Das mechanische Schneiderlein - Roboter lernen Umgang mit weichen, verformbaren Materialien
Roboter können so einiges, aber Fingerspitzengefühl gehört nicht zu ihren Stärken. Die Arbeit mit weichen, verformbaren Materialien - beispielsweise in der Textilindustrie - macht deshalb nach wie vor viel Handarbeit notwendig. Die Technische Universität (TU) Wien und das Austrian Institute of Technology (AIT) arbeiten deshalb gemeinsam an Algorithmen, mit denen Roboter diese Tätigkeiten dennoch ausführen können.
Ein Stück Stoff, das sich allein schon durch die Schwerkraft verformt, zu vernähen; einen dünnen Kunststoff an einem Schuh anbringen, ohne dass er Falten wirft und sich der Form des Schuhs anpasst - diese Tätigkeiten verlangen schon Menschen Übung und Feingefühl ab. Für Roboter sind sie ein Ding schierer Unmöglichkeit - noch. "Wir Menschen sind ungeheuer flexibel - wir koordinieren mühelos unser Sehvermögen mit unserer Fingerfertigkeit, wir können uns an unterschiedliche Materialien, Formen und Strukturen anpassen. Etwas Ähnliches einer Maschine beizubringen, ist eine große Herausforderung", so Andreas Kugi, Vorstand des Instituts für Automatisierungs- und Regelungstechnik an der TU Wien und Leiter des Centers for Vision, Automation and Control am AIT, in einer Aussendung. In komplizierten Berechnungen, die nicht nur Größe und Form der Werkstoffe miteinbeziehen, sondern auch Punkt, Richtung und Kraftaufwand des Kontaktes zwischen Roboter und Werkstück berücksichtigen, werden von den Forschern deshalb alle Arbeitsschritte vorausgeplant.
"Unsere Methode ist extrem flexibel", erklärt Christian Hartl-Nesic vom Institut für Automatisierungs- und Regelungstechnik. Zu Demonstrationszwecken wurde deshalb ein Werkstück in Form eines Hasen von einer Maschine mit dünnen Streifen faltenfrei beklebt (siehe Servicehinweis). "Aber man könnte dieselben Algorithmen und Methoden auch für ganz andere Anwendungen nutzen", so Hartl-Nesic, "etwa um den Roboter auf dreidimensionalen Oberflächen genau vorgegebene Schnitte setzen zu lassen oder ein gekrümmtes 3D-Objekt mit einer aufgesprühten Materialschicht zu versehen, die an jedem Ort genau die richtige Dicke hat."
Für Aufgaben, die trotzdem nicht von Robotern übernommen werden können, entwickelte die Forschungsgruppe außerdem Methoden, um die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine zu erleichtern. "Die Produktionstechnik und der Einsatz flexibler, lernfähiger und adaptiver robotischer Systeme werden sich in den nächsten Jahren kontinuierlich weiterentwickeln und zum Teil massiv verändern. Darin sollten wir eine Chance sehen und die Entwicklung aktiv mitgestalten", ist Kugi überzeugt.
Service:
Videos:
*Der beklebte Hase: https://www.acin.tuwien.ac.at/52f5/
*Zusammenarbeit von Mensch und Maschine beim Aufkleben eines Klebestreifens: https://www.acin.tuwien.ac.at/8a25/