Jeder dritte Studierende hat finanzielle Probleme
Die letzten Wahlen zur Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) haben einen neuen Negativrekord bei der Wahlbeteiligung gebracht, nur 15,7 Prozent wählten ihre Interessensvertretung. Die ÖH hat mit einer breit angelegten Befragung reagiert, um die Studierenden stärker einzubinden. Die Ergebnisse zeigen deutliche Probleme bei der Vereinbarkeit von Studium und Job. Außerdem hat jeder Dritte finanzielle Probleme, hieß es bei der Ergebnispräsentation am Dienstag.
Insgesamt haben 28.101 Studentinnen und Studenten an der im Februar und März von IFES durchgeführten Umfrage teilgenommen - "eine gute Grundlage für unsere künftige Arbeit als Interessensvertretung", so die ÖH-Vorsitzende Sara Velić (Verband Sozialistischer StudentInnen/VSStÖ). Durch die Ergebnisse der Befragung sehe man viele bisherige Vermutungen bestätigt.
Laut Befragung ist es etwa für ein Drittel eine starke oder sehr starke Belastung, finanziell über die Runden zu kommen. "Das sind die Folgen einer Politik, die seit Jahren auf die Studierenden vergisst", kritisierte Velić und forderte erneut Änderungen bei der Reform der Studienförderung, die am morgigen Mittwoch im Nationalrat beschlossen werden soll. Die geplante Bezugsdauer sei zu kurz für die reale Studiendauer, der Bezieherkreis zu klein und die Höhe weiterhin zu gering, kritisierte Velić.
Studium und Arbeit schwer vereinbar
Deutliche Mängel gibt es laut Befragung auch bei der Vereinbarkeit von Studium und Arbeit bzw. Betreuungspflichten, das stellt für jeweils die Hälfte der Studierenden eine starke oder sehr starke Belastung dar. Die coronabedingte Umstellung der Lehre auf digitale oder hybride Formate habe hier laut Umfrage durch erhöhte Planbarkeit Verbesserungen gebracht, sah die stellvertretende Vorsitzende Naima Gobara (Fachschaftslisten/FLÖ) die Forderung der ÖH nach dauerhafter Hybrid-Lehre bestätigt. "Insbesondere Care-Arbeit wird dadurch besonders unterstützt."
Handlungsbedarf zeigt sich für die ÖH außerdem bei der Verkehrspolitik: Während in Wien 91 Prozent der Studierenden mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind, sind in Kärnten, Niederösterreich und dem Burgenland laut Umfrage über 60 Prozent auf das Auto angewiesen, und das vor allem wegen schlechter öffentlicher Verkehrsanbindung. 85 Prozent der Befragten wünschen sich laut Befragung günstigere oder kostenlose öffentliche Verkehrsmittel. Es brauche einen drastischen Ausbau und kostenlose Öffis für alle Studierenden ohne Altersgrenze, so der Schluss der Vizevorsitzenden Keya Bayer (GRAS).
Auf der Prioritätenlisten ganz oben stehen bei den Studierenden laut Befragung mehr Flexibilität, mehr finanzielle Unterstützung und berufsbegleitende Angebote, hohe Werte gab es außerdem bei Digitalisierung und Klimaschutz. Für Velić zeigen die Ergebnisse der Befragung, dass die ÖH mit ihren inhaltlichen Themensetzung schon jetzt richtig liege, die ÖH-Kanäle würden aber anscheinend nicht alle Studierenden so erreichen wie gewünscht. Die Studierendenbefragung ist für Velić jedenfalls "ein cooler erster Schritt", damit die Studentinnen und Studenten das Angebot der ÖH stärker wahrnehmen. Sie könne sich auch gut vorstellen, dass Studierendenbefragungen künftig ein wichtiger Teil der ÖH-Arbeit sein werden.