Forscher machen aus Nichts ein vielversprechendes Qubit
Forscher aus Österreich und Italien haben aus Nichts ein vielversprechendes "Quantenbit" (Qubit), die Informationseinheiten des Quantencomputers, geschaffen. Ihr System nutzt die Abwesenheit von Elektronen, sogenannte "Löcher", in Festkörpern, um Qubits zu kreieren. Diese Löcher lassen sich steuern und verknüpfen. Wie die Wissenschafter im Fachjournal "Nature Materials" berichten, sind Verarbeitungsgeschwindigkeit und Lebensdauer der so realisierten Qubits "vielversprechend".
Quantencomputer sollen einmal bestimmte Rechenaufgaben schneller lösen können als klassische Rechner. Dabei macht man sich in Qubits verschiedene quantenphysikalische Phänomene zunutze. Solche Qubits können auf verschiedene Weise realisiert werden, etwa mit Ionen, Atomen, Photonen oder supraleitenden Schaltkreisen.
Je mehr Qubits, desto komplexere Aufgaben
Qubits können nicht nur zwei Zustände, also etwa Eins oder Null einnehmen, sondern Überlagerungen dieser beiden Zustände. Dadurch kann der Quantencomputer parallel viele mögliche Ergebnisse auf einmal berechnen. Je mehr Qubits verknüpft sind, desto komplexere Aufgaben können damit erledigt werden.
Die Konstruktion von stabilen Qubits, die sich miteinander verknüpfen lassen, gilt als eine der zentralen Herausforderungen auf dem Weg zum Quantencomputer. Die Forscher um Daniel Jirovec vom Institute of Science and Technology (IST) Austria in Klosterneuburg (NÖ) haben in einem Experiment gezeigt, wie sie die Abwesenheit von Elektronen in einem Festkörper kontrollieren und als Qubit nutzen können.
Fehlt ein solches negativ geladenes Teilchen, kann es physikalisch so behandelt werden, als wäre es ein positiv geladenes Teilchen. Entsprechende Manipulationsmöglichkeiten vorausgesetzt, kann man so ein "Loch" im Festkörper bewegen. Zudem besitzen die "Löcher" - so wie Elektronen - einen Eigendrehimpuls ("Spin") und können miteinander wechselwirken, wenn sie sich nahekommen.
Eingesperrte "Löcher"
In einem aus nur wenigen Nanometer dünnen Schichten bestehenden Bauteil gelang es den Wissenschaftern, solche "Löcher" in einer in der Mitte liegenden germaniumreichen Schicht einzusperren. Durch eine elektrische Spannung, die an winzige Drähte auf der obersten Schicht angelegt wird, lassen sich die positiv geladenen "Löcher" extrem präzise innerhalb ihrer Schicht bewegen. Indem sie so zwei "Löcher" nahe zueinander gebracht und den Bauteil einem schwachen Magnetfeld ausgesetzt haben, konnten die Forscher aus den wechselwirkenden Spins der Löcher ein Qubit erzeugen.
Grundsätzlich ließen sich auch mit einzelnen Löchern Qubits erzeugen, "in der Praxis hat die Kombination von zwei Löchern aber Vorteile", sagte Jirovec zur APA. So müsste man etwa an Ein-Loch-Spin-Qubits ein deutlich stärkeres Magnetfeld anlegen, um die Spin-Zustände (oben und unten) zu trennen und auch der Experimentaufbau wäre wesentlich komplexer.
Kombination mit Superleitern
Weil die Wissenschafter in ihrem System die Magnetfeldstärke deutlich reduzieren können, ermöglicht dies die Kombination der Qubits mit Supraleitern, "die normalerweise durch starke Magnetfelder gehemmt werden", so Jirovec. Die Supraleiter ermöglichen aufgrund ihrer quantenmechanischen Natur die Verknüpfung mehrerer Qubits. So könnten durch die Kombination von Halbleiter und Supraleiter neuartige Quantencomputer gebaut werden.
Die Wissenschafter gehen davon aus, dass diese neue Art einer Qubit-Realisierung auch wegen der hohen Verarbeitungsgeschwindigkeit von bis zu einhundert Millionen Operationen pro Sekunde sowie ihrer langen Lebensdauer von bis zu 150 Mikrosekunden besonders gut für Quantencomputing geeignet ist.
Service: http://dx.doi.org/10.1038/s41563-021-01022-2