"Der Bedarf ist höher als das Angebot"
Software-Entwickler, Automatisierungstechniker, Engineering- Projektleiter, IT-Spezialisten, Roboterprogrammierer und Datenanalytiker haben beste Chancen auf einen Job bei Siemens. Kurt Hofstädter, Director Digital Strategy von Siemens Österreich, erklärt, woran die Suche nach Fachkräften derzeit hapert.
Wie viele Industriebetriebe sucht Siemens Österreich vor allem Absolventinnen und Absolventen im MINT-Bereich. Wie groß ist hinsichtlich Fachkräften bei Ihnen die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage?
Hofstädter: Wir suchen derzeit rund 100 kreative Köpfe, die mit uns die Zukunft mitgestalten. Der Bedarf an Fachkräften ist derzeit - und das geht nicht nur uns so - höher als das Angebot. Der Mangel zeichnet sich vor allem mittel- bis langfristig ab, er ist aber auch schon im letzten Jahr aufgrund der starken Konjunktur gut sichtbar geworden. Nicht für alle Stellen, die wir derzeit besetzen möchten, konnten wir geeignete Kandidaten finden, wobei dies in den Bundesländern stärker zu spüren ist als in Wien. Besonders intensiv suchen wir Software-Entwickler, Automatisierungstechniker, Engineering- Projektleiter, IT-Spezialisten, Roboterprogrammierer und Datenanalytiker. Mit unserer Lehrlingsausbildung, die auch Digitalisierungstechnologien und Produktionsformen wie 3D-Druck oder virtuelles Schweißen beinhaltet, bilden wir selbst junge Menschen zu in Zukunft sehr gefragten Facharbeiterinnen und Facharbeitern aus. Im September 2019 starten 120 Lehrlinge.
Was müsste sich in Österreich an den Rahmenbedingungen ändern, damit es wieder genug Fachkräfte gibt?
Kurzfristig sinnvoll wäre, gezielte Anwerbungsmaßnahmen für hochqualifizierte Arbeitskräfte zu starten. Mittel- bis langfristig sind wir gefordert, unser Bildungssystem zu reformieren, den MINT- Fächern eine größere Bedeutung einzuräumen und auf diese Weise die jungen Menschen möglichst frühzeitig für technische Berufe zu begeistern. Digitalisierung und Globalisierung beeinflussen und verändern viele Lebensbereiche - auch die Art, wie in Zukunft gearbeitet wird. Es braucht eine Weiterentwicklung der schulischen Digitalisierungsstrategie und der Berufsausbildung, um den Bedarf an Fachkräften in den nächsten Jahren decken zu können.
Könnte die Aktion der FH Technikum Wien, neue Studienplätze via Crowdfunding zu schaffen, beispielgebend sein? Was macht Siemens aktiv, um dem Fachkräftemangel zu begegnen?
Die Fachhochschul-Absolventinnen und -Absolventen werden von der österreichischen Industrie dringend benötigt, um den erfolgreichen Weg in die Digitalisierung fortsetzen zu können und in Österreich konkurrenzfähig zu bleiben - deshalb ist die Initiative beispielgebend und sorgt hoffentlich für viele weitere ähnliche Projekte. Wir haben viele Kooperationen mit verschiedenen Universitäten und Fachhochschulen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken: Neben der FH Technikum kooperieren wir zum Beispiel mit der TU Graz, der FH St. Pölten, mit der wir gemeinsam ein neues und österreichweit einzigartiges ausbildungsintegriertes Studium anbieten, oder der FH Salzburg. Wir setzen auf einen breiten Maßnahmen-Mix, um gemeinsam mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erfolgreich zu sein: Von "On-the-Job-Trainings" in unserem Online-Campus bis zu arbeitsplatznahen Qualifizierungen gibt es ein breites Angebot. Dazu gehört auch die Qualifizierungsförderung für Beschäftigte. Sehr wichtig ist uns, Frauen stärker für die Technik zu begeistern. Seit mehr als 40 Jahren bilden wir junge Frauen in technischen Berufen erfolgreich aus, sind Gründungsmitglied des Töchtertags und haben ihn 2018 auch erstmals für externe Besucherinnen geöffnet. Nicht zuletzt bilden wir derzeit österreichweit rund 400 Lehrlinge aus.