Licht als Sensor
Mit der neuen Infrastruktur von MATERIALS – Institut für Oberflächentechnologien und Photonik der JOANNEUM RESEARCH wird daran geforscht, in vernetzten Systemen dem Licht neue Funktionalitäten zuzuweisen. Dabei werden Leuchtkörper mit Sensoren ausgestattet aber auch das Licht selbst zur Erfüllung von Sensorik-Aufgaben eingesetzt, um neuartige Anwendungen mittels vernetzter Lichtinfrastruktur zu entwickeln.
Beispiele sind die Lokalisierung von Personen im Innenbereich, etwa auf Flughäfen, in Supermärkten oder auch in Wohnungen und die auf der präzisen Lokalisierung aufbauenden Anwendungen der Navigation oder kontextbasierter Informationsbereitstellung. Ein weiteres Einsatzgebiet ist die Steuerung und das Monitoring der Geschwindigkeit und Bewegung von Industrierobotern oder das Tracking von Waren oder Personen. Im Bereich des Active and Assisted Living (AAL) ergeben sich ebenfalls zukunftsweisende Möglichkeiten, da etwa Stürze erkannt werden können, ohne auf Videoüberwachung zurückgreifen zu müssen. Doch nicht nur in Gebäuden, sondern auch Fahrzeuge können mittels sichtbarem Licht mit einem anderen Fahrzeug oder mit der Verkehrsinfrastruktur kommunizieren.
Es werde Licht, das obligatorische Licht am Ende des Tunnels oder es geht uns ein Licht auf. Zahlreiche Sprichwörter drehen sich um das Thema Licht. Licht ist mehr als eine reine Beleuchtungs- oder Wärmequelle, Symbol der Hoffnung oder Ausdruck eines genialen Einfalls. Rund 10 Experten forschen in der Forschungsgruppe Smart Connected Lighting in Pinkafeld an vernetzten Lichtlösungen. Dafür stehen drei top ausgestattete Laborräume zur Verfügung: Licht- und Integrationslabor, Elektroniklabor und das Smart Connected Lighting Application Lab. Die Infrastruktur wird in Kooperation mit Partnern aus Wirtschaft und Forschung für messtechnische Charakterisierungen von Displays und Lichtquellen, für Elektronikentwicklung und -design sowie für vernetzte Testaufbauten genutzt.
Die Infrastruktur wird verstärkt durch den gesamtheitlichen Ansatz der Forschungsgruppe. Wir entwickeln Lösungen, die statt auf übertriebener technologischer Komplexität auf kostengünstigen smarten Ansätzen beruhen. Aktueller Forschungsgegenstand ist, wie die Bedeutung von Licht durch das Erweitern mit zusätzlichen Funktionalitäten gesteigert werden kann. Die neuen Technologien Visible Light Communication, Visible Light Positioning und Visible Light Sensing erfordern einen interdisziplinären Ansatz.
Der Telematiker Andreas Weiss erklärt: „In einem unserer aktuellen Forschungsprojekte setzen wir uns mit der Realisierung von Gestenerkennung mit Hilfe reflektierender Armbänder auseinander. Mit den erkannten Gesten können Steuerungsfunktionen, die z.B. das Licht steuern oder die Lichtfarbe verändern, ausgeführt werden. Durch Einbettung der Leuchtkörper in eine Smart-Home-Umgebung sind dadurch aber auch die Steuerung anderer Aktoren, z.B.: Rolläden etc., einfach realisierbar. Diese Technologie erlaubt es, ohne die Notwendigkeit für ein weiteres tragbares Gerät eine neuartige komfortable Benutzerschnittstelle zu realisieren. Da in den Anwendungen des Visible Light Sensings die vorhandene Grundfunktion der Beleuchtung erhalten bleibt und eine zusätzliche Funktion ohne großen Aufwand bereitgestellt werden kann, sind solche Systeme wesentlich nachhaltiger als herkömmliche Systeme.“
Die teilweise notwendige Modulation der Intensität der Lichtquelle bei Anwendungen der Visible Light Communication, des Visible Light Positionings und des Visible Light Sensings finden jedenfalls jenseits der Wahrnehmungsschwelle des menschlichen Auges statt, wodurch gewährleistet wird, dass keinerlei Helligkeitsschwankungen oder Flimmern wahrgenommen werden. Die Basisfunktion der Beleuchtung bleibt dabei immer erhalten.
