Licht aus? - Forscher quantifizieren Blackout-Folgen
Mit dem Stromnetz ist es so eine Sache: Fließt der Strom, nimmt man davon meist keine Notiz. Gibt es aber einen Ausfall, wird schnell klar, wie sehr alltägliche Tätigkeiten von der Energie aus der Steckdose abhängen. Aufgrund der guten heimischen Netzinfrastruktur sind Blackouts vor allem in städtischen Gebieten seit Jahrzehnten selten. Vor dem Hintergrund eines komplexeren und dezentraler aufgebauten Netzes könnte sich die Ausfall-Wahrscheinlichkeit aber zukünftig erhöhen. Im Rahmen eines Forschungsprojekts erarbeiteten Wissenschafter ein Konzept, anhand dessen die Folgen von Ausfällen vorausberechnet werden können.
In Österreich gibt es alljährlich ungefähr 10.000 Stromausfälle, "wobei da jeder Mini-Ausfall mitgezählt wird", erklärt Johannes Reichl vom Energieinstitut an der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz im Gespräch mit APA-Science. "Spannender ist aber, dass wir im Jahr durchschnittlich 30 Minuten keinen Strom haben". Das sei international ein absoluter Spitzenwert, so der Leiter der im Rahmen des Sicherheitsforschungsprogramms "KIRAS" durchgeführten Projekte "BlackÖ.1" und "BlackÖ.2".
Fragiles Gleichgewicht
Im ersten Projektteil wurde die aktuelle Einspeise-, Verteilungs- und Verbrauchssituation erhoben. Bleiben diese Parameter auf aktuellem Stand, "haben wir eine sehr gute Versorgungssicherheit", so Reichl. Die Untersuchungen hätten aber gezeigt, dass hier ein fragiles Gleichgewicht bestehe. "Sobald sich eine dieser Komponenten ändert, kann es relativ rasch zu kritischen Situation kommen", erklärt der Experte.
Damit die aktuell hohe Ausfallsicherheit erhalten bleibt, müssten beim Umbau zum "Smart Grid" viele Sicherheitsaspekte mitbedacht werden. Durch die Produktionsschwankungen bei Wind- und Solarenergie stoßen die zunehmend komplexeren Netze immer häufiger an ihre Grenzen - es braucht viel mehr Technologie, um sie zu managen. "Jede Form zusätzlicher Vernetzung ist immer auch ein möglicher zusätzlicher Angriffspunkt und eine Fehlerquelle", gibt Reichl zu bedenken.
Versorgungssicherheit kein Selbstläufer
In den vergangenen 30 bis 40 Jahren sei die Illusion aufgebaut worden, dass die Versorgung zu jeden Zeitpunkt sicher sei. "Gerade durch die Verschränkung von IKT-Systemen mit dem konventionellen Stromnetz, ändert sich die Situation jetzt ein wenig". Dass die Ausgestaltung der Netze in Bewegung geraten ist, wäre der Bevölkerung nur teilweise bewusst, wie die Forscher in Befragungen herausgefunden haben.
"Was als erstes auffällt, ist, dass die Menschen - auch absolut zurecht - ein wenig naiv mit dem Thema umgehen", so Reichl. In Bezug auf Ausfälle sei zwar relativ klar, wie die unmittelbaren Folgen, wie Dunkelheit und Stillstand von elektrischen Geräten aussehen. "Im Fall von lang andauernden Ausfällen zwingen uns aber andere Entwicklungen in die Knie. Das Problem sind die nachgelagerten Infrastrukturen - dass uns nämlich irgendwann das Wasser ausgeht und der Verkehr stillsteht." Diese Zusammenhänge seien vielen Menschen noch nicht bewusst.
Blackout-Prävention für eine Handvoll Euro
Die Wissenschafter hatten Studienteilnehmern auch Blackout-Szenarien vorgelegt und dann abgefragt, was sie für deren Vermeidung auszugeben bereit wären. Reichl: "Im Durchschnitt würde die österreichische Bevölkerung pro Haushalt 17 bis 20 Euro ausgeben, um einen 24-stündigen Ausfall zu vermeiden. Das Ziel der Analyse ist es aber nicht, jetzt herzugehen, und zu sagen: 'So liebe Leute, ab heute bezahlt ihr mehr'." Es geht den Forschern eher darum herauszufinden, ob der Bevölkerung klar ist, welches wertvolle Gut diese Versorgung darstellt.
Was kostet ein Ausfall?
Das Herzstück des bisherigen Projekts bildet ein Simulationsmodell, mit dem der ökonomische Schaden durch einen Stromausfall pro Bundesland berechnet werden kann. "Wir haben eine Datenbasis geliefert, mit der man Investitionen in die Versorgungssicherheit den Schäden, die im Fall der Fälle auftreten, gegenüberstellen kann", so der Forscher. So könne man auch in der Diskussion über teure Sicherungsmaßnahmen Kosten und Nutzen transparenter darstellen. Momentan bauen die Wissenschafter die Simulation europaweit aus.
Nun gehe es darum, herauszufinden, wo die Infrastruktur im Sinne der Blackout-Prävention erneuert und verbessert werden sollte. Die Computermodelle, mit denen das heimische Netz so realitätsnahe, wie möglich durchgetestet werden soll, werden momentan vorbereitet. Dafür nützen die Wissenschafter umfangreiche Informationen von Projektpartnern, wie Linz Strom Netz GmbH, Energie-Control Austria, Austrian Power Grid, Vorarlberger Energienetze und Wien Energie. "Wir haben dadurch die Möglichkeit, das echte österreichische Netz im Computer nachzubauen", freut sich Reichl. So könnten dann verschiedenste Zukunftsszenarien, deren Folgen und das Krisenmanagement exakt durchgespielt werden.
In einer Art "juristischen Simulation" sollen zusätzlich für diverse Blackout-Szenarien Abfolgen von Zuständigkeiten durchgespielt werden. Im Laufe des Projekts sei nämlich klar geworden, dass es dafür noch kaum verbindliche Kommunikationspläne gibt.
Von Nikolaus Täuber / APA-Science
Service: Über die Projekthomepage kann die Simulationssoftware heruntergeladen werden: http://energyefficiency.at/web/projekte/blacko.html.