Frühe Erde wurde von deutlich mehr Asteroiden bombardiert
Die frühe Erde wurde vor rund 3,5 bis 2,5 Milliarden Jahren von deutlich mehr Asteroiden bombardiert als bisher angenommen. Die Zahl der Einschläge in dieser Zeit sei bis zu zehn Mal höher gewesen als bisher angenommen, berichtet ein internationales Wissenschafterteam, dem auch Forscher der Universität Wien angehörten, im Fachjournal "Nature Geoscience". Diese höhere Zahl an Impakten könnte die Anreicherung von Sauerstoff in der Atmosphäre verzögert haben.
Häufige heftige Einschläge von teils großen Asteroiden und Kometen prägten die geologische und atmosphärische Entwicklung der frühen Erde. Über Stärke und Dauer dieses Bombardements gibt es schon lange Diskussionen in der Wissenschaft. Das Problem dabei ist, dass sich auf der Erde keine direkten Spuren davon mehr finden, etwa Impaktkrater. Vielmehr musste man etwa aus Analysen von Mondproben oder Kraterzählungen am Mond darauf rückschließen.
Seit einiger Zeit liefern auch spezielle Überbleibsel von Asteroideneinschlägen neue Daten: "Beim Aufprall großer Asteroiden oder Kometen auf die frühe Erde wurde Gesteinsmaterial der Erdkruste geschmolzen und verdampft", erklärte der Geochemiker Christian Köberl, Professor für Impaktforschung und Planetare Geologie an der Universität Wien, gegenüber der APA. Dieser Gesteinsdampf kondensierte dann und verfestigte sich, wodurch runde, glasartige Teilchen in Millimetergröße, sogenannte Impaktkügelchen, weltweit auf die Erde zurückfielen.
Impaktablagerungen untersucht
Diese Kügelchen lagerten sich ab und bildeten mehrere dünne "Spherulen-Lagen" in der Erdkruste, deren Alter zwischen 2,4 und 3,5 Milliarden Jahre bestimmt wurde. In den vergangenen Jahren seien in Bohrkernen und Aufschlüssen vor allem in Südafrika, aber auch in Australien, zahlreiche bisher noch nicht bekannte derartige Schichten identifiziert worden. Doch es sei sehr schwierig, diese einem bestimmten Impaktereignis zuzuordnen, betonte Köberl. In der aktuellen Arbeit hat er gemeinsam mit seinem Kollegen Toni Schulz von der Uni Wien viele dieser Impaktablagerungen untersucht und vor allem anhand isotopengeochemischer Analysen versucht, deren Gesamtzahl abzuschätzen.
"Wir kommen auf wahrscheinlich 16 Spherulen-Lagen, bei einem Minimum von elf und einem Maximum von 35", sagte Köberl. Selbst der konservative Ansatz zeige, dass es deutlich mehr solcher Schichten sind als man bisher angenommen hat, "ob das um den Faktor 5 oder 20 höher ist, können wir noch nicht sagen". Jedenfalls geht der Hauptautor der Studie, Simone Marchi vom Southwest Research Institute in Boulder (US-Bundesstaat Colorado), anhand dieser Zahl davon aus, dass im späten Archaikum, also vor rund 3,5 bis 2,5 Mrd. Jahren die Zahl der Einschläge zehn Mal höher war als bisher angenommen wurde.
Einfluss auf Sauerstoffgehalt
Dieses verstärkte Bombardement dürfte massiven Einfluss auf den Sauerstoffgehalt der Erdatmosphäre gehabt haben. Der Grund sind die Gase, die bei Einschlägen von Objekten mit mehr als zehn Kilometer Durchmesser freigesetzt werden. Das führte zu chemischen Reaktionen, die den wenigen, aus geologischen und biologischen Prozessen stammenden Sauerstoff in der Atmosphäre gleich wieder verbrauchten. Wie die Forscher in ihrer Arbeit schreiben, haben die großen Einschläge im späten Archaikum wahrscheinlich zu drastischen Schwankungen des atmosphärischen Sauerstoffs geführt, wobei die durchschnittlichen Zeit zwischen aufeinanderfolgenden Kollisionen bei etwa 15 Millionen Jahren lag.
Als das Bombardement aus dem Weltall langsam nachließ und die Menge an Gasen zurückging, die Sauerstoff aus der Atmosphäre entfernten, kam es vor rund 2,4 Mrd. Jahren zur "Großen Sauerstoffkatastrophe" (Great Oxidation Event, GOE). Verbunden mit anderen Prozessen stieg dabei die Konzentration des molekularen Sauerstoffs (O2) in der Atmosphäre stark an. Diese Phase habe aber wahrscheinlich nur kurz gedauert, weil es bald wieder einen großen Impakt gab, so Köberl. "Erst später, als dann diese Bombardements vorbei waren, konnte sich langsam mehr Sauerstoff in der Atmosphäre sammeln und die Entwicklung nahm ihren Lauf, die zum heutigen sauerstoffreichen Planeten geführt hat."
Service: http://dx.doi.org/10.1038/s41561-021-00835-9