Hygieneforum: Wie man Medizinprodukten den Infektions-Giftzahn zieht
Hände, Haut, Oberflächen: Mittels umfangreicher Hygienemaßnahmen können Infektionsrisiken deutlich reduziert werden. Worauf dabei zu achten ist, welche aktuellen Entwicklungen es hier gibt und was Künstliche Intelligenz (KI) dazu beitragen kann, wird Ende Juni beim Internationalen Hagleitner-Hygieneforum in Zell am See beleuchtet. Der Schwerpunkt liegt heuer auf den Medizinprodukten – vom Katheter bis zu permanenten Implantaten.
„Wir stehen generell sowohl in Europa als auch international gesehen sehr gut da, was Hygiene betrifft“, erklärte Markus Hell, Mikrobiologe und wissenschaftlicher Vorstand des Hygieneforums, gegenüber APA-Science. Das sei auch an den relativ niedrigen Zahlen bei Spitalsinfektionen und Antibiotikaresistenzen ablesbar. „Superstar“ unter den Hygienemaßnahmen bleibe auf alle Fälle die Händehygiene. „Darüber wird auch der Infektiologe Didier Pittet, der den diesbezüglichen deutschsprachigen Standard über die WHO global etabliert hat, bei dem Symposium referieren“, so Hell. Die alkoholische Händedesinfektion vor und nach dem Patientenkontakt korreliere stark mit Infektions- und Resistenzraten und sei im deutschsprachigen Raum bereits seit den 70er Jahren üblich.
Andere Länder und Regionen hätten hier erst sehr viel später nachgezogen und würden noch immer hinterherhinken. So sei diese Maßnahme von der amerikanischen Seuchenbehörde CDC erst 2004 als besserer Standard im Vergleich zum Händewaschen mit Wasser und Seife festgelegt worden. „Es bedarf einer ganzen Generation, bis das kulturell ins Verhalten einsickert“, sagte der Experte. In Europa bestehe ein starkes Nord-Süd-Gefälle, am besten sei die Händehygiene in den skandinavischen und deutschsprachigen Ländern.
Pandemie führte zu Fokus auf Maske
Während der Pandemie habe die Bedeutung etwas nachgelassen, da der Fokus plötzlich auf den Respirationstrakt gelegt worden sei – Stichwort Maske. „Das hat auch dazu geführt, dass es auf allen Intensivstationen weltweit beispielsweise zu Ausbrüchen mit antibiotikaresistenten Bakterien gekommen ist, die normalerweise durch simple Händehygiene verhindert werden konnten“, erläuterte der Mikrobiologe.
Ein weiterer Effekt sei das Überschwappen der alkoholischen Händedesinfektion auf den privaten Gebrauch gewesen, „obwohl von Anfang an klar war, dass man Influenza- und Corona-Viren durch das Waschen mit Wasser und Seife ausreichend inaktiviert“, so Hell. In den vergangenen Jahren habe sich auch gezeigt, dass durch den Einsatz von Alkohol auf Händen, Haut und Flächen Resistenzprobleme entstehen können. Hier werde inzwischen wie bei antibiotischen Substanzen ein überlegter Einsatz empfohlen.
Dennoch könne gezielt eingesetzte Desinfektion Leben retten, umso wichtiger sei es deshalb, achtsam damit umzugehen – mit entsprechender Professionalität und Expertise. Ratsam sei es, alle Aspekte zu beleuchten und den richtigen Ansatz zu definieren.
„Oberfläche“ der Patienten bleibt „Hotspot“
Ein „Hotspot“ in Hinblick auf Hygiene ist die Haut der Patientinnen und Patienten. Egal, ob intramuskuläre Injektion oder das Anlegen einer Venenkanüle: „Sobald man invasiv tätig wird, muss man Alkohol mechanisch aufbringen, die Einwirkzeit von 30 Sekunden abwarten und darf dann nicht mehr mit den Fingern oder mit der behandschuhten Hand hingreifen“, erklärte der Experte unter Verweis auf die zweitwichtigste Maßnahme nach der Händedesinfektion.
