Pilze befallen Ameisen vorzugsweise inkognito
Damit die Genossinnen einer Ameise sie nicht emsig herunterputzen, bevor sie ihr Opfer nachhaltig befallen können, suchen Pilzsporen diese sozialen Tiere vorzugsweise inkognito heim, berichten niederösterreichische Biologen: Sie verringern die Menge eines Pilz-typischen Hüllstoffes und somit ihre Erkennbarkeit. Die Hygienemaßnahmen der Opfer-Gemeinschaft beeinflussen demnach das "Verhalten" des Krankheitserregers, so die Forscher im Fachjournal "Nature Ecology and Evolution".
"Pilze infizieren die Ameisen von der Körperoberfläche aus und wachsen schließlich im Wirtskörper weiter", so die Forscher um Sylvia Cremer vom Institute of Science and Technology Austria (ISTA) in Klosterneuburg in einer Aussendung. Die Insekten werden krank, der Pilz tötet sie schließlich und produziert neue Sporen, die sich dann vom Kadaver weg ausbreiten. "Die Pilzsporen werden aber meist von Nestgenossinnen abgeputzt, bevor sie überhaupt eine innere Infektion verursachen können", erklären die Wissenschafter.
Bei Ameisenpflege geht der Pilz in Massenproduktion
Sie ließen krankheitserregende "Metarhizium"-Pilze Argentinische Ameisen (Linepithema humile) befallen und hielten die Insekten dann entweder von ihren Genossinnen getrennt in "Quarantäne" oder ließen zu, dass Koloniemitglieder sie pflegten. Bei den umsorgten Ameisen steigerten die Krankheitserreger die Sporenproduktion massiv im Vergleich zu den Pilzen bei isolierten Insekten, wo sie deren Körperoberfläche ungehindert überwuchern konnten, so Cremer: "Die erhöhte Sporenproduktion hilft dem Pilz, der sozialen Sporenentfernung entgegenzuwirken."
Die Ameisen verringerten jedoch unvermittelt ihre Pflegeaktivitäten und putzten weniger Sporen ab, berichtet sie: "Das deutete darauf hin, dass sie die Sporen plötzlich nicht mehr so gut erkannt haben". Biochemische Analysen der Pilze zeigten, dass ein charakteristischer Bestandteil ihrer Oberflächen (Membranen) stark verringert war, nämlich "Ergosterol". Dies ist ein essenzieller Baustoff aller Pilze und daher ein "Pilzerkennungsmerkmal", schreiben die Forscher.
Sie setzten die Ameisen purem Ergosterol oder einer sehr ähnlichen, aber von Tieren stammenden Substanz aus. "Nur der Pilz-spezifische Stoff löste intensives Putzverhalten aus", heißt es. "Die Krankheitserreger reagieren also auf die Anwesenheit von pflegenden Ameisen, indem sie charakteristische Signale reduzieren", so die Forscher. Dann werden sie nicht mehr als Gefahr wahrgenommen und können der "sozialen Immunität" der Kolonie entgehen.
Service: https://dx.doi.org/10.1038/s41559-023-01981-6