TU Linz - Wieder Verzögerung im Gründungsprozess des Digitalinstituts
Als am Sonntag TU-Graz-Professorin Stefanie Lindstaedt - nach einmonatiger Verzögerung bei den Hearings - vom Gründungskonvent als Gründungspräsidentin verkündet wurde, hatte es den Anschein, als würde die neue TU Linz, das Institute of Digital Sciences Austria (IDSA), endlich Fahrt aufnehmen. Doch nun steht ein aufsichtsbehördliches Verfahren ins Haus, das vom Wissenschaftsministerium eingeleitet wurde, wie "Der Standard" berichtete.
Helmut Fallmann, Vorstandsvorsitzender des oö. Unternehmens Fabasoft, bestätigte der APA am Mittwoch, dass er "als Mitglied des Gründungskonvents aus triftigen, rechtlichen Gründen eine Überprüfung der Wahl bei der zuständigen Rechtsaufsicht angeregt habe". Daraufhin leitete das Ministerium das Aufsichtsverfahren ein. Fallmann wollte das laufende Verfahren nicht kommentieren.
Der Gründungskonvent des IDSA wies per Presseaussendung die in dem Antrag erhobenen Vorwürfe in aller Deutlichkeit zurück. Gleichzeitig behielt man sich "aufgrund der im Antrag erhobenen, nicht nachvollziehbaren Behauptungen, rechtliche Schritte gegenüber Herrn DI Fallmann vor". Der Konvent werde die Stellungnahme zum Antrag - laut "Standard" ist bis 20. März Zeit - schnell erarbeiten und dem Wissenschaftsminister übermitteln, so die Vorsitzende Claudia von der Linden, die bedauerte, dass sich "die Entwicklung des IDSA neuerlich grundlos um mehrere Wochen verzögert."
Rund einen Monat verlor man bereits, als der Rektor der Universität für Angewandte Kunst, Gerald Bast, sein Mandat im Konvent einen Tag vor dem ersten Termin für die Gründungspräsidenten-Hearings am 24. Jänner zurückgelegte. Als Grund nannte er Befangenheit von drei anderen Mitgliedern sowie fehlende Inhalte der neuen TU. Daraufhin berief das Wissenschaftsministerium den Rektor der Montanuni Leoben, Wilfried Eichlseder, in den Konvent. Lindstaedt wurde nach Medienberichten mit vier zu zwei Stimmen gewählt, drei hatten sich wegen Befangenheit enthalten.
Wissenschaftsministerium hält am Zeitplan fest
Der ursprünglich als Gründungspräsident favorisierte JKU-Rektor Meinhard Lukas betonte gegenüber der APA am Mittwoch, dass er die Entscheidung des Gründungskonvents respektiere. Bereits am Sonntag gratulierte er Lindstaedt und wünschte "ihr und dem Projekt das Allerbeste". Vizerektor Stefan Koch werde Lukas weiterhin "in Angelegenheiten des IDSA angesichts meiner Involvierung in das Bewerbungsverfahren vertreten". Dies teilten Lukas und Koch am Dienstag der JKU-Belegschaft sowie Gründungspräsidentin Lindstaedt mit und boten letzterer die gute Zusammenarbeit der JKU an. Lukas' Funktionsperiode als Rektor dauert noch bis Ende September. Er hatte bereits zuvor angekündigt, dass er - sollte er nicht gewählt werden - auf seinen Lehrstuhl in der rechtswissenschaftlichen Fakultät zurückzukehren werde.
Laut "Standard" hält das Wissenschaftsministerium am - vielfach kritisierten - Zeitplan fest, den Lehrbetrieb am IDSA im kommenden Wintersemester aufzunehmen. Oberösterreichs SPÖ-Klubvorsitzende Sabine Engleitner-Neu forderte erneut eine Digital-Uni-Planungsenquete mit allen relevanten Stakeholdern, um ungeklärte Fragen sowie Kritikpunkte zu klären und "diese Jahrhundertchance nicht durch voreilige Schnellschüsse" zu vertun. Oö. NEOS-Klubobmann Felix Eypeltauer forderte, "der politische Einfluss und die unnötigen Kommentare von oberster ÖVP-Seite müssen ein Ende haben, gerade beim heute eingeleiteten aufsichtsbehördlichen Verfahren." Politischer Einfluss in provinzieller Weise habe der Uni, die noch nicht einmal steht, schon viel Reputation gekostet.
Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) appellierte in einer Stellungnahme "an alle Beteiligten, sich wieder am Riemen zu reißen und sich bewusst zu werden, welch große Verantwortung sie im Zuge einer Universitätsgründung tragen". Er erwartet sich vom Ministerium eine rasche Prüfung der Aufsichtsbeschwerde und von Gründungskonvent sowie Rektorin einen realistischen Zeitplan, wie es bis zum Beginn des Studienbetriebs weitergehe. Die Grünen sehen Stelzer mehr gefordert. "Wo ist Landeshauptmann Stelzer? Die Uni war sein Projekt, er wollte sie so rasch wie möglich umsetzen", verlangte der oö. Klubobmann Severin Mayr. Stelzer müsse nun "für Klärung, Glättung und vor allem einen einigermaßen normalen Übergang in den Uni-Betrieb sorgen", sich einschalten und Führungsstärke zeigen.
Das IDSA geht auf eine Idee des früheren Bundeskanzlers Sebastian Kurz (ÖVP) aus dem Jahr 2020 zurück. Der Endausbau soll 2036/2037 mit 6.300 Studierenden erreicht sein. Was die Finanzierung angeht, sind für die Gründungsphase 2022 und 2023 18,4 Mio. Euro vorgesehen, die aus der Ministerreserve des Wissenschaftsministeriums gedeckt werden. Ab dem Endausbau im Studienjahr 2036/37 sollen der Universität, die räumlich an die Linzer Uni andocken wird, jährlich 150 Mio. Euro zur Verfügung gestellt werden. Die Errichtungskosten werden ab dem Studienjahr 2023/24 von Bund und Land Oberösterreich gemeinsam 50:50 getragen.