Spezifische Immunantwort auf Corona in Frühphase identifiziert
Ein interdisziplinäres Forscherteam der Medizinischen Universität Wien (MedUni) und des Allgemeinen Krankenhauses Wien (AKH) hat herausgefunden, dass eine Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus zu einer einzigartigen Reaktion des menschlichen Immunsystems führt. Eine Studie zeigte, dass sich im Blut von SARS-CoV-2-Patientinnen und -Patienten ein spezifisches Muster an immunologischen Markern findet, das sich von anderen viralen Erkrankungen der Atemwege unterscheidet.
Eine Infektion mit SARS-CoV-2 kann ausgehend von einer Überreaktion des Immunsystems zu einem schweren klinischen Krankheitsverlauf bis hin zu einem Multiorganversagen führen, hieß es dazu in einer Aussendung der MedUni Wien/AKH am Dienstag. "Dies konnte zwar bereits in Studien gezeigt werden, das Problem daran war jedoch, dass die bisherigen Daten erst im späteren Verlauf von schwer erkrankten Patientinnen und Patienten auf Intensivstationen gewonnen werden konnten. Daten aus der Frühphase der Covid-19-Infektion sowie geeignete Kontrollgruppen fehlten häufig. Daher war bis jetzt weitgehend unklar, ob das Immunsystem in der Frühphase nach der Infektion auf SARS-CoV-2 unterschiedlich reagiert als auf die bereits uns bekannten saisonalen Erreger viraler Atemwegserkrankungen", erklärte Klaus Schmetterer vom Klinischen Institut für Labormedizin. Schmetterer hatte gemeinsam Robert Strassl (ebenfalls Klinisches Institut für Labormedizin) und Johannes Kovarik (Universitätsklinik für Innere Medizin III) die Teamleitung der Untersuchung inne.
Patienten-Kohorte mit Symptomen einer viralen Atemwegsinfektion im Fokus
Um die Immunreaktion auf SARS-CoV-2 besser definieren zu können, griff das Team auf eine Patienten-Kohorte zurück, die mit typischen Symptomen einer viralen Atemwegsinfektion das Universitätsklinikum AKH Wien aufgesucht hatten. "Diese Patientinnen und Patienten sind mit den typischen Symptomen einer viralen Atemwegsinfektion gekommen, die bei einer SARS-CoV-2-Infektion, aber auch bei anderen viralen Infekten der Atemwege auftreten können. Wir haben für diese Studie bewusst Patientinnen und Patienten ausgewählt, die innerhalb der ersten zwei Tage nach Symptombeginn das AKH Wien aufgesucht haben und keine bekannten Vorerkrankungen hatten", erklärte Strassl.
Auf Basis der PCR-Tests wurden die Patientinnen und Patienten dann in eine Covid-19-positive und eine Covid-19-negative Gruppe, also Erkrankte mit anderen Infektionen, unterteilt. Zusätzlich inkludierten die Forscherinnen und Forscher eine dritte Vergleichsgruppe mit gesunden Probandinnen und Probanden.
Alle Gruppen wurden im Rahmen der Studie auf insgesamt 65 Immunmarker im Blutplasma untersucht. Dadurch konnte ein detaillierter Einblick in die komplexen immunologischen Abläufe einer SARS-CoV-2-Infektion gewonnen werden: "Wir konnten dabei tatsächlich vier Botenstoffe (Anm.: BLC, sCD30, MCP-2 and IP-10) definieren, die in der frühen Phase nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 im Gegensatz zu anderen viralen Infektionen im Blut der Patientinnen und Patienten erhöht sind", berichtete der Erstautor der Studie, Johannes Kovarik.
Die Ergebnisse dieser Untersuchung, die nun im Fachblatt "Frontiers in Cellular and Infection Microbiology" publiziert wurden, könnten einerseits Anhaltspunkte für künftige therapeutische Ansätze bei einer Covid-19-Erkrankung liefern, andererseits könnten die neuen Erkenntnisse auch als wichtige Vergleichsparameter für weitere Studien dienen, zum Beispiel zu chronischen Verlaufsformen wie "Long Covid" darstellen.
Service: Link zum Fachartikel: "Identification of Immune Activation Markers in the Early Onset of COVID-19 Infection." Johannes J. Kovarik, Anna K. Kämpf, Fabian Gasser, Anna N. Herdina, Monika Breuer, Christopher C. Kaltenecker, Markus Wahrmann, Susanne Haindl, Florian Mayer, Ludwig Traby, Veronique Touzeau-Roemer, Katharina Grabmeier-Pfistershammer, Manuel Kussmann, Oliver Robak, Harald Willschke, Care Ay, Marcus D. Säemann,10, Klaus G. Schmetterer and Robert Strassl. Front. Cell. Infect. Microbiol., 03 September 2021; https://doi.org/10.3389/fcimb.2021.651484