Gesundheitstage - Digital-Nutzen fern, Vertrauen akut gefordert
Covid-19 hat die Tendenzen zur Digitalisierung aller Lebensbereiche enorm beschleunigt. Das Problem: Viele Menschen haben wenig Vertrauen in diese Technologien. Ein Zurück allerdings dürfte es auch nicht geben. Österreich hätte mit seinen abgesicherten Gesundheitsdaten eine enorme Chance für die Zukunft, erklärten Fachleute beim Digital Health Symposium als Vorveranstaltung der Praevenire Gesundheitstage in Seitenstetten (18. bis 20. Mai).
"Der Nutzen der Auswertung von Gesundheitsdaten ist ferne, das Vertrauen wird aber sofort gefordert. Das ist anders als bei kommerziellen Apps, wo der Nutzen nah und die wahrgenommenen Risiken ferne sind", fasste Reinhard Riedl (Fachhochschule Bern) die Stimmungslage bei einem Teil der Menschen zusammen, welche der Digitalisierung auch im Gesundheitsbereich skeptisch, ablehnend oder gar feindlich gegenüber stehen.
Digitalisierung nicht mehr rückgängig zu machen
Dabei ist gerade in den vergangenen Jahren auch im österreichischen Gesundheitswesen durch die Pandemie etwas in Gang gekommen, was nicht mehr rückgängig zu machen ist. "Mit Covid-19 ist es zu einer Beschleunigung der Transformation in Richtung Digitalisierung gekommen", sagte Peter Parycek, Fachmann für E-Governance an der Donau-Universität Krems.
Man müsse aber einrechnen, dass die Digitalisierung aller Lebensbereiche nicht jeweils gleichzeitig erfolge. "Zuerst war der Online-Einkauf. Vom Reisen geht es jetzt weiter in die Gesundheit", sagte Parycek. "Digitalisierung findet statt - an bestimmten Stellen. Von einer Bruchstellen freien (digitalisierten; Anm.) Welt sind wir aber noch weit entfernt."
Dabei hätte es auch schon vor der Pandemie Bereiche im österreichischen Gesundheitswesen gegeben, in denen eine Digitalisierung Potenziale gehabt und Fragen aufgeworfen hätte. Parycek: "Schon vor Covid-19 gab es zu wenige Ärzte in ländlichen Gebieten. Wie geht man mit Online-Apotheken um?"
Chance für Österreich
Gerade Österreich hätte jedenfalls eine riesige Chance, was die Nutzung von pseudonymisierten oder anonymisierten Gesundheitsinformationen betreffe, weil im Grunde die Bundesländer als öffentliche Körperschaften mit entsprechend abgesicherten Systemen im Besitz der Informationen seien, zum Beispiel als Krankenhausträger. Im Gegensatz zu privaten Unternehmen sei hier Datenschutz eine Grundbedingung. Und das österreichische Gesundheitswesen, besonders die Krankenhäuser, seien eben noch nicht privatisiert worden wie beispielsweise in der Schweiz oder in Deutschland.
"Wir haben hier in Österreich eine einzigartige Chance, abgesicherte Datenräume für die Forschung zur Verfügung zu stellen. Die Grundlage für Künstliche Intelligenz sind eben Daten", sagte der Experte. Überhaupt werde die Ära nach Covid-19 ganz andere gesellschaftliche Bedingungen schaffen, auch im täglichen Arbeitsleben. Parycek: "Der Grundsatz 'Führen über Ziele' ist präsenter denn je. Wenn sich Teams auflösen, ist mit "Kommandieren und Kontrollieren" nichts mehr anzufangen.