"Das neuronale Echo der Pandemie"
Gastbeitrag --- Nach dem Abklingen der größten Pandemie-Wellen kehrte der gewohnte Forschungsalltag mit persönlichen Besprechungen und intensivem Gedankenaustausch rasch und freudig zurück. Sicherlich hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Mehrheit der Konsortialmeetings nun durch Videokonferenzen weitaus ressourcenschonender durchgeführt werden kann. Einerseits trat hier das Phänomen der sogenannten "Videokonferenz-Erschöpfung" oder "Zoom Fatigue" auf, das als bekanntes Syndrom häufiger Bildschirm-Sitzungen gilt.
Dabei fehlen die sozialen Signale der Körpersprache, und Mehrpersonenbildschirme erfordern das gleichzeitige Entschlüsseln vieler Gesichter sowie anhaltende, intensive Aufmerksamkeit, was insgesamt das Gehirn überfordern kann. Andererseits überzeugt diese Form der Kommunikation durch ihr nachhaltiges Verhalten, und persönliche Meetings werden bewusster durchgeführt, beinahe zelebriert.
Fallweise könnten bestimmte Resterscheinungen eines sensiblen Rückzugsverhaltens ins Homeoffice verblieben sein, sollten gesundheitliche Engpässe oder intensivere Belastungen im Büroalltag drohen. Ob diese "neuronalen Echos" ein Überbleibsel sensiblen Pandemieverhaltens sind oder eine langfristig resilienzfördernde Strategie darstellen, werden vermutlich erst zukünftige Studien klären. Jedenfalls überwiegt die Freude über die wiedergewonnene individuelle Freiheit nach der unerwarteten, mental manifestierten Enge einer einst nicht enden wollenden Pandemiezeit.
Geblieben ist das Phänomen "Long COVID", für das wir uns im Team des Human Factors Labors frühzeitig interessiert haben. In diesem Zusammenhang waren wir von 2021 bis 2023 in das Forschungsprojekt CogniReha involviert, das eine evidenzbasierte Studie zu einer niederschwelligen, digital gestützten Rehabilitation kognitiver und mentaler Defizite durchführte. Wir forschten daran gemeinsam mit der Neurogeriatrie der Medizinischen Universität Graz, der Probando GmbH sowie Patientinnen und Patienten der Sozialen Diensten Südweststeiermark.
Wir vom Human Factors Labor begleiteten die Studie mit sensorgestütztem Monitoring sowie analytischen Methoden der künstlichen Intelligenz. Das Projekt zeigte deutlich auf, wie sensibel Personen mit "Long COVID" bereits auf geringe kognitive Überlastung reagieren.
Zur Person:
Nach dem Studium der Informatik an der TU Graz mit Fokus auf prädiktive KI und visuelle Wahrnehmung folgte eine Forschungszeit am Fraunhofer-Institut zu robotergestützter Aufmerksamkeitsmodellierung. Danach widmete sich Paletta der angewandten Forschung bei Joanneum Research, wo er seit 2010 Assistenz-Technologien für vulnerable Menschen, mit Fokus auf altersbedingte und kognitive Einschränkungen, entwickelt. Sein Ziel ist es, mit interdisziplinären Teams innovative, menschenzentrierte Lösungen zu schaffen.
Service: Dieser Gastbeitrag ist Teil der Rubrik "Nachgefragt" auf APA-Science. Die inhaltliche Verantwortung liegt beim Autor/der Autorin.