"Hängen blieb der Schritt von der Leiter" - Wissenschafter erinnern sich
Vor 50 Jahren setzte mit Neil Armstrong der erste Mensch einen Fuß auf den Mond. Das von Fernsehstationen weltweit übertragene Ereignis ist bei vielen Menschen in lebhafter Erinnerung geblieben und hat auch so manche Studien- und Berufswahl entscheidend beeinflusst - so auch bei folgenden von der APA befragten österreichischen Weltraum-Experten:
JOSEF ASCHBACHER, Direktor für den Bereich Erdbeobachtung bei der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), hat als Siebenjähriger auf dem elterlichen Bergbauernhof in Ellmau in Tirol die Mondlandung erlebt: "Ich kann mich gut erinnern, es war sehr aufregend. Wir hatten einen ganz alten Fernseher daheim, es hat sehr geflimmert. Der Schritt von der Leiter auf die Mondoberfläche, wo es so ein bisserl Staub aufgewirbelt hat, das ist mir im Gedächtnis hängengeblieben. Es hat auf jeden Fall in mir eine Neugierde ausgelöst, herauszufinden, wie es möglich ist, dass jemand am Mond spazieren geht. Das war für mich unvorstellbar. Ich habe meine Eltern ständig gefragt, wie das denn funktioniert. Sie haben mir dann ein kleines Buch über die Mondlandung geschenkt, mit Zeichnungen und Grafiken drinnen, über die Fluchtgeschwindigkeit und die Umlaufbahn um den Mond, usw. Das hat mich so fasziniert, dass ich mir dachte, ich will lernen, wie man so etwas macht. Die Mondlandung hat sicher dazu beigetragen, genau das zu studieren, womit man mit dem Weltraum arbeiten kann. Das war Meteorologie und Geophysik an der Uni Innsbruck und dann zur ESA zu gehen und dort zu arbeiten - das war immer mein Traum."
SIEGFRIED J. BAUER, langjähriger Ordinarius für Meteorologie und Geophysik an der Universität Graz, war zum Zeitpunkt der Mondlandung 39 Jahre alt und Leiter der Abteilung für Ionosphärenforschung und Radiophysik am NASA Goddard Space Flight Center in Greenbelt (US-Bundesstaat Maryland). "Es war bewegend und eine Leistung von Weltbedeutung. Für uns wurde an diesem denkwürdigen Nachmittag ein kleines Auditorium mit großer Leinwand eingerichtet und wir haben das Ereignis live mitverfolgt. Das Goddard Space Flight Center war die Reserve des Houston-Kontrollzentrums, weil es damals auch für das weltweite NASA-Netz von Empfangsstationen der unbemannten Erdsatelliten verantwortlich war." Die Abteilung des Grazer Weltraumforschers war "am Rande" an dem Mondlandungsprojekt beteiligt: "Wir waren eingebunden, weil wir Informationen für mögliche Gefahren für die Astronauten, die von energiereichen Teilchen im Strahlungsgürtel ausgehen können, geliefert haben."
PASCALE EHRENFREUND, österreichische Astrobiologin und Chefin des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) war 1969 neun Jahre alt: "An die Mondlandung selbst habe ich nur vage Erinnerungen - so viele TV-Geräte gab es ja noch nicht. Es war aber ein Ereignis, das wie kaum ein anderes in die Geschichte der Menschheit Eingang gefunden hat. In meiner wissenschaftlichen Laufbahn hat der Mond eine sehr wichtige Rolle gespielt. So war ich am europäischen Mond-Orbiter SMART-1 beteiligt. Diese Mission hat den Mond ab 2003 mit verschiedenen Instrumenten untersucht und ist 2006 auf der Mondoberfläche eingeschlagen. Zudem durfte ich an der Entwicklung von Konzepten mitarbeiten, den Mond mit neuen Technologien aus der Robotik zu erforschen und später auch die Rückkehr des Menschen auf den Mond zu ermöglichen. Heute steht der Mond wieder im Fokus internationaler Raumfahrtprogramme. Spannend!"
CHRISTIAN KÖBERL, Geochemiker und Generaldirektor des Naturhistorischen Museums Wien, hat als Zehnjähriger die Übertragung der Mondlandung gesehen: "Ich war mit meinen Eltern auf Urlaub in Kärnten in einer Hotelpension. An dem Abend durfte ich ausnahmsweise länger aufbleiben. Die Landung ist ja bei uns so um 9.00 Uhr Abend erfolgt, aber ausgestiegen sind sie dann erst nach 3.00 Uhr Früh und ich kann mich erinnern, wie alle gesessen sind, vor dem einzigen Schwarz-Weiß-Fernseher in der Pension und geschaut haben. Als dann Armstrong endlich auf den Mond gestiegen ist, dann hieß es aber: Ab ins Bett! Für mich als Kind war es eindrucksvoll, man hat gewusst, das ist etwas Besonderes, aber als außergewöhnlichen historischen Schritt habe ich es nicht erlebt. Die Mondlandung und die vielen anderen Raummissionen Anfang der 70er-Jahre haben natürlich Spuren hinterlassen und meine Karriere geprägt bzw. in eine gewisse Richtung gelenkt.
JOHANNES ORTNER, von 1974 bis 1998 Geschäftsführer der Austrian Space Agency (ASA), war zum Zeitpunkt der Mondlandung bei der ESRO (European Space Research Organisation), dem Vorgänger der ESA, für die Planung des europäischen wissenschaftlichen Weltraumprogramms verantwortlich. Er sah 36-jährig in Paris das historische Ereignis: "Ich habe es zu Hause im Fernsehen gesehen und bin natürlich die Nacht aufgeblieben. Das war sehr aufregend, eine große Sache, sehr eindrucksvoll. Es war nicht vorauszusehen, dass alles so perfekt funktioniert. Selbst für Leute, die sich mit dem Weltraum beschäftigt haben, war es eine Sensation, dass so etwas überhaupt funktioniert. Die technologische Entwicklung war ja das Großartige an dem ganzen Projekt. Für mich hat nicht so sehr die Wissenschaft einen großen Fortschritt gemacht, sondern die Technologie. Es wurden Computer, Werkstoffe, Batterien, etc. nur für diesen Zweck entwickelt."