50 Jahre IIASA - Grundlagenforschung mit Neugierde und Anwendbarkeit
Die Entwicklung systemanalytischer Ansätze ist bis heute das Herzstück der Forschung am Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg. Sie dienen etwa dazu, den Grad der Abholzung, vorhandene Wasserressourcen, Risiken von Finanzkrisen oder Wege für eine nachhaltige Ernährungssicherheit aufzuzeigen. Man betreibe Grundlagenforschung, sagte der IIASA-Generaldirektor für Wissenschaft, Wolfgang Lutz, diese sei aber nicht rein von Neugierde getrieben.
"Bei uns spielen schon immer auch die politische Anwendbarkeit oder das Entwickeln von Schlussfolgerungen, die dann relevant für die Gestaltung der Welt sind, eine Rolle", so Lutz. Daher komme der Begriff "angewandte Systemanalyse".
Viele Probleme eng miteinander verwoben
Herausforderungen wie etwa Klimawandel, Umweltverschmutzung, Verlust der biologischen Vielfalt oder auch nachhaltiger Konsum und soziale Ungleichheiten sind keine isolierten Themen, sondern "eng miteinander verwobene Probleme, die einen systemischen Ansatz zur Lösungsfindung erfordern", wie es im IIASA-Forschungsplan 2021-24 heißt.
So arbeiten IIASA-Forscher auch an der methodischen Weiterentwicklung von angewandter Systemanalyse und suchen nach neuen und besseren Wegen, um entsprechende Erkenntnisse aus den Studien in die Politik und die Entscheidungsfindung für eine nachhaltige Entwicklung einzubringen. Das ist eines von sechs Forschungsprogrammen, die derzeit die wissenschaftliche Tätigkeit des IIASA strukturieren.
Die Programmlinie für biologische Vielfalt und natürliche Ressourcen setzt mit Hilfe eines "integrierten Biosphärenmodells" und damit mit Blick auf Wälder, landwirtschaftliche Betriebe, Flüsse, Küsten und biologische Vielfalt an, um Wechselwirkungen von Nahrungsmittelproduktion, Land- und Ökologieerhaltung, Wassersicherheit, Klima und Krankheiten zu analysieren.
Energie, Klima und Umwelt sind ebenso ein Schwerpunkt wie die Entwicklung von Systemlösungen für nachhaltige, widerstandsfähige, gerechte und ausgewogene Gesellschaften. Erkenntnisse aus der Forschung zu Bevölkerungsdynamik und -zusammensetzung werden gemeinsam mit Erkenntnissen aus den anderen Bereichen genutzt, um wirtschaftliche Grenzen und die Möglichkeiten für eine gerechtere, widerstandsfähigere Wirtschaftstätigkeit auszuloten. Zudem sucht man nach neuen strategischen Initiativen, um das eigene Fachwissen und Expertise bestmöglich teilen und weitergeben zu können.
Maßnahmen-Lieferant
Das IIASA sei von Anbeginn auch eines der Zentren der Komplexitätsforschung gewesen, sagte Lutz. Ziel des Instituts ist es, die daraus gewonnenen Erkenntnisse für wirksame, wissenschaftlich fundierte politische Maßnahmen im Umgang mit Klimawandel, Energiekrise und anderen globalen Probleme zur Verfügung zu stellen. IIASA-Expertise floss in Berichte des Weltklimarates IPCC ein und lieferte einen Beitrag zum Klimaabkommen von Paris 2015, zur Formulierung der UN-Nachhaltigkeitsziele im Bereich Energie sowie zum globalen Rahmen für die biologische Vielfalt nach 2020.
Mit dem Anspruch, globale Probleme zu untersuchen, beschäftigen sich IIASA-Forscher auch im Rahmen der Pandemie: Ein am IIASA entwickelter "Covid-19 Tracker" hat zum Beispiel tägliche COVID-19-Fälle auf regionaler Ebene für 26 europäische Länder ab Jänner 2020 visualisiert und mit demografischen und sozioökonomischen Informationen kombiniert - mit dem Ziel, die Auswirkungen der Pandemie auf verschiedene Lebensbereiche darzustellen und eine Basis für politische Entscheidungen zu liefern.
Service: "Covid-19 Tracker": https://iiasa.ac.at/covid-19/tracker