Gesunder, guter Schlaf
Einstein benötigte angeblich an die zwölf Stunden pro Nacht, Napoleon keine vier. Beispiele wie diese zeigen, wie individuell verschieden Schlafbedürfnisse sein können. In der Diskussion, wie viel Schlaf der Mensch braucht, gehen die Meinungen bis heute auseinander. Die einen reden von sieben bis neun Stunden, die anderen von exakt acht, wieder andere meinen, es ließe sich auch mit sechs Stunden auskommen. Dass regelmäßiger Schlafmangel weitreichende Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann, wird heute allerdings kaum mehr angezweifelt.
Der Mensch verschläft ein Drittel seiner Lebenszeit. Angesichts der Tatsache, dass sich im Schlaf der Organismus regeneriert, Akkus wieder aufgeladen werden und der Körper Kraft für den nächsten Tag tankt, ist er eine gute Investition in die eigene Gesundheit. Doch wie gelingt gesunder Schlaf?
Regelmäßigkeit als Schlüssel
Das National Heart, Lung, and Blood Institute (NHLBI), eines der Institute der amerikanischen National Institutes of Health (NIH), empfiehlt dem Menschen als Gewohnheitstier, seinen Schlafrhythmus einzuhalten. Das bedeutet, jeden Tag zur selben Zeit ins Bett zu gehen und wieder aufzuwachen. Auch durch längeres Schlafen am Wochenende lässt sich das unter der Woche angehäufte Schlafdefizit nicht komplett aufholen, zudem fällt so das Aufstehen am Montagmorgen noch schwerer.
Einschlafrituale stimmen nicht nur Babys und Kleinkinder auf die Nacht ein. Kein Tag sollte so vollgepackt werden, dass keine Zeit mehr bleibt, sich vor dem Schlafengehen zu entspannen, durch Lesen oder Musikhören etwa. Das NHLBI erwähnt explizit ein heißes Bad: Die Körpertemperatur sinkt danach, was schläfrig macht und beim Abschalten und Einschlafen hilft.
Körperliche Bewegung hingegen weckt auf: Sport und Fitness, im Idealfall 30 Minuten pro Tag, sind wichtig für die Gesundheit. Doch nicht zu knapp vor dem Schlafengehen: Für das NHLBI sind dies zwei bis drei Stunden, für den Grazer Schlafmediziner Manfred Walzl etwas weniger: "Durch den Sport werden die Stresshormone hochgefahren und das dauert etwa eineinhalb Stunden, bis die auf dem Normallevel sind. Jedes erhöhte Stresshormon wird zum Schlafräuber."
Nebenwirkung leichter Schlaf
Kaffee, Cola, bestimmte Teesorten und Schokolade enthalten das Stimulans Koffein, dessen Wirkung bis zu acht Stunden anhalten kann. Eine Tasse Kaffee am späten Nachmittag kann also das Einschlafen erschweren. Auch Nikotin ist ein Stimulans und sorgt bei Rauchern oft für einen sehr leichten Schlaf - und ob des Nikotinentzugs zu einem frühen Erwachen am Morgen.
Ebenso sollte auf alkoholische Getränke vor dem Schlafengehen verzichtet werden. Ein Gläschen Wein vor dem Schlafengehen mag vielleicht entspannend wirken, doch zu viel davon raubt Tief- sowie REM-Schlafphasen. Starker Alkoholkonsum kann zudem die nächtliche Atmung beeinträchtigen und bei nachlassender Wirkung dazu führen, öfter in der Nacht aufzuwachen.
Besondere Vorsicht ist auch im Umgang mit Medikamenten geboten. Häufig verschriebene Herz-, Bluthochdruck- oder Asthmamittel sowie einige rezeptfrei erhältliche und pflanzliche Mittel gegen Husten, Erkältungen oder Allergien können den Schlafrhythmus durcheinanderbringen. "Wenn Sie sich die Beipackzettel der Medikamente anschauen, werden Sie nur wenige finden, wo nicht die Störung des Sprachprofils angeführt wird. Da muss man wirklich vorsichtig sein", betont auch Walzl. Auf der anderen Seite müsse man aber "praktisch denken", wirft er ein, "niemand nimmt ein Medikament aus Jux und Tollerei. Diese Empfehlung ist schon etwas theoretisch. Wenn ich auf die Medikation angewiesen bin, bleibt mir nichts anderes übrig." Dennoch rät auch er in diesem Fall zum Gespräch mit Arzt oder Apotheker. Sie geben Auskunft darüber, welche der eingenommenen Medikamente zu Schlafstörungen führen und ob diese zu einer anderen Zeit eingenommen werden können.
