"Vernetzte Pflege in und nach der Pandemie"
Gastbeitrag --- Die Corona-Pandemie hatte gravierende Auswirkungen - auf die Lehre, die Wissenschaft und die Forschung. Plötzlich war alles anders.
Ich habe 2020 ein großes Projekt über die Arbeit der 24-Stunden-Betreuerinnen geleitet. Betreuerinnen sind an sich bereits eine sehr schwer zu erreichende Gruppe und waren doppelt betroffen. Einerseits findet ihre Arbeit bei sehr vulnerablen Menschen statt und andererseits waren sie besonders durch die Grenzschließungen betroffen und konnten nur erschwert nach Österreich beziehungsweise in ihre Heimatländer pendeln.
Und dann waren wir mit unserem Forschungsprojekt da und wollten mit den 24-Stunden-Betreuerinnen und ihrem Umfeld besprechen, wie Digitalisierung die tägliche Arbeit unterstützen kann. Schlussendlich war dieses Projekt aber genau am Puls der Zeit, denn Digitalisierung war das Einzige, was an Interaktion noch möglich war.
Während der Corona-Pandemie haben wir dann auch ein neues, großes Forschungsprojekt gestartet: Linked Care, mit dem Ziel, die Gesundheitsberufe zu vernetzen und mit Digitalisierung effizientere interprofessionelle Abläufe zu ermöglichen. Hierbei konnten wir später dann Maßnahmen der Regierung nutzen, die in der Pandemie getroffen wurden - wie zum Beispiel die Erleichterung der Ausstellung von Rezepten.
Tool für Kommunikation im Gesundheitswesen
Aktuell sind wir im Linked Care-Projekt in der Evaluierungsphase. Es ist uns gemeinsam mit allen Projektpartnern aus Technik, Gesundheit und Wissenschaft gelungen, ein wichtiges Tool für die gemeinsame berufsübergreifende Kommunikation im Gesundheitswesen zu entwickeln.
Sicher hat die Pandemie einen Digitalisierungsschub gebracht, ohnehin geplante digitale Änderungen mussten viel schneller kommen.
Darüber hinaus hat die Corona-Pandemie meiner Ansicht nach auch den Nachhaltigkeitsgedanken verstärkt. Man hat in den Forschungsprojekten schon vorher auf Ressourcenschonung geachtet. Und dennoch gibt es seit der Pandemie die Tendenz, noch stärker in die Zukunft zu denken.
Man braucht einen Plan B
In der Corona-Pandemie musste man von geplanten Wegen abgehen und andere Möglichkeiten nutzen. Ich glaube, dieses Bewusstsein ist im Kopf geblieben: Wie schnell sich alles ändern kann und dass man tunlichst einen Plan B hat.
Was uns im gelebten Alltag an der FH Campus Wien geblieben ist, ist die Nutzung der Digitalisierung für Meetings und Erhebungen. Ich kannte digitale Meetings vorher von internationalen Forschungsprojekten. Nationale Projekte wurden vor Corona aber eigentlich ausschließlich vor Ort diskutiert. Diese Weiterentwicklung finde ich toll. Wir können so mit allen Forscherinnen und Forschern in Kontakt sein, egal, wo sie sich gerade befinden.
Was die Homeoffice-Möglichkeiten angeht, können bei uns circa 40 % im Homeoffice gearbeitet werden. Gewisse Tätigkeiten - etwa die Arbeit im Labor - kann man natürlich nicht zuhause machen. Aber Auswertungen oder Versuchsbeschreibungen sind daheim in ruhiger Atmosphäre möglich. Denn wir wollen unseren Forscherinnen und Forschern die beste Umgebung für ihre Arbeit anbieten, um unseren Standort und unsere Forschung an der FH Campus Wien auch in Zukunft zu stärken.
Projekt "Linked Care": https://go.apa.at/XxZMr7IO
Zur Person:
FH-Prof.in Mag.a Dr.in Elisabeth Haslinger-Baumann ist Vizerektorin für Forschung und Entwicklung an der FH Campus Wien. Ihre Karriere führte sie von der Ausbildung zum gehobenen Dienst der Gesundheits- und Krankenpflege über Stationen als Health Care Worker in Südamerika und Asien und ihre Studien der Pflegewissenschaft sowie der Philosophie und Politikwissenschaft rasch in die Wissenschaft und an die FH Campus Wien. Nach dem Aufbau und der Leitung des Forschungszentrums für Angewandte Pflegewissenschaft von 2015 bis 2022 ist Haslinger-Baumann nun als Vizerektorin der größten Fachhochschule Österreichs für die Bereiche Forschung und Entwicklung verantwortlich. Privat zieht es sie in große Höhen. Die Leidenschaft der passionierten Bergsteigerin sind die 3.000er-Gipfel.
Service: Dieser Gastbeitrag ist Teil der Rubrik "Nachgefragt" auf APA-Science. Die inhaltliche Verantwortung liegt beim Autor/der Autorin.