"Beißer": Metallatome verhelfen Borstenwürmern zu stabilem Kiefer
Das Stahlgebiss des "Beißers", der in den James-Bond-Filmen "Der Spion, der mich liebte" und "Moonraker" 007 ordentlich zusetzte, könnte sein Vorbild in der Natur gehabt haben: Auch bei Borstenwürmern sorgen Metallatome für die bemerkenswerte Stabilität ihrer Kiefer, zeigen Wiener Forscher im Fachjournal "JOM". Die Wissenschafter hoffen, diesen Aufbau als Inspiration für neuartige Hochleistungsmaterialien nutzen zu können.
Ein Forscherteam um Christian Hellmich vom Institut für Mechanik der Werkstoffe und Strukturen von der Technischen Universität (TU) Wien und Florian Raible von den Max Perutz Labs der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien hat die Kiefer der Borstenwurm-Art Platynereis dumerilii mit materialwissenschaftlichen Techniken untersucht. Diese wirbellosen Tiere werden rund drei Zentimeter groß und leben in küstennahen Meeresgebieten. Sie sind in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen Modellorganismus für verschiedenste Fragestellungen in der Meeresbiologie geworden.
Borstenwürmer haben einen weichen Körper, manche Teile wie die Borsten oder die Kiefer bestehen allerdings aus harten Strukturen. Speziell die Kiefer seien äußerst stabil, berichten die Forscher in einer Aussendung der TU Wien. Diese sind allerdings nicht so wie Wirbeltierknochen aus einer mineralisierten Knochensubstanz mit Calcium aufgebaut. Vielmehr bestehen sie aus einer Proteinstruktur, in die einzelne Metallatome wie Magnesium oder Zink eingebaut sind.
Struktur ermöglicht Verformungen
Die Metallatome sorgen dafür, dass die unterschiedlichen Proteinketten zusammengehalten werden und aus einer besonders stabilen Protein-Matrix dreidimensionale Formen entstehen können, erklärte Raible. Diese Struktur ermöglicht auch Verformungen: Wenn das Material belastet wird, können die Proteinketten aneinander vorübergleiten. Daher ist es nicht spröde und zerbrechlich. Dieses Bauprinzip ist evolutionär schon sehr alt und dürfte bereits vor 500 Millionen Jahren entstanden sein.
Die Wissenschafter hoffen, dass das metallähnliche biogene Material der Borstenwurm-Kiefer "als Inspiration für völlig neuartige Werkstoffe dienen könnte", so Hellmich. Möglicherweise könnten auf biologische Weise Hochleistungsmaterialien hergestellt werden, viel effizienter und umweltfreundlicher als das derzeit möglich ist.
Service: https://doi.org/10.1007/s11837-021-04702-1