Die Forschungsgruppe beschäftigt sich auch mit nicht-visuellen Effekten von Licht, auch Integrative Lighting genannt. Bestimmte Lichtintensitäten und Lichtfarben haben positiven Effekte auf das Wohlbefinden von Menschen, aber auch von Tieren bzw. auf das Wachstum von Pflanzen. Unsere Experten ermöglichen es, diese Lichtsituationen möglichst genau und stabil herzustellen. Weiss: „Die richtige Lichtzusammensetzung führt zum Beispiel dazu, dass bei Tieren die Dosis der Medikamente, die sie bekommen, reduziert werden kann. In Gewächshäusern führt es zu größerem und schnellerem Wachstum.“
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Die Forschungsgruppe bietet drei weitere Anknüpfungspunkte für Wirtschaft und Industrie: Die optische Messtechnik im Lichtlabor für messtechnische Charakterisierungen von Lichtquellen.
Des Weiteren das Design und die Entwicklung von Beleuchtungselektronik inklusive deren Fertigung vom Labormuster bis zum Prototypenstatus. Andreas Kröpfl: „Zurzeit forschen wir an der Realisierung von Sensorfunktionalitäten mittels Licht, ein Thema das zunehmend an Bedeutung gewinnt. In dieser neuen Technologie ist noch sehr viel Grundlagenforschung nötig. In Kooperation mit Kunden entwickeln wir die Technologie weiter und demonstrieren vom Labormuster bis zur Prototypenentwicklung die Umsetzung.“
Im Entwicklungsprozess gibt es begleitend viele Iterationen, in denen messtechnisch geprüft werden muss, ob die Elektronik verlässlich und sicher ist. Das erfolgt im Bereich der Elektronischen Messtechnik mit Temperaturprüfschrank, EMV Messausrüstung, Spektrumanalysatoren, Oszilloskopen und vielem mehr.
Andreas Weiss studierte in Graz Telematik mit dem Schwerpunkt Automotive Elektronik, danach machte er an der Universität Klagenfurt den Doktor in Informationstechnik. Anschließend war er fünf Jahre lang in der Industrie, in der Forschung und Entwicklung eines Messtechnikherstellers beschäftigt. Seit September 2018 ist er bei der JOANNEUM RESEARCH in Pinkafeld tätig.
Die JOANNEUM RESEARCH Forschungsgesellschaft mbH entwickelt Lösungen und Technologien für Wirtschaft und Industrie in einem breiten Branchenspektrum und betreibt Spitzenforschung auf internationalem Niveau. Bestens eingebettet in das nationale und internationale Innovationsnetzwerk erarbeiten die Forscherinnen und Forscher Innovationen in den drei Themenbereichen Informations- und Produktionstechnologien, Humantechnologie und Medizin sowie Gesellschaft und Nachhaltigkeit.
Unter Einsatz moderner, auf Miniaturisierung, Integration und Werkstoffoptimierung beruhender Technologien und Verfahren bietet MATERIALS – Institut für Oberflächentechnologien und Photonik interdisziplinare Lösungsansätze für die gesamte Wertschöpfungskette. Dazu zählen großflächige Mikro- und Nanostrukturen, Bio- und Chemosensoren, Lichttechnologien, funktionalisierte Oberflächen oder Laserprozesse.
Rückfragehinweis: DI Dr. Andreas Weiss JOANNEUM RESEARCH Forschungsgesellschaft mbH MATERIALS – Smart Connected Lighting Telefon: +43 316 876-3605 E-Mail: andreas-peter.weiss@joanneum.at