Römische Pfahlbauten deuten auf Anstieg des Meeresspiegels in Grado
Altrömische und frühmittelalterliche Pfahlbauten deuten auf einen Anstieg des Meeresspiegels in der Adria-Ortschaft Grado hin. Die Strukturen aus der Zeit zwischen dem ersten und sechsten Jahrhundert n. Chr. wurden im Rahmen archäologischer Untersuchungen unter der wissenschaftlichen Leitung der Oberaufsicht für Archäologie, Denkmalpflege und Landschaft der norditalienschen Region Friaul-Julisch Venetien erforscht.
Die Analyse dieser ursprünglich auch als Schutz vor Küstenerosion errichteten Bauten ermöglicht es, die Veränderungen des Meeresspiegels an der nordöstlichen Adriaküste zu rekonstruieren. Erste menschliche Spuren in Grado lassen sich auf das zweite Jahrhundert v. Chr. datieren. Auch in der Vergangenheit hatten Meeresspiegelveränderungen erhebliche Auswirkungen auf die Besiedlung und Verteilung von Küstengemeinden, berichtet Dario Gaddi, Sprecher der Gesellschaft ArcheoTest Srl, die die Analysen durchgeführt hat, laut einer Presseaussendung.
Grado war eng mit Venedig verbunden
"In manchen Fällen mussten Siedlungen aufgegeben werden, weil sie vom Wasser bedroht waren. In anderen Fällen reagierten Menschen - schon seit prähistorischer Zeit - mit massiven Eingriffen, etwa durch den Bau von Schutzanlagen gegen das Vordringen des Meeres. Ein markantes Beispiel ist Grado - ein römischer Hafen und eine Lagunensiedlung, deren Geschichte eng mit zwei bedeutenden Städten der Antike verbunden ist: Aquileia und Venedig", meinte Gaddi.
Bereits in den 1980er-Jahren hatten zahlreiche Studien gezeigt, dass archäologische Funde in Grado und in seiner Lagune - vor allem aus der Römerzeit - als Grundlage für Schätzungen zum Meeresspiegel dienen können. Die im Jahr 2021 nahe Grado durchgeführte Ausgrabung führte zur Entdeckung von drei Pfahlbau-Strukturen aus der Zeit zwischen dem ersten und sechsten Jahrhundert n. Chr.
Muschelart gibt Hinweise
Die älteste Palisade (erstes bis zweites Jahrhundert n. Chr.) wurde durch das Einschlagen von Holzbrettern errichtet, die eine durchgehende Barriere bildeten. Ihre Oberkante liegt heute etwa 60 Zentimer unter dem aktuellen Meeresspiegel. Der ausgezeichnete Erhaltungszustand lässt darauf schließen, dass sie am damaligen Ufer in einem überwiegend trockenen Bereich errichtet wurde - als Rückhaltebauwerk für Aufschüttungen aus Bauschutt und Haushaltsabfällen (Steine, Ziegel, Keramik, Essensreste). Diese groß angelegte Landgewinnung diente der Erhöhung des Küstenbereichs von Grado als der Meeresspiegel etwa 1,2 Meter niedriger lag als heute. Später wurde die Palisade durch Sedimente der Lagune überdeckt.
Eine weitere Palisade, die auf das Jahr 566 n. Chr. datiert wurde, war vermutlich ein Versuch, dem steigenden Meeresspiegel entgegenzuwirken. Die Holzbretter zeigen deutliche Spuren des Befalls durch "Teredo navalis", eine Muschelart, die nur in dauerhaft untergetauchtem Holz lebt. Das belegt einen Anstieg des Meeresspiegels um mindestens 40 Zentimeter - zur Mitte des sechsten Jahrhunderts lag der Meeresspiegel also etwa 80 bis 90 Zentimeter niedriger als heute. Schließlich wurde eine dritte Palisade entdeckt, ebenfalls aus dem sechsten Jahrhundert.
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