"Wie die Forschung sich neu erfand"
Gastbeitrag --- Die Corona-Pandemie hat die Wissenschaft verändert und viele Innovationen hinterlassen bleibende Spuren. Fünf Jahre später zeigt sich, wie Forschung heute schneller, vernetzter und digitaler arbeitet.
Fünf Jahre sind vergangen, seit die Corona-Pandemie die Welt auf den Kopf gestellt und den Forschungsalltag in einen Wirbelsturm der Veränderung gestürzt hat. Die Wissenschaft hat in dieser Zeit eindrucksvoll bewiesen, wie schnell und effektiv sie auf globale Herausforderungen reagieren kann. Forschungsschwerpunkte verlagerten sich über Nacht auf pandemiebezogene Themen, um die Geheimnisse des neuen Virus und der Erkrankung zu entschlüsseln sowie Diagnostik und Impfstoffe zu entwickeln. Heute, fünf Jahre nach der Pandemie, hat sich vieles in der Forschung wieder normalisiert, doch einige positive Impulse und nachhaltige Veränderungen sind geblieben.
Die Pandemie hat die immense Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit ins Rampenlicht gerückt. Komplexe globale Herausforderungen können nur durch das Zusammenspiel verschiedener Disziplinen gemeistert werden. Noch nie zuvor funktionierte die Zusammenarbeit so reibungslos wie in den Jahren der Pandemie. Unter der Leitung des IMBT der BOKU Universität gelang es damals, in Zusammenarbeit mit mehreren Forschungseinrichtungen, in Rekordzeit die Bausteine für die Herstellung von SARS-CoV-2-Antigentests bereitzustellen. Auch heute noch dienen das virale Spikeprotein und dessen Rezeptor ACE2 in vielen Forschungsprojekten als Modellproteine.
Ein Umdenken in der Herstellung medizinischer Produkte setzte ein. Projekte, die sich mit der Verfügbarkeit von erschwinglichen, skalierbaren und effizienten Herstellungsprozessen beschäftigen, gewannen an Bedeutung. Viele Ergebnisse aus dieser Zeit bilden heute die Grundlage für Impfstoffentwicklungen, auch jenseits von SARS-CoV-2, und beeinflussen die Entstehung neuer Therapieformen, beispielsweise in der Krebstherapie.
Open-Science-Initiativen im Aufschwung
Die Pandemie hat die Bedeutung des offenen Zugangs zu wissenschaftlichen Daten und Materialien eindrucksvoll verdeutlicht. Open-Science-Initiativen, die den freien Zugang zu Forschungsergebnissen fördern, erlebten einen beispiellosen Aufschwung. Diese ermöglichen es Forschenden weltweit, schneller auf Informationen zuzugreifen und ihre Arbeit darauf aufzubauen. Eine von der BOKU während der Pandemie ins Leben gerufene Plattform zum Austausch von Forschungsmaterialien wurde ausgebaut, um wissenschaftliche Kooperationen zu fördern (BOKUmaterials).
Die Digitalisierung in der Forschung hat sich beschleunigt. Online-Tools für Kommunikation und Zusammenarbeit sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Wissenschaftliche Konferenzen und Workshops werden oft hybrid abgehalten. Auch die Lehre erforderte rasch digitale Lösungen. Unterricht, Prüfungen und auch praktische Laborübungen mussten via Videokonferenz abgehalten werden. Viele Hörsäle und Seminarräume sind dadurch heute mit moderner Technik für Telekonferenzen und digitale Lehre ausgestattet.
Gleichzeitig wurden wir erinnert, welche große Bedeutung die persönliche Interaktion für den Austausch von Ideen und die Zusammenarbeit hat und wie essenziell diese für unser geistiges und soziales Wohlbefinden ist.
Zu den Personen:
Reingard Grabherr ist Professorin für Molekulare Biotechnologie und Institutsleiterin des Instituts für Molekulare Biotechnologie an der BOKU Universität.
Miriam Klausberger ist Senior Post Doc in der Forschungsgruppe von Reingard Grabherr am Institut für Molekulare Biotechnologie an der BOKU Universität.
Service: Dieser Gastbeitrag ist Teil der Rubrik "Nachgefragt" auf APA-Science. Die inhaltliche Verantwortung liegt beim Autor/der Autorin.