Falter mit Geheimnissen: Landkärtchen wird Insekt des Jahres
Das Insekt des Jahres 2023 in Deutschland, Österreich und der Schweiz ist der Tagfalter Landkärtchen (Araschnia levana). Das Tier mit dem ungewöhnlichen Namen verblüffe mit seinem variablen Aussehen, hieß es bei der Bekanntgabe am Mittwoch in Müncheberg (Brandenburg). Der deutsche Name rührt von der relativ bunten und von zahlreichen, unterschiedlich dicken Linien durchzogene Flügelunterseite, die an eine Landkarte erinnert.
Der "Saisondimorphismus" des Landkärtchens gibt Wissenschaftern noch Rätsel auf. Denn während die Frühjahrsgeneration eine orangefarbene Grundfärbung mit schwarzen Zeichnungselementen besitzt, sind die Tiere der Sommergeneration überwiegend schwarz mit einem gebogenen weißen Band auf Vorder- und Hinterflügel. "Das Landkärtchen zeigt wunderbar, dass auch bei weit verbreiteten und vermeintlich gut bekannten Insekten noch viel Forschungsbedarf besteht. Wir wissen zwar, was die Ausbildung der unterschiedlichen Farbmuster steuert, nicht aber welchen Zweck diese wirklich haben", sagte Thomas Schmitt, Direktor des Senckenberg Deutschen Entomologischen Instituts in Müncheberg und Vorsitzender des Kuratoriums.
Bemerkenswerte Eiablage
Nicht nur die unterschiedlichen Frühlings- und Sommerlooks, auch die Eiablage des Landkärtchens ist den Angaben zufolge bemerkenswert: Es befestigt seine Eier in mehreren kurzen Schnüren, die wie umgedrehte Türmchen aussehen, an der Unterseite von Blättern der Großen Brennnessel. Damit unterscheidet sich die Art von allen anderen in Europa vorkommenden Tagfaltern. Aber nicht jede Brennnessel sei gut für das Landkärtchen, betonte Josef Settele vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), Vorsitzender der Gesellschaft für Schmetterlingsschutz und Schirmherr des "Insekt des Jahres 2023". "Die Eier benötigen für ihre erfolgreiche Entwicklung eine hohe Luftfeuchtigkeit. Bevorzugt werden deshalb solche Pflanzen genutzt, die an feuchteren Stellen wachsen, wie beispielsweise in Hochstaudenfluren in Bach- und Flusstälern."
Die durch die Überdüngung der Landschaft zahlreich wachsenden Brennnesseln sind danach nicht automatisch ein gutes Habitat für das Landkärtchen. Die heißen und trockenen Sommer der vergangenen Jahre machten dem Falter daher zu schaffen: Die Populationen schrumpften laut Settele deutlich.