Tintenfische bestehen Marshmallow-Test und warten auf besseren Happen
Nicht nur Menschen, Schimpansen, Raben und Papageien bestehen den sogenannten Marshmallow-Test: Auch Tintenfische sind in der Lage, für eine größere Belohnung länger zu warten, statt sofort der Versuchung einer kleineren Belohnung zu erliegen. Das geht aus einer Studie von Wissenschaftern der Universität Cambridge hervor, an der auch der österreichische Biologe Markus Böckle beteiligt war. Sie erschien im Fachjournal "Proceedings of the Royal Society B".
Mit der Aussicht auf ein besonders schmackhaftes Weichtier nach einer Wartezeit waren die Tintenfische im Experiment in der Lage, sich bis zwei Minuten lang zu beherrschen und auf das schon vor ihnen liegende nicht so schmackhafte Weichtier zu verzichten. Mit dem Experiment wollten die Studienautoren die Selbstbeherrschung und Lernfähigkeit der Kopffüßler testen. Dazu brachten sie sechs erwachsenen Tintenfischen bei, eine Wahl zwischen verschiedenen Beutetieren zu treffen.
Weichtier jetzt oder Lieblingsspeise später
Die Tintenfische wurden in separate zweigeteilte Wasserbehälter gesetzt. Dann wurden sie vor die Wahl gestellt: Entweder ein Weichtier, das sie nicht so gerne fressen, sofort - oder ihre Lieblingsspeise später. Tatsächlich warteten die Tintenfische 50 bis 130 Sekunden lang, um den begehrten Leckerbissen zu bekommen.
Der Versuchsaufbau beruht auf dem als Marshmallow-Test bekannten Experiment, das Ende der 1960er Jahre ein Team des aus Wien stammenden, 1938 von den Nazis vertriebenen US-Psychologen Walter Mischel mit Kindern machte. Dabei wurde Vierjährigen ein Marshmallow hingelegt und in Aussicht gestellt, dass sie einen zweiten Marshmallow bekommen, wenn sie den ersten noch nicht essen. Nicht alle Kinder ließen sich auf diesen Belohnungsaufschub ein. Später bestanden Schimpansen, Raben und Papageien ähnliche Tests.
Lernfähigkeit erforscht
Bei der Studie mit den Tintenfischen wurde auch deren Lernfähigkeit erforscht. So wurden sie vor die Wahl gestellt, zu einer weißen oder grauen Boje zu schwimmen. Nur an einer der Bojen wartete eine Belohnung in Form einer Krabbe. Sobald ein Tintenfisch gelernt hatte, an welcher Boje es die Belohnung gibt, wurde das Belohnungssystem umgekehrt, so dass er nun zur Boje mit der anderen Farbe schwimmen musste.
Die Psychologin Alexandra K. Schnell von der Universität Cambridge und ihr Team, dem auch der in Cambridge und an der Karl Landsteiner Privatuniversität in Krems forschende Biologe Markus Böckle angehörte, stellten fest, dass die Tintenfische, die am schnellsten lernten, bei dem anderen Experiment auch am längsten auf die begehrte Belohnung warten konnten. Die Studie enthält auch Erklärungsansätze für dieses Vermögen zu Warten. So müssten manche Arten den richtigen Moment für die Jagd lernen, weil sie andernfalls selbst leichte Beute für Raubtiere würden.
Service: https://doi.org/10.1098/rspb.2020.3161