Klima-Glossar: Floriani-Prinzip oder NIMBY-Phänomen
Windräder sind wichtig für die Energiewende und es ist gut, dass sie aufgestellt werden, aber bitte nicht hier - das ist ein Beispiel für das Floriani-Prinzip. Dieses besagt, dass Menschen einer Sache zwar grundsätzlich positiv gegenüber stehen, sie aber nicht in ihrem eigenen Umfeld haben wollen. Das Floriani-Prinzip tritt etwa auf, wenn es um den Ausbau von erneuerbarer Energie und Infrastruktur wie Windkraftanlagen oder Überlandleitungen geht.
Das Floriani-Prinzip ist nach dem heiligen Florian benannt, dem Schutzpatron gegen Feuergefahr. Das scherzhafte Gebet "Heiliger Sankt Florian, verschon mein Haus, zünd andre an" soll der Ursprung für den Namen des Floriani-Prinzips sein. Es ist auch unter der Bezeichnung "NIMBY-Phänomen" bekannt. NIMBY steht für "Not In My Backyard", also "nicht in meinem Hinterhof". Es gibt inzwischen viele weitere Abwandlungen, die am Begriff "NIMBY" anknüpfen und manchmal auch scherzhaft verwendet werden.
Das Floriani-Prinzip kommt zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Ausbau von erneuerbarer Energie vor und kann von verschiedenen Faktoren ausgelöst werden. "Bei Windrädern, weil sie hoch sind, weil man sie weit sieht und weil sie sich bewegen", sagte Umweltökonomin Sigrid Stagl von der Wirtschaftsuniversität Wien im Gespräch mit der APA. Das Gleiche gelte auch für Überlandleitungen, hier komme zu Höhe aber noch die Angst vor Magnetfeldern rund um die Leitungen dazu. Bei Agri-Photovoltaikanlagen, die auf landwirtschaftlichen Nutzflächen stehen, gehen die Sorgen hingegen in eine andere Richtung, nämlich dass dadurch die Lebensmittelversorgung gefährdet werden könnte.
Ängste ernst nehmen
Die Ängste der Menschen müssen Ernst genommen werden, sagte Stagl, dem Floriani-Prinzip könne man aber auf verschiedene Arten entgegenwirken. Wie Menschen auf ein Projekt reagieren, ist zum Beispiel davon abhängig, wie der Entscheidungsprozess abläuft. "Menschen akzeptieren viel, wenn es ihnen gut erklärt wird und wenn die Optionen systematisch und in einem fairen Prozess abgewogen werden", so die Umweltökonomin. Um sich dabei eingebunden zu fühlen, müssen die Menschen nicht unbedingt selbst dabei sein, es reiche das Gefühl, "es hätte sein können, dass ich Teil des Prozesses gewesen wäre. Und wenn ich Teil des Prozesses gewesen wäre, hätte ich mich vermutlich genau so entschieden", so Stagl.
Beteiligung im Sinne von finanzieller Beteiligung trägt ebenfalls zur Verringerung der Ablehnung bei. Dazu muss nicht unbedingt die eigene Stromrechnung kleiner werden, es ist ausreichend, wenn die Menschen sehen, dass sie zu einem gemeinsamen Ziel beitragen. Besser angenommen werden Projekte auch dann, wenn der Ausbau in Gebieten stattfindet, die bereits verbaut sind oder als nicht schön angesehen werden. "Es ist kein Zufall, dass immer mehr entlang von Autobahnen steht. Das ist gut und richtig so, weil Autobahnen sowieso als Verschandelung der Landschaft gelten und man im direkten Umfeld irgendwelche ästhetischen Erfahrungen nicht erwartet", sagte Stagl.
Wissenschafterinnen und Wissenschafter beobachten, dass Menschen dem Bau von Windkraftanlagen offener gegenüberstehen, wenn solche bereits in ihrer Umgebung vorhanden sind. Ob zwei oder vier Windräder vor der Haustüre stehen, mache für die Menschen keinen Unterschied, so Stagl.