Patientenzentrierte Arzneimittelentwicklung mit KI und NLP - ein Blick in die Zukunft
Unser aktuelles Paper "One size fits all: Enhanced zero-shot text classification for patient listening on social media" zeigt, wie Künstliche Intelligenz und moderne Natural Language Processing (NLP)-Methoden dazu beitragen können, die patientenzentrierte Arzneimittelentwicklung (Patient-Focused Drug Development, PFDD) substanziell voranzubringen. Das vorgestellte Framework ermöglicht die automatisierte Analyse sozialer Medien im Kontext spezifischer Erkrankungen – in dieser Studie am Beispiel einer seltenen Atemwegserkrankung. Dabei werden zentrale Fragen beantwortet: Wer spricht über die Krankheit, welche Herausforderungen bestehen und welche Unterstützungssysteme werden genannt?
Ein intelligenter Methodenmix für tiefere Einblicke
Der innovative Ansatz kombiniert verschiedene NLP-Techniken – darunter externe Wissensquellen wie medizinische Ontologien, Few-Shot- und Zero-Shot-Textklassifikation (mittels Natural Language Inference) sowie Frage-Antwort-Systeme. Durch diese Kombination lassen sich mit minimalem Annotierungsaufwand aussagekräftige Informationen aus Patient:innen- und Betreuer:innenperspektiven gewinnen. Besonders hervorzuheben ist, dass das Framework auf Satzebene arbeitet und damit auch differenzierte Haltungen innerhalb einzelner Beiträge erfassen kann – ein klarer Mehrwert gegenüber bisherigen Studien, die meist nur zwischen Patient:innen und Betreuer:innen unterscheiden.
Symptome, Sorgen, Support: Automatisch erkannt und interpretiert
Im Bereich der Herausforderungen und Unterstützungsangebote wurde eine hybride Methodik angewendet: Ein regelbasierter Ontologie-Matcher ermöglichte die schnelle Identifikation relevanter Begriffe wie Symptome, Diagnosen und Medikamente, wurde jedoch durch ergänzende Verfahren wie zeitbezogene Named Entity Recognition und Relation Extraction (mittels NLI) weiter ausgebaut. Letztere erlauben auch die Identifikation abstrakter Konzepte wie Fehl- oder Spätdiagnosen, Unterstützungsbedarf oder emotionale Belastung – und deren Beziehung zueinander. Dies ist besonders relevant für das bessere Verständnis individueller Krankheitsverläufe.
Effizient und transparent
Die Studie zeigt zudem, dass ressourcenschonende KI-Methoden eine vielversprechende Alternative zu generativen Large Language Modellen (LLMs) darstellen – insbesondere dann, wenn sensible Gesundheitsdaten keine API-Anbindung erlauben. Trotz der Leistungsfähigkeit dieser Modelle war der bewusste Verzicht auf generative LLMs in dieser Arbeit auch eine Entscheidung zugunsten von Transparenz, Geschwindigkeit und Reproduzierbarkeit. Perspektivisch bietet der technologische Fortschritt – etwa durch quantisierte Modelle und kleinere LLMs – dennoch interessante Integrationspotenziale.
KI für die Gesundheitsforschung von morgen
Das Know Center zeigt mit dieser Arbeit, wie moderne KI-Technologien verantwortungsvoll und wirkungsvoll in die patientenzentrierte Arzneimittelentwicklung eingebettet werden können – ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einer Gesundheitsforschung, die Patient:innen nicht nur berücksichtigt, sondern in den Mittelpunkt stellt.