Klima-Glossar: Moore
Ihre Bedeutung für die weltweite CO2-Bilanz wurde lange unterschätzt. Doch obwohl Moore mit rund 4 Millionen Quadratkilometern nur etwa 3 Prozent der Landoberfläche der Erde ausmachen, sind sie - die Schätzungen differieren - für rund ein Drittel des insgesamt im Boden gebundenen Kohlenstoffs verantwortlich: 400 bis 500 Gigatonnen. Werden Moore trockengelegt, gelangt Sauerstoff an den aus unvollständig zersetzten Pflanzen gebildeten Torf und der Kohlenstoff wird frei.
Moore wachsen sehr langsam, da sie das jedoch bereits seit der letzten Eiszeit vor 12.000 Jahren tun, haben sie oftmals eine Mächtigkeit von vielen Metern und als Grundwasserfilter und Wasserspeicher ebenso eine wichtige Bedeutung wie - dank vieler seltenen und hoch spezialisierten Pflanzen- und Tierarten - für die Biodiversität. Ihre Speicherkapazität für CO2 ist unübertroffen: So speichern sie weltweit doppelt so viel Kohlenstoff wie Wälder, die die zehnfache Ausdehnung haben. Als Kohlendioxid-Senken sorgen sie langfristig für Kühlung - auf 0,6 Grad schätzt der deutsche Biologe Hans Joosten, emeritierter Professor für Moorkunde und Paläoökologie, diesen Effekt auf das Weltklima. Ihre Ökosysteme produzieren zwar das ebenfalls klimaschädliche Methan, dieses wird in der Atmosphäre jedoch schneller abgebaut.
Hohes klimatisches Risiko
Global gesehen nehmen die Flächen intakter Moore durch menschliche Eingriffe zwar weniger schnell ab als etwa Tropenwaldflächen, doch nicht nur menschliche Eingriffe wie Entwässerung zur landwirtschaftlichen Nutzbarmachung der Böden oder Torfabbau gefährden ihren Bestand, sondern auch der Klimawandel mit höheren Temperaturen und dramatischeren Wetterereignissen. In Österreich sind 85 Prozent der Hochmoore bis Mitte des Jahrhunderts "einem hohen klimatischen Risiko ausgesetzt", zeigt eine Modellrechnung des Umweltbundesamtes. Global gesehen gilt das Auftauen der Permafrostböden, die sich unter vielen riesigen Moorflächen der borealen und arktischen Klimazonen befinden, als große Gefahr. So könnte ein Kreislauf in Gang kommen, der sich zunehmend beschleunigt. Aus diesen Gründen ist etwa im Pariser Klimaabkommen die Wiedervernässung aller gefährdeten Moorgebiete bis 2050 vorgesehen - für Europa wären das 1 Mio. Hektar, für die gesamte Welt 2 Millionen Hektar.
In Europa, schätzt Joosten, sind 20 Prozent des ursprünglichen Moorbestands zerstört und über die Hälfte gefährdet. In Deutschland sind trockengelegte Moore für geschätzte zwei bis drei Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. Weltweit soll die Moorzerstörung für mehr CO2-Ausstoß sorgen als der internationale Flugverkehr. Die flächenmäßig dramatischsten Zerstörungen passieren derzeit in Südostasien, Neuguinea, Amazonien und Westafrika, wo auf trockengelegten Flächen etwa Ölpalmen-Plantagen angelegt werden. In Ruanda wurde 2017 ein erstes torfbefeuertes Kraftwerk errichtet, aber auch die hierzulande übliche Nutzung von Torf im Garten und beim Gemüseanbau ist mehr als fragwürdig. Stattdessen werden Paludikulturen propagiert, schonende Nutzungen der Torfböden, bei denen kein Kohlenstoff freigesetzt wird.
90 Prozent der Moorfläche verloren
In Österreich sind laut WWF 90 Prozent der einstigen Moorfläche verloren. Schätzungen sprechen von einem derzeitigen Bestand von rund 3.000 Mooren mit einer Gesamtfläche von 21.000 bis 30.000 Hektar, die meisten davon im Salzburger und oberösterreichischen Alpenvorland, im Rheintal und im Bregenzerwald, in der Obersteiermark und im Klagenfurter Becken. Zwei Drittel der Moore sollen bereits gestörte Wasserhaushalte aufweisen. In der im Februar dieses Jahres vom Landwirtschaftsministerium veröffentlichten "Moorstrategie 2030+" wird die Speicherung der heimischen Moore auf 30 Mio. Tonnen Kohlenstoff geschätzt: "Dies entspricht dem mehr als 1,3-fachen der jährlichen Kohlendioxid-Freisetzung Österreichs." In der 2011 veröffentlichten Studie von WWF, Bundesforsten und Umweltbundesamt "Moore im Klimawandel" heißt es: "Alles zusammengerechnet ist Moorschutz eine der kostengünstigsten Klimaschutzmaßnahmen überhaupt."
In der "Moorstrategie 2030+" bekennen sich Bund und Länder daher zu einer Strategie der Wiederherstellung und des Schutzes der Moore. Eine fast gleichzeitig veröffentlichte Studie von WWF und ÖKOBÜRO zeigte jedoch auf, dass in der Praxis häufig Ausnahmegenehmigungen für die Nutzung erteilt werden und in behördlichen Verfahren nur selten berücksichtigt wird, dass Österreich das Bodenschutz-Protokoll der Alpenkonvention unterzeichnet hat, in dem in Artikel 9 die Unterzeichner zur Erhaltung der Moore verpflichtet werden.
Service: https://www.bundesforste.at/uploads/publikationen/Studie_Moore_im_Klimawandel_2010_01.pdf ; https://info.bml.gv.at/service/publikationen/wasser/moorstrategie-oesterreich-2030.html