Habsburger, Baseball und Krimi: Der Historiker Karl Vocelka wird 75
Von der Geschichte der Neuzeit, über die weitläufigen Spuren der Habsburger bis zur historischen Entwicklung des Baseball reichen die Interessen des Wiener Historikers Karl Vocelka. Immer wieder bemüht sich der einstige Vorstand des Instituts für Geschichte an der Universität Wien auch als Ausstellungsmacher, Geschichte der Öffentlichkeit zu vermitteln. Am Montag (23. Mai) wird der Historiker, der sich erst kürzlich auch als Krimiautor versuchte, 75 Jahre alt.
In seinem Krimi-Erstling "Der Dozent und der Tod" (2022) führt Vocelka seine Leser laut Angaben des Ueberreuter Verlages in "ein Labyrinth von Sex, Lügen und Intrigen in der akademischen Welt" in den 1980er-Jahren. Angesiedelt ist das Setting in einem hochschulischen Biotop, das der bekannte Universitätslehrer, Wissenschafter und Kurator bestens kennt.
Der Experte für die Geschichte Österreichs wurde am 23. Mai 1947 in Wien geboren. Zu seinen vielfältigen Forschungsschwerpunkten zählen Sozial- und Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit, die Eliten- und Frömmigkeitsgeschichte und nicht zuletzt die Habsburger, mit deren Familiengeschichte die historischen Entwicklungen des Landes so eng verbunden ist. Vocelka studierte an der Uni Wien Geschichte und Germanistik und wurde 1971 promoviert, 1978 folge die Habilitation mit Habsburg-Schwerpunkt - nämlich einer Arbeit über die politische Propaganda Rudolfs II.
Gastprofessor an der Stanford University
Seit den 1970er-Jahren ist Vocelka auch Generationen von Wiener Studenten als Lehrender ein Begriff. Anfang der 1980er zog es den Historiker als Gastprofessor an das "Vienna Department" an der Stanford University (Kalifornien), wo er bis 1987 tätig war. Auch danach war Vocelka immer wieder an US-Institutionen tätig. Starker US-Bezug ist auch bei einem seiner Forschungssteckenpferde nicht von der Hand zu weisen: Der Auseinandersetzung mit der Entwicklung des Baseballs, die etwa im Jahr 2004 in dem Buch "Zu einigen neuen Tendenzen in der Geschichte des Baseball" gipfelte.
Weit raumgreifender ist allerdings Vocelkas Österreichfokus ausgeprägt. Neben zahlreichen Publikationen, etwa zu einzelnen prägenden Vertretern der Habsburger, wagte sich der Historiker auch immer wieder an nicht nur an Fachkollegen adressierte Überblickswerke, wie "Österreichische Geschichte" (2005), "99 Fragen zur österreichischen Geschichte" (2013) oder "99 Fragen zu den Habsburgern" (2014).
Zum Umgang mit den Habsburgern in der jüngeren Vergangenheit äußerte sich Vocelka mitunter auch pointiert und kritisch. So merkte er nach dem Tod des letzten Kaisersohnes, Otto Habsburg, im Jahr 2011 kritisch an, dass dessen Beisetzung "den Charakter eines Staatsbegräbnisses" hatte, und forderte eine kritischere Auseinandersetzung mit der Monarchie. Bei aller Habsburger-Nostalgie dürfe man die mannigfaltigen Probleme und das große Elend im Habsburgerreich nicht ausblenden, mahnte der Wissenschafter damals.
Studentenrebellion des Jahres 1968 beleuchtet
Vocelka beschäftigt sich seit langer Zeit auch mit der Studentenrebellion des Jahres 1968. Bereits 1983 bot er als erster Universitätsangehöriger ein Seminar zu dem Thema an, 1998 publizierte er gemeinsam mit Paulus Ebner das Buch "Die zahme Revolution. '68 und was davon blieb".
Licht auf verschiedene Teilaspekte der österreichischen Geschichte warf Vocelka auch im Rahmen seiner Tätigkeiten als wissenschaftlicher Leiter von Ausstellungen. So war er als junger Historiker bereits 1980 an der damaligen großen Schau anlässlich des 200. Todestages Maria Theresias beteiligt. In leitender Funktion zeichnete Vocelka dann ab den 1990er-Jahren für mehrere Landesausstellungen verantwortlich, darunter etwa "Die Ritter" 1990 auf Burg Güssing (Burgenland) oder die die Grenzen zwischen Oberösterreich und Südböhmen überschreitende Landesausstellung "Alte Spuren. Neue Wege" (2013). 2010 ging unter der Leitung des Historikers die im Rahmen eines von der Bundesregierung initiierten Projekts erstellte virtuelle Dauerausstellung "Welt der Habsburger" online.
Von 2000 bis 2004 und 2008 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2012 stand Vocelka dem Institut für Geschichte der Uni Wien vor. Doch auch im Ruhestand blieb er gefragter Ausstellungsmacher, wie sich etwa anhand seiner Beteiligung an Großprojekten, wie der Sonderausstellung "Franz Joseph 1830 - 1916. Zum 100. Todestag des Kaisers" im Jahr 2016 bzw. Teile der Ausstellungen mit dem Titel "300 Jahre Maria Theresia: Strategin - Mutter - Reformerin" im Jahr 2017 ablesen lässt.