Studie: Blackout in Texas zeigt offene Hausaufgaben im Energiesystem
Der Wintersturm "Uri" brachte 2021 ungewöhnlich tiefe Temperaturen in den US-Bundesstaat Texas. Da Elektrizitätswerke und die Gasinfrastruktur dem nicht standhielten, mussten Netzbetreiber viele Millionen Menschen vom Stromnetz nehmen. Das hatte u.a. wirtschaftliche Schäden in Höhe von 200 Mrd. Dollar (180 Mrd. Euro) zur Folge. Wie so etwas vermieden werden könnte, hat ein Wiener Forschungsteam im Fachblatt "Nature Energy" analysiert. Auch hierzulande könne man daraus lernen.
"Investitionen in die Absicherung von Kraftwerken gegen Kälte bergen ein finanzielles Risiko für die Betreibenden", so die Erstautorin der Studie, Katharina Gruber vom Institut für Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung der Universität für Bodenkultur (Boku) am Montag in einer Aussendung. Das Risiko der Nicht-Vorbeugung trägt aber bei weitem nicht nur der Betreiber - ein Blackout in unserer hochtechnologischen Gesellschaft macht selbstverständlich vor kaum jemandem Halt. Daraus resultiert die Frage nach der Verantwortlichkeit für die Gestaltung eines möglichst krisenfesten Energiesystems, die die Wissenschafter mit der Studie mituntersuchten.
Regelung über Marktmechanismen
In Texas ist dies den Forschern zufolge stark über Marktmechanismen geregelt. Die Grundidee liege darin, dass der Energiemarkt dort so gestaltet ist, dass einem Kraftwerksbetreiber dann sehr hohe Renditen winken, wenn sein Werk noch Energie liefert, wenn andere schon vom Netz müssen. Bis zu 200-fache Preissteigerungen gegenüber regulären Preisen sind unter solchen Umständen möglich. Entsprechend hoch wäre demnach der Anreiz, die Unternehmung u.a. auch gegen Kälteeinbrüche in dem südlichen US-Bundesstaat tatsächlich abzusichern. Dem war aber offensichtlich nicht so, denn auf die niedrigen Temperaturen folgten "Rolling Blackouts", bei denen der Betreiber Teile des Netzes abschalten musste und die Menschen in Kälte und Finsternis saßen.
Absicherungen gegenüber extremer Kälte seien teuer und im Fall von Texas stehe dem Investment eine relativ niedrige Wahrscheinlichkeit gegenüber, dass eine solche Kältewelle in kürzerer Zeit auch tatsächlich eintritt. Die Wissenschafter um Gruber und Ko-Autor Johannes Schmidt errechneten, dass es sich für Kraftwerksbetreiber trotzdem nahezu immer lohnen würde, Präventionsmaßnahmen zu treffen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kälteereignis wie im Februar 2021 in Texas im Zeitraum von 30 Jahren nach der getätigten Investition gar nicht eintritt, und der Betreiber damit Geld verliert, liege bei nur zwei Prozent.
Das Argument, dass durch den Klimawandel die Temperaturen ja im Schnitt steigen und damit solche Kälteeinbrüche in Texas noch seltener werden, läuft laut den Forschern ins Leere. Trotz eines Temperatur-Plus sinke die Wahrscheinlichkeit für extreme Kälteereignisse nämlich nicht.
Gedanken über seltene Events machen
Für die Wissenschafter zeigt die Analyse deutlich, dass es sehr bedeutsam ist, wie Energiemärkte ausgelegt sind und reguliert werden. Im Fall von Texas führte der finanzielle Anreiz durch hohe Preise im Krisenfall eben nicht dazu, dass sich die Kraftwerksbetreiber absicherten. Auch in Österreich solle man sich daher im Zuge der Energiewende "schon jetzt Gedanken darüber machen, welche seltenen Events mit großem Impact auftreten können, welche technischen Möglichkeiten es zur Vorbeugung gibt und wie wir damit umgehen - ob marktbasiert oder übergeordnet reguliert", so Schmidt. Denn durch einen höheren Anteil an Solar- und Windenergie im Strommix ist die Produktion auch zunehmen stärker von Wetterereignissen abhängig. Die Gefahr ausfallender Kraftwerke durch tiefe Temperaturen sei in Österreich allerdings gering.
Publikation: https://doi.org/10.1038/s41560-022-00994-y