Praevenire - Österreich mit riesigem Cholesterin-Problem
33.000 Menschen sterben in Österreich derzeit pro Jahr durch Atherosklerose-bedingte Herz-Kreislauferkrankungen. Bei einem hohen Anteil stecken zu hohe Blutfettwerte - das "böse" LDL-Cholesterin - dahinter. Doch nur wenigen Betroffenen ist das diagnostiziert, bei noch viel weniger Menschen entsprechend behandelt, hieß es Mittwochvormittag bei den Praevenire-Gesundheitstagen (bis 20. Mai) im Stift Seitenstetten (NÖ).
Thomas Czypionka, Leiter der Gesundheitsökonomie-Abteilung des Instituts für Höhere Studien (IHS), hat zur aktuellen Situation rund um das Cholesterin eine Studie verfasst. Doch bei der Arbeit stieß der Experte von Anfang an auf Probleme: In Österreich gibt es nach wie vor keine Diagnose-Codierung bei den niedergelassenen Ärzten. Dadurch existieren nur rudimentäre Daten zur Verbreitung der Fettstoffwechselstörungen in der Allgemeinbevölkerung. Das wichtigste Problem ist die Hypercholesterinämie mit zu hohen Blutfettwerten als Hauptrisiko für Herzinfarkt & Co.
Viele erreichen Zielwerte nicht
Was sich aber aus dem Umlegen deutscher Daten und der Analyse von verschieden verstreuten Informationsquellen aus Österreich ableiten lässt, so Czypionka: "Schon mit jungen Jahren, unter 30, erreichen nur drei Viertel der Menschen die Cholesterin-Zielwerte." Dieser Anteil sinkt mit höherem Alter auf Anteile um die 40 Prozent ab.
Die europäische Kardiologengesellschaft (ESC) fordert LDL-Cholesterinwerte von weniger als 115 Milligramm pro Deziliter Blut für Menschen ohne höheres Risiko, für Menschen mit einem hohen Risiko werden weniger als 70 Milligramm LDL-Cholesterin pro Deziliter Blut empfohlen, für Personen mit höchstem Risiko (z.B. schon ein überstandener Herzinfarkt) weniger als 55 Milligramm dieser "bösen" Blutfette pro Deziliter.
Doch 80 Prozent der von zu hohen Blutfettwerten insgesamt Betroffenen erreichen diese Zielwerte nicht. Lebensstilmodifikationen mit gesünderer und fettärmerer Ernährung, ausreichender Bewegung und Abnehmen sind hier zumeist nicht ausreichend. Auf der anderen Seite gibt es seit gut drei Jahrzehnten mit den sogenannten Statinen gut verträgliche und hoch wirksame Arzneimittel zur Senkung des Cholesterinspiegels. Für sie liegen auch viele klinische Studien zu additiven Effekten in der Krebs- und Demenzprävention vor. Mittlerweile spielen auch die Kosten für diese Medikamente durch Generika (Patente abgelaufen) nur noch eine geringe Rolle.
600.000 Menschen mit hohem Risiko
Trotzdem fehlt es offenbar an entschlossenem Handeln zur Verringerung dieses Hauptrisikos für alle atherosklerotischen Erkrankungen. Dies beginnt mit flächendeckenden Laboruntersuchungen auf den Cholesterinspiegel und endet bei einer konsequenten Behandlung.
Czypionka: "Wir haben in Österreich rund 600.000 Menschen mit einem hohen Risiko. 8,3 Prozent der Todesfälle sind auf zu hohe Cholesterinwerte zurückzuführen." Die medizinischen Kosten der Behandlung von Menschen mit durch Hypercholesterinämie-bedingten Erkrankungen belaufe sich pro Jahr derzeit auf rund eine Milliarde Euro. Hinzu kämen noch rund 278 Millionen Euro an Produktivitätsausfällen.
Schon das Erkennen und eine wirksame Behandlung der Menschen mit hohem bzw. höchstem Atheroskleroserisiko durch zu hohe Blutfettwerte würde viel bringen: Auf sie allein entfallen 6,9 Prozent der Gesamtmortalität. Zwei Prozent der Gesamt-Gesundheitskosten entfallen auf diese Personengruppe und die Behandlung ihrer Herz-Kreislauf-Erkrankungen.