Erdtrabant gewinnt an Anziehungskraft
Lange Zeit war der Mond ein nachrangiges Thema der Raumfahrt. Das hat sich in jüngerer Vergangenheit geändert. Raumfahrtprogramme weltweit haben den Mond im Visier, wie die jüngsten Aktivitäten zeigen:
USA
Lange stand der Mars komplett im Fokus der NASA. Nun hat der Mond auf Anweisung von Präsident Donald