St. Anna Kinderkrebsforscher wollen Krebsprotein stoppen
Schwachstellen von Tumorerkrankungen aufspüren, die vom Krebsprotein "MYC" ausgelöst werden - das ist das Ziel eines neuen, vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekts an der St. Anna Kinderkrebsforschung. Projektleiter und Molekularbiologe Davide Seruggia und sein Team wollen die Überaktivität von MYC drosseln.
Das Protein MYC fördert unter anderem Leukämien und Neuroblastome, zwei der häufigsten Krebsarten im Kindesalter. Das zugehörige Gen von MYC wird für die Regulierung des Zellwachstums gebraucht, kann bei übermäßiger Aktivierung allerdings Krebs verursachen. Wie MYC gehemmt werden kann, ist noch weitgehend unbekannt. Das neue Projekt von Seruggia an der St. Anna Kinderkrebsforschung soll genau das herausfinden. Weitere Kooperationspartner sind das Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) sowie die Harvard Medical School (USA). Die Wissenschafterinnen und Wissenschafter untersuchen dafür den Eiweißkomplex SAGA, der die Produktion und Aktivität von MYC beeinflusst.
Krebs da treffen, wo es weh tut
MYC zählt zu den Master-Transkriptionsfaktoren, die bestimmte Abschnitte in der DNA an- und abschalten. So aktiviert oder unterdrückt das Protein selektiv hunderte von Genen und könne die Zellidentität, Differenzierung und sogar die Tumorentstehung steuern. Um diese Funktionen auszuführen, sei MYC auf den Ko-Faktor SAGA angewiesen. "Wir charakterisieren Schlüsselbestandteile des SAGA-Komplexes, um jene Bereiche zu erkennen, die für die Krebsentstehung am wichtigsten sind. Solche Bereiche könnten als Ziel für neue Medikamente zur Behandlung von MYC-gesteuerten Krebsarten dienen", erklärt Seruggia.
Vorläufige Experimente mit Mäusen hätten laut dem Forscher gezeigt, dass MYC bei der Bindung an seine Zielgene beeinträchtigt ist, wenn zwei spezifische SAGA-Komponenten entfernt werden. Das Forschungsteam vermutet nun, dass das gleiche auch bei Krebszellen der Fall sein könnte.
SAGA zerlegen wie einen Automotor
Gesucht wird nach Methoden, wie SAGA-Komponenten für die Hemmung der Überaktivität von MYC in menschlichen Krebszellen eingesetzt werden können. Dabei wird ein dreistufiger Ansatz verwendet, den Seruggia mit dem Zerlegen eines Automotors vergleicht: "Zunächst suchen wir nach genetischen Mutationen in allen 20 Teilen des Motors, wobei der Motor für den SAGA-Komplex steht. Als zweites untersuchen wir die Leistung, also die Chromatinfunktion, des Motors und schauen, was passiert, wenn wir jedes seiner 20 mechanischen Teile einzeln entfernen. Und als drittes sehen wir uns an, wie diese Maschine aus Proteinen aufgebaut ist und wie wir deren Aufbau blockieren können." Im letzten Schritt werde schließlich auch geprüft, ob bestimmte Medikamente den Aufbau von SAGA verhindern und somit als potenzielle Therapie gegen MYC-gesteuerte Krebsarten in Frage kommen.