Neue Wertschätzung für Lehrlinge
Eine Lehre zu machen, war einige Jahre lang nicht mehr sehr attraktiv. Seit 2016 steigt der Anteil der Jugendlichen eines Jahrgangs, die eine solche Ausbildung starten, jedoch kontinuierlich und erreichte 2018 wieder 40 Prozent.
Damit kletterte der Wert auf den Durchschnitt der vergangenen 20 Jahre und ist laut aktuellen Zahlen des WKO-Fachkräfteradars ein deutliches Signal für eine Trendwende. Trotzdem kein Grund zum Jubeln, denn in absoluten Zahlen hat sich der Anteil der Lehrlinge an den unselbstständig Beschäftigten seit 1990 von fünf Prozent auf 2,9 Prozent im Jahr 2018 beinahe halbiert. Das liegt einerseits an der demografischen Entwicklung, andererseits auch an der stetig wachsenden Zahl an Beschäftigten.
Langfristig besteht daher laut den WKO-Expertinnen und -Experten Handlungsnotwendigkeit, um den Nachwuchs bei den Fachkräften zu sichern. Unternehmen sind aktiv gefordert, sich um Lehrlingsnachwuchs zu kümmern. Wie etwa ZKW Elektronik, das am Standort Wieselburg verschiedene kaufmännische und technische Lehrlingsausbildungen anbietet. "Die Kollegen vor Ort sind sehr aktiv, gehen in die Schulen im Bezirk, machen Bewerbertrainings und Betriebsbesichtigungen", erzählt HR-Generalistin Ulrika Mücke gegenüber APA-Science. Um gute Lehrlinge reißen sich die Unternehmen: Beliebt seien Schulabbrecher aus Gymnasien. Aber: "Lehre mit Matura ist ein Muss, ohne diese Option geht gar nichts mehr", so die Fachfrau.
Modernisierung überfällig
Unter der ehemaligen Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) gab es Pläne, die Lehre zu stärken und besonderes Augenmerk auf digitale Inhalte zu legen. Berufe wie jener des Dachdeckers wollte Schramböck um das Feld der Dach-Sensorik erweitern, als neue Lehrberufe nannte sie den Nah- und Distributionslogistiker oder Fahrradmechatroniker. Sie forderte aber auch Unternehmen auf, sich zu öffnen und beispielsweise den rund 8.000 Lehrlingen in überbetrieblicher Ausbildung Praktikumsplätze anzubieten.
Mit 1. Juni 2019 trat das Lehrberufspaket 1 in Kraft, das die Modernisierung und Anpassung von Lehrberufen an aktuelle branchenspezifische Entwicklungen vorsieht. Das Lehrberufspaket 2 mit neuen Ausbildungsordnungen und ebenfalls an die Digitalisierung angepassten Anforderungen befinde sich derzeit "im politischen Abstimmungsprozess", hieß es auf Anfrage dazu gegenüber APA-Science. Die gesamte Lehrberufslandschaft werde aktuell von wissenschaftlichen Instituten strategisch analysiert. Ziel sei es, neue Berufsbilder zu entwickeln bzw. eine Prioritätenliste für die Modernisierung bestehender Lehrberufe festzulegen.
Ablöse zahlen?
Während Betriebe in Deutschland nach Überlegungen aus dem Handwerk künftig Ablösesummen zahlen könnten, wenn sie Lehrlinge gleich nach der Lehre von der Konkurrenz abwerben, hält man von diesem Zugang in der Wirtschaftskammer (WKO) trotz Fachkräftemangels wenig. "Der Lehrling hat einen Wert, ist aber keine Ware", sagte Reinhard Kainz, Geschäftsführer der Bundessparte Gewerbe und Handwerk in der WKO gegenüber der Tiroler Tageszeitung.
Von Sylvia Maier-Kubala /APA