Wie es um die Integration von geflüchteten Frauen in Österreich steht
Abseits der Kopftuchdebatte kommen sie im öffentlichen Diskurs kaum vor: Geflüchtete Frauen aus Syrien und Afghanistan. Eine neue Publikation mit Beteiligung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften gibt Einblicke in ihre Lebenswelt und liefert Erkenntnisse, die auch für die jetzt ankommenden ukrainischen Vertriebenen relevant sind.
Sie kommen aus der Ukraine, dem Nahen und Mittleren Osten und aus verschiedenen Staaten Afrikas. Gemeinsam mit ihren Kindern flüchten immer mehr Frauen vor Bomben in Mariupol, in Rojava oder Ka-bul. Die gegenwärtige Fluchtbewegung ist so weiblich geprägt wie kaum eine zuvor - nicht erst seit Aus-bruch des russischen Krieges in der Ukraine.
Immer mehr Frauen sind in den vergangenen Jahren aus Syrien und Afghanistan nach Österreich ge-kommen. Denn: Während in den Jahren 2015 und 2016 die überwiegende Mehrheit der Asylanträge hierzulande von Männern gestellt wurde, kam es in den darauffolgenden Jahren zu Familienzusammen-führungen und damit zu einem Anstieg der Zahl geflüchteter Frauen.
Lebenswelten von Frauen aus Syrien und Afghanistan
Wie es geflüchteten Frauen in Österreich geht, welche Ressourcen sie mitbringen und welche Hürden sie bei der sozialen Integration in die Aufnahmegesellschaft nehmen müssen, haben Forscher/innen vom Institut für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und von der WU Wien erhoben. Die Ergebnisse der Studie, die auf die Lebenswelten von Frauen aus Syrien und Afgha-nistan fokussiert, sind kürzlich im Nomos Verlag erschienen.
Die zentralen Befunde: Arbeitsmarktintegration von geflüchteten Frauen ist herausfordernder als jene von geflüchteten Männern. Geflüchtete Frauen haben oft ebenso hohe, teilweise sogar höhere Bil-dungsabschlüsse wie Männer. Und: Mehrsprachigkeit ist bei geflüchteten Frauen weit verbreitet, den-noch sind sie seltener erwerbstätig.
Diskriminierung aufgrund von Geschlecht und Herkunft
Warum das so ist? "Die Gründe dafür sind vielfältig und bis dato wenig erforscht", schreiben die Au-tor/innen in ihrer Publikation. Ihrer Studie zufolge wird der Einstieg in den österreichischen Arbeitsmarkt für syrische und afghanische Frauen insbesondere durch Sorge- und Familienarbeit, fehlende Betreu-ungsmöglichkeiten, geringe Berufserfahrung und sexistisch oder rassistisch bedingte Diskriminierung erschwert.
"45 Prozent der befragten geflüchteten Frauen gaben an, keine kurzfristige Betreuungsmöglichkeit für ihre Kinder außerhalb der Kernfamilie zu haben, da Großeltern und Verwandte meist im Ausland leben", sagt Isabella Buber-Ennser, Co-Autorin der Studie und Demographin an der ÖAW. "Dies führt häufig zu einem Gefühl der Überlastung und chronischem Stress und bindet zeitliche Ressourcen."
Kinderbetreuung als Schlüssel für Integration - auch für ukrainische Frauen
Zugleich zeigt die Studie auch, welchen positiven Beitrag Schulen, Betreuungsangebote oder Sportver-eine, die die Kinder besuchen, auf die Integration von geflüchteten Frauen haben. Im besten Fall können Freundschaften mit österreichischen Familien die Sozialkontakte von Müttern nachhaltig erhöhen. Um überhaupt in Kontakt zu kommen, ist allerdings eine flächendeckende und niederschwellige Kinderbe-treuung zentral. "Diese datenbasierten Einblicke sind gerade im aktuellen Kontext der Geflüchteten aus der Ukraine besonders relevant, da ein Großteil Frauen und Kinder sind", so die Co-Autorin und Migrati-onsforscherin Judith Kohlenberger von der WU Wien.
Publikation
Judith Kohlenberger, Sophia Heyne, Bernhard Rengs, Isabella Buber-Ennser: Soziale Inklusion geflüchteter Frauen. Zur Rolle der Familie und Familienarbeit, Nomos Verlag 2022, 135 Seiten, 34 Euro.
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