Dabei helfen könnte der Einsatz von KI, auch wenn man erst damit beginne, Potenziale auszuloten und Algorithmen anzubieten. Von den Händen und der Haut bis zu patientennahen Oberflächen, „egal, ob das die Liege in einer Ordination, das Krankenhausbett oder die Wartezone in einer Ambulanz ist“, reiche die Palette der Einsatzgebiete, so der Hygieniker. Bei den Oberflächen könnte eine KI, abgestimmt auf diagnostizierte Syndrome oder Erreger, eine wirksame Substanz für die Desinfektion vorschlagen, ohne dass Hygiene-Pläne aufwändig durchforstet werden müssten. Auch bei Konstellationen, die etwa auf ein erhöhtes Risiko für eine mögliche postoperative Protheseninfektion hinweisen, seien KI-Algorithmen möglicherweise nützlich.
Medizinprodukte als Schwerpunktthema
Der heurige Schwerpunkt der vom Salzburger Hygienehersteller Hagleitner getragenen Veranstaltung liege deshalb auf Medizinprodukten. Am meisten Sorge im Hinblick auf Infektionen machen in diesem Bereich die mit großem Aufwand permanent implantierten Medizinprodukte bei Patienten mit einem gewissen Risikoprofil, also beispielsweise hochbetagten Personen, Menschen mit Übergewicht und metabolischem Syndrom sowie erhöhtem Alkohol- und Nikotinkonsum. Bei Endoprothesen für Hüfte oder Knie habe Österreich allerdings sehr viel Expertise, was Infektiologie, Hygiene und Mikrobiologie betrifft. Grund dafür sei, dass man diese Eingriffe hierzulande quasi „unlimitiert“ durchführe, während das in anderen Ländern ab einem bestimmten Alter nicht so gehandhabt werde.
„Umso wichtiger sind Prävention und das Infektmanagement. Sonst endet das zumeist in einem Teilausbau oder Gesamtausbau des künstlichen Gelenks– trotz rechtzeitiger Diagnostik und antibiotischer Therapie“, befand Hell. Denn die Fremdkörper würden rasch mit einem Biofilm überzogen, in dem sich die Keime „verstecken“, was sie für Antibiotika unerreichbar mache. Mit jeder neuen Operation sei das Infektionsrisiko dann höher als bei der vorangegangenen.
Zusammenspiel aller Beteiligten notwendig
Angesetzt werden müsste vor allem bei der chirurgischen Intervention selbst, weil hier die meisten Infektionen stattfinden würden und nicht in der Ambulanz oder auf der Station beim Verbandswechsel. Es brauche „das ganze Konzert aus Hygienemaßnahmen und der richtigen Verabreichung des richtigen Antibiotikums mit dem richtigen Timing. Da muss die Anästhesie mitspielen, der Chirurg, die Station – alle Beteiligten – mit Checklisten und so weiter“, stellte Hell klar. Dazu komme die Umgebungssterilität und die sterile Abdeckung für das Instrumentarium.
Generell bestehe bei der elektiven, also gut planbaren Chirurgie, wie beispielsweise der Orthopädie, im Gegensatz zum traumatologischen Bereich, der sich um Akutfälle kümmere, ein geringeres Infektionsrisiko. Alles in allem sei Österreich mit einer Krankenhausinfektionsrate von rund sechs Prozent quer über alle Typen hinweg, vom Harnwegsinfekt über postoperative Wundinfektionen bis zu Beatmungspneumonie auf der Intensivstation, seit Jahren stabil. Im Zentralspital liege man etwas höher als in den Schwerpunkt- und kleineren Spitälern. „Das korreliert aber nicht mit der besseren oder schlechteren Hygiene, sondern mit dem höheren Risikoprofil der behandelten Patienten.“
Das Hygieneforum startet am 26. Juni in Zell am See und soll Hygienebeauftragten, -fachkräften und Ärzten dabei helfen, all diese Aspekte in ihren Einrichtungen in der Praxis argumentieren und anwenden zu können. „Wir haben die Expertise zu diesen Themen in Österreich zusammengezogen, was sich auch am breiten Hintergrund der Vortragenden ablesen lässt. Dieses Wissen wird kurzweilig präsentiert und intensiv diskutiert“, streicht Hell abschließend hervor.
Service: Internationales Hagleitner-Hygieneforum, „Medical Devices: Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihre Hygienikerin oder Ihren Hygieniker“, 26. bis 27. Juni 2025, Zell am See, Anmeldung unter: 8. IHHF
(Dies ist eine entgeltliche Veröffentlichung von Hagleitner im Rahmen einer Medienkooperation. Die redaktionelle Letztverantwortung liegt bei APA-Science.)