Weitere Schlafräuber
Späte und üppige Mahlzeiten können zu Verdauungsstörungen führen und somit den Schlaf beeinträchtigen. Wer abends zu viel trinkt, wacht in der Nacht häufiger auf - weil sich die Blase meldet.
Auch ein zu spät eingelegter Mittagsschlaf, jener nach 15 Uhr, erschwert das Einschlafen in der Nacht. Davor lässt sich durch die kurze Schlafeinheit allerdings nicht nur Schlafmangel ausgleichen. "Unsere Studien haben gezeigt, dass durch 20 Minuten - aber nicht länger - die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit am Nachmittag um etwa 36 Prozent steigt. Zwischen 13 und 15 Uhr ist es ideal, danach knabbert der Mittagsschlaf schon wieder am Nachtschlaf und das ist ungünstig", so der Schlafmediziner.
Ungünstig ist es auch, bei Ein- oder Durchschlafproblemen wach im Bett liegen zu bleiben. Wer nach zwanzig Minuten noch nicht oder nicht wieder eingeschlafen ist, nicht aufhört nachzudenken und unruhig ist, sollte noch einmal aufstehen und sich mit einer monotonen und entspannenden Tätigkeit ablenken - bis sich die Müdigkeit wieder einstellt. Die Sorge, nicht einschlafen zu können, erschwert dieses erst recht.
Beruhigende Schlafumgebung
Zu einem gesunden Schlaf trägt auch eine beruhigende Schlafumgebung bei. Alles, was am Schlafen hindern könnte, hat im Schlafzimmer nichts zu suchen. Lärm zum Beispiel, helle und künstliche Lichter oder zu hohe Temperaturen. Der Schlafmediziner empfiehlt eine Temperatur von 18 bis 20 Grad. Und dazu, Fernseher, Handy und Computer aus dem Zimmer zu verbannen. Auch die Uhr sollte außer Reichweite gebracht werden. Denn Menschen, die an Einschlafschwierigkeiten leiden, schauen dabei gerne auf die Uhr - und machen sich Sorgen über die wenige Zeit, die noch bis zum Morgen bleibt.
Eine Portion natürliches Tageslicht am Tag - und sind es nur 30 Minuten - sind laut NHLBI der Schlüssel zu geregelten Schlafmustern. Es empfiehlt, mit Sonnenlicht oder hellem Licht aufzuwachen. Menschen mit Schlafproblemen wird geraten, eine Stunde Morgensonne zu tanken und abends die Lichter zu dimmen. Walzl erläutert: "Sonnenlicht ist ideal, um das Serotonin, wenn man so will, das Glückshormon, zu steigern. Wenn wir zu wenig Sonnenlicht tanken, dann kommt es unter Umständen zur sogenannten saisonalen Depression, mit Müdigkeit, mit depressiver Verstimmung. Das kennt man aus den nordischen Staaten, wo fast jeder Dritte betroffen ist. Im Mittelmeerraum kennt man es gar nicht, weil die ausreichend Sonne haben."
Ärztliche Hilfe
Falls das Ein- oder Durchschlafen weiterhin für Probleme sorgt, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Er kann eine mögliche Schlafstörung diagnostizieren, gesundheitliche oder mentale Gründe dafür erkennen und für Lösungsansätze sorgen. Schlafprobleme würden zu oft auf die leichte Schulter genommen, sagt Walzl: "Nur 30 Prozent der Österreicher mit Schlafstörungen gehen tatsächlich auch zum Hausarzt. Man darf nicht vergessen, Schlafmangel ist die Hauptunfallursache. Jeder vierte tödliche Unfall ist mit Sicherheit darauf zurückzuführen. Es geht mit der Arbeit bergab, man macht Fehler, setzt sich Schwierigkeiten und Gefahren aus. Das gilt in erster Linie für den Straßenverkehr, aber natürlich auch in der Industrie an laufenden Maschinen und so weiter." Als letzten Tipp gibt er mit auf den Weg, den Schlaf zum besten Freund zu machen. "Er ist leider in allen industrialisierten Ländern völlig vernachlässigt, aber Sie müssen ihn als wirklichen Freund sehen, der Ihnen dazu verhilft, dass Sie deutlich mehr Lebensqualität haben. Und ein Freund gehört einfach verhätschelt, gepflegt und liebevoll behandelt."
Von Barbara Schechtner / APA-Science