"Mit Sicherheit sauberes Wasser"
Wer oft im Ausland unterwegs ist, weiß es zu schätzen, daheim in Österreich seinen Durst am nächsten Wasserhahn bedenkenlos stillen zu können. In vielen Ländern ist dies aus hygienischen Gründen nicht selbstverständlich. Oft hindert uns der starke Geruch nach Chlor, den wir in Österreich im Trinkwasser kaum kennen, einen kräftigen Schluck zu machen. Vielerorts ist nicht einmal sicher, ob Wasser aus dem Hahn tropfen wird. In Österreich, einem der wasserreichsten Länder Europas, sind wir mit Trinkwasser sehr gut versorgt. Wir können es uns leisten, täglich pro Person 135 Liter Trinkwasser zu verbrauchen. 90 Prozent der Bevölkerung erhalten ihr Trinkwasser aus einem zentralen Versorgungssystem, 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr. In den meisten Fällen ist das Rohwasser von so hoher Qualität, dass es nicht einmal aufbereitet werden muss.
Dennoch ist die Trinkwasserversorgung ein leicht verletzbares System. Weltweit verursacht verseuchtes Trinkwasser viele Krankheitsfälle, mitunter sogar Todesfälle. Auch in Österreich kommt es immer wieder vor, dass die Qualität des Trinkwassers beeinträchtigt wird. In Folge der Hochwasserereignisse im Juni 2013 gab es in einigen Regionen Warnungen, nur abgekochtes Leitungswasser zu konsumieren. Zusätzlich zu Naturgewalten wie Hochwässer, Lawinen und Muren, die zur Verunreinigung von Rohwässern führen oder Teile der Infrastruktur beschädigen, gibt es eine Reihe weiterer Szenarien, die die Sicherheit der Wasserversorgung gefährden können. Dazu zählen:
• Unfälle beim Transport wassergefährdender Stoffe, durch die Rohwässer verunreinigt werden
• Korrosion von Leitungssystemen, Rückspülung von Schadstoffen aus toten Leitungsabschnitten
• Menschliches Versagen
• Ausfall der Energieversorgung
• Ausfall oder Manipulation der Steuerungssoftware (Cyber-Attacken)
• Vorsätzliche Verunreinigung (Anschläge).
Tritt nun ein Bedrohungsszenario ein und wird ein Wasserkörper, der zur Entnahme von Trinkwasser verwendet wird, verunreinigt, gilt es, die Verschmutzung rasch zu erkennen und die Ursache zu identifizieren um Gegenmaßnahmen ergreifen zu können.
Aufgabe der Sicherheitsforschung ist es, Lösungsansätze zu erarbeiten, um die Wasserqualität gegen Gefahren abzusichern und im Fall einer Kontamination Maßnahmenpläne zu entwickeln, mit denen gegengesteuert werden kann. Zeit spielt dabei eine enorme Rolle, da zwischen dem Erkennen eines Problems und dem Vermeiden einer Krise meist wenig Zeit bleibt. In den letzten Jahren wurde eine Reihe von Sensoren entwickelt, die eine Änderung der Wasserqualität durch kontinuierliche Messung verschiedener Charakteristika unmittelbar anzeigen können. Lernfähige Software, die weitere Informationen (z.B. Konsumentenbeschwerden) in die Auswertung integrieren kann, hilft, Wasserversorger frühzeitig zu warnen. Österreichische Hersteller sind auf diesem Gebiet Marktführer. Mit Hilfe mathematischer Modelle können ExpertInnen Schlüsselpunkte ermitteln, an denen die Wasserqualitätssensoren optimal im Versorgungsnetz verteilt sind. Dadurch kann auch in komplexen Netzwerken im Ernstfall die Quelle der Verunreinigung rückverfolgt werden. Werden zusätzlich lokale Gefahrenlagen und Schwachstellen in der Infrastruktur berücksichtigt, verringern sich die Eintrittswahrscheinlichkeit und die Folgen der Verunreinigung. Modelle dazu wurden in Österreich entwickelt.
Zusätzlich zu Frühwarnsystemen lernen ForscherInnen und Verantwortliche aus bewältigten Krisen. Die Sicherheitsforschung leistet dazu einen wesentlichen Beitrag, indem Krisensituationen und ihre Folgen genau analysiert werden. AQUASEC-AUT, ein Projekt, das vom Umweltbundesamt geleitet und durch das Sicherheitsforschungsprogramm KIRAS gefördert wurde, hat Wasserversorger zu bewältigten Krisen befragt und weitere Informationen zur Vorbereitung auf Krisen erhoben. Als Ergebnis wurde vorgeschlagen, in Österreich ein Krisenlabor-Netzwerk zu etablieren, das unbekannte Kontaminationen rasch identifizieren kann.
Auf Netzwerke setzt man auch auf europäischer Ebene: Im Projekt „European Reference Network for Critical Infrastructure Protection (ERNCIP)“ wird nach Möglichkeiten gesucht, den europäischen Markt für Sicherheitsprodukte zu stärken um kritische Infrastrukturen, wie z.B. die Wasserversorgung, vor jeder Art von Bedrohung und Gefahr zu schützen. Das Thema Wasser wird vom Umweltbundesamt koordiniert.
Der verantwortungsvolle Umgang mit Wasser und der Schutz dieser unverzichtbaren Ressource haben in Österreich eine lange Tradition. Beiträge aus der Sicherheitsforschung österreichischer Universitäten, Firmen und öffentlicher Einrichtungen helfen, auf Gefahren vorbereitet zu sein und im Ernstfall rasch reagieren zu können. Damit wir weiterhin unbesorgt Wasser aus der Leitung trinken können.