten müssen spätestens dann durchgeführt werden, wenn der Zustand der Gleise sicherheitskritische Grenzwerte erreicht - was in Österreich jedoch nur selten passiert, weil die ÖBB ihr Schienennetz auf einem sehr guten Qualitätsniveau erhält. Um ein Problem der Wartung weiß Johannes Neuhold vom Institut für Eisenbahnwesen und Verkehrswirtschaft der TU Graz: "Auch wenn datenbasierte Entscheidungen das Bauchgefühl immer öfters ablösen: In Österreich orientieren sich Stopfplanungen nach wie vor häufig an der Verfügbarkeit von Stopfmaschinen."
Fokus auf lange Nutzungsdauer
Neuhold hat sich mit Unterstützung durch Dissertations-Betreuer Stefan Marschnig in seiner Doktorarbeit damit beschäftigt, den idealen Zeitpunkt für Stopfeinsätze herauszufinden und die Planung auf eine objektivere Basis zu bringen. "Damit sie nur an solchen Gleisen durchgeführt werden, wo sie zwar notwendig sind, aber auch wirtschaftlich sinnvoll sind", sagte Neuhold. Der Fokus lag auf einer langen Nutzungsdauer bei gleichzeitig möglichst wenigen und somit günstigeren Instandhaltungsmaßnahmen. "Während bei guten Gleisen beispielsweise ein frühes Eingreifen die Qualität lange erhält, kann es bei schlechten Gleisen sinnvoller sein, auf Stopfmaßnahmen zu verzichten und das niedrigere Qualitätsniveau in Kauf zu nehmen. Eine Lageverbesserung benötigt viel Instandhaltungsgeld. Die Qualität kann aber nicht nachhaltig verbessert werden, weil sich ein Gleis immer wieder nur seinem Ausgangsniveau annähert. Der Mitteleinsatz wäre also unverhältnismäßig hoch."
Kern der Arbeit ist ein Algorithmus, der auf Basis verschiedener Parameter wie dem Alter und Zustand der Gleise, den verwendeten Komponenten sowie der kumulierten Belastung errechnet, wann und wie oft Stopfmaßnahmen sinnvoll sind. Gerade die Belastung sei ein wesentliches Kriterium, erklärte Marschnig: "Auf Strecken mit starker Beanspruchung der Gleise durch schweren Güterverkehr kommt es schneller zur Abnutzung als auf etwa S-Bahn-Strecken." Die Messdaten für die Berechnungen wurden von den ÖBB zur Verfügung gestellt, die langjährige Partnerin des Instituts sind.
Zur Berechnung der Lebenszykluskosten haben die Forschenden Vergleichswerte generiert und die Annahme getroffen, dass ein Gleisabschnitt im Laufe seines Lebenszyklus zehnmal "gestopft" werden kann. Die Ergebnisse zeigten, dass durch Strecken der Stopfzyklen - wenn die Maßnahmen also nicht wie bisher kontinuierlich durchgeführt, sondern gezielt geplant werden - eine längere Lebensdauer der Gleise erzielt wird. "Durch die längere Nutzungsdauer und der damit verbundenen Abschreibung der Anlagenwerte ergibt sich eine Senkung der Lebenszykluskosten von bis zu zwanzig Prozent", argumentierten Marschnig und Neuhold. Man hoffe nun, dass Eisenbahn-Infrastrukturunternehmen die Methode anwenden und mehr Struktur in die Instandhaltungsarbeiten der Gleisanlagen bringen.