Politik gelobt Lerneffekte aus Covid-Krise
Mit der Utopie, dass die Covid-19-Krise ihr Gutes haben wird, und der Hoffnung, dass Lehren daraus auch bei der Bewältigung der großen Herausforderungen durch Klimawandel und Digitalisierung helfen, erfolgte am Donnerstag der Start der Alpbacher Technologiegespräche. Wie auch bei SARS-CoV-2 werde dies ohne Investitionen in Forschung und Entwicklung (F&E) nicht gehen. Gleichzeitig zeige sich gerade klar, dass die beste Entwicklung nichts bringt, wenn sie nicht angenommen wird.
Die Krise bringe angesichts der relativ rasch verfügbaren Impfstoffe die Erkenntnis, dass "sich jeder Euro für Forschung rentiert hat", sagte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) bei der Eröffnung. Gleichzeitig wertete die Ministerin die Krise als eine Art unwillkommene "Premiere", die aber die Möglichkeit böte, daraus zu lernen. Klar gezeigt habe sich, dass wir "technologieneutral und offen forschen müssen".
"Errungenschaften Europas schützen"
In der Vergangenheit habe Europa "Fehler gemacht", so wurden etwa im Telekom-Bereich Unternehmen verkauft und damit auch viel Know-how. Im Zusammenhang mit den Covid-19-Impfungen müsse man jetzt "Errungenschaften Europas schützen". Ein Ausverkauf von europäischen Ideen "darf uns im Pharmabereich nicht passieren", betonte die Ministerin.
Gleichzeitig brächten diese Entwicklungen wenig, wenn sich ein gewisser Anteil an Menschen nicht impfen lässt. Die Vakzine wirken "wie ein Rettungsschirm, geworfen in ein Meer von Viren. Man muss den Rettungsschirm aber auch ergreifen, sonst geht man unter", sagte der Industrielle und Mitbegründer der Technologiegespräche, Hannes Androsch. Letztlich zeige sich nun, dass man den Wissenschaften "nicht genug Bedeutung beimessen" könne, Europa aber in vielen Bereichen gegenüber den USA und China zurückgefallen sei.
Warum Österreich nicht weiter kommt
In Österreich "kommen wir seit Jahren nicht weiter. Warum ist die Schweiz in nahezu allen Bereichen an der Spitze und wir nicht?", fragte der langjährige Aufsichtsratspräsident des Austrian Institute of Technolgy (AIT), das die Gespräche zusammen mit dem ORF-Radio Ö1 veranstaltet. Letztlich sei man es den kommenden Generationen schuldig, schneller auf den Weg zur Lösung der großen Herausforderungen zu kommen. Die aktuelle Generation sei nun aber auch coronabedingt mit Lernlücken von bis zu eineinhalb Jahren konfrontiert: "14 Tage Sommerschule kann das nicht annähernd ausgleichen.", so Androsch.
Als die "historische Aufgabe dieser Generation" bezeichnete einmal mehr Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) die Klimaerwärmung. Hier gebe es aktuell einen "Moment des Aufbruchs in Europa". Hierzulande entfielen mittlerweile ein Drittel der Kfz-Zulassungen auf alternative Antriebe. Die Technologien, um die Erwärmung einzudämmen, seien schon zu 80 Prozent da, "es geht ums Tun". Daher habe man auch Teile der Forschungsförderungslandschaft auf Klimaschutz ausgerichtet.
Das sei "gut und sehr sinnvoll investiertes Geld", sagte Gewessler. Auch Unternehmen würden sich hier zunehmend auf den Weg machen. Das ginge aber nur, wenn auch weiter in F&E investiert wird. In der Industrie sei "der große Gegensatz zwischen Ökonomie und Ökologie zum größten Teil überwunden", konstatierte der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Christoph Neumayer. Die nunmehrige rasche wirtschaftliche Erholung nach dem "knackigen Einbruch" habe auch "viel mit F&E zu tun".
Das Coronajahr habe vielfach auch gezeigt, wie wichtig die wissenschaftliche Beratung für die Politik und Verwaltung ist. Trotzdem werde klar, dass sich viele Teile der Bevölkerung schwer damit tun, wenn sich Erkenntnisse ändern, weil sich die Forschung weiter entwickelt und Wissenschafter nicht sagen können, was in drei Wochen sein wird. Alle Bereiche hätten hier "viel gelernt". Man sehe, dass sich gerade in Krisenzeiten viel bewegen könne, etwa in der Digitalisierung in allen Bildungseinrichtungen. Innerhalb weniger Monate sei hier etwas umgesetzt worden, "was sonst etwas länger gedauert hätte", so Barbara Weitgruber, Leiterin der Forschungssektion im Bildungsministerium.
(Diese Meldung ist Teil einer Medienkooperation mit dem AIT - Austrian Institute of Technology)