CO2-Steuer muss sozial gerecht sein
Im Forschungsprojekt BALANCE (ACRP B769944), gefördert vom Klima- und Energiefonds, wurden die sozialen Wirkungen klimapolitischer Maßnahmen untersucht. Anna Eisner, Veronika Kulmer und Dominik Kortschak von LIFE, dem Institut für Klima, Energie und Gesellschaft der JOANNEUM RESEARCH, fokussierten dabei auf die Themen Energie- und CO2-Steuern in Österreich.
Neben dem positiven Beitrag zur Emissionsreduktion muss eine CO2-Steuer auch noch andere Kriterien treffen: nämlich sozial gerecht und gesamtwirtschaftlich effizient sein. "Wir haben in einem mehrstufigen Ansatz auf Haushaltsebene die Verteilungseffekte einer CO2-Steuer auf fossile Energieträger in Österreich untersucht und die Eignung staatlicher Rückvergütungsmaßnahmen zur Abmilderung negativer sozialer Effekte bewertet. Durch die Simulation von stilisierten, separaten Preiserhöhungen haben wir ermittelt, wie sich die Verteilungseffekte in Abhängigkeit vom besteuerten Energiegut, den Wohnungseigenschaften und der Soziodemographie unterscheiden", erklärt Veronika Kulmer den Projektansatz. Und weiter: "Simuliert man basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen ein CO2-Steuer-Szenario, erkennt man, wie wichtig eine zielgerichtete Kompensation ist, um negative Effekte abzumildern und eine Verstärkung der Ungleichheit in der Gesellschaft zu vermeiden."
Im Detail zeigen die Ergebnisse ein klar regressives Verhalten einer CO2-Steuer. Das bedeutet, dass untere Einkommensschichten relativ gesehen wesentlich stärker als höhere Einkommensschichten besteuert würden, wobei sich je nach Haushaltscharakteristiken und Gebäudeeigenschaften das Ausmaß der Effekte und der Wirkungskanal stark unterscheiden: (i) die finanzielle Belastung ist bei Haushalten in ländlichen Regionen höher als bei jenen in städtischen Gebieten, (ii) das Alter der Haushaltsmitglieder spielt eine Rolle, wobei ältere Haushalte vulnerabler sind als jüngere, was auf das verwendete Heizsystem und das Alter des Gebäudes zurückzuführen ist, und (iii) Paare mit Kindern sind überproportional stärker betroffen, was vor allem auf den Preisanstieg bei Kraftstoffen zurückzuführen ist.
"Basierend auf diesen Erkenntnissen haben wir verschiedene staatliche Rückvergütungsmaßnahmen konzipiert. Diese Transfers zielen darauf ab, die regressiven Effekte des CO2-orientierten Steuersystems abzumildern", erklärt Kulmer. Wie sieht das im Detail aus? Die Transfers berücksichtigen verschiedene Aspekte der Haushaltsheterogenität wie Einkommen, Anzahl der Personen im Haushalt, Wohnort oder vulnerable Gruppen, und werden mit einem einfachen pauschalen Geldtransfer (Öko-Bonus) verglichen. Jeder alternative Transfer ist in der Lage, die Gleichheit zu erhöhen und negative Wohlfahrtseffekte abzufedern. "Obwohl ein rein einkommensorientierter Transfer, also höhere Transfers für untere Einkommensgruppen, wie er in der derzeitigen politischen Debatte diskutiert wird, die regressive Wirkung wesentlich mildert, werden besonders vulnerable Gruppen unterkompensiert, während andere überkompensiert werden. Wir schlagen daher vor, bei der Einführung einer CO2-Steuer jene Haushalte zu identifizieren, die aufgrund ihrer sozioökonomischen sowie demographischen Charakteristiken und anderer struktureller Faktoren besonders vulnerabel sind, und diese zielgerichtet zu unterstützen. Besonders eignen sich dafür Unterstützungsmaßnahmen, die es vulnerablen Gruppen erlauben, auf eine CO2-ärmere Lebensweise umzustellen. Auf diese Weise wird die Anreizwirkung der Steuer nicht konterkariert", resümiert das Projektteam.
Studie: Eisner, A., Kulmer, V., Kortschak, D. (2021). Distributional effects of carbon pricing when considering household heterogeneity: An EASI application for Austria. Energy Policy (2021), Vol. 159, https://doi.org/10.1016/j.enpol.2021.112478
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0301421521003487
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LIFE ist ein international anerkannter Forschungs- und Ansprechpartner für die komplexen Zusammenhänge im Bereich Klima, Energie und Gesellschaft und bietet ein exzellentes Gesamtsystemverständnis in ökonomischer, ökologischer, technologischer und sozialer Hinsicht. Auf Basis der breiten Methodenkompetenz und fachlichen Expertise in den anwendungsrelevanten Themenbereichen können die Expertinnen und Experten den Auftraggeberinnen und Auftraggebern ein vielfältiges Leistungsspektrum anbieten.
Rückfragehinweis: JOANNEUM RESEARCH LIFE - Institut für Klima, Energie und Gesellschaft Dr.in Veronika Kulmer Telefon: +43 316 876-7651 E-Mail veronika.kulmer@joanneum.at https://www.joanneum.at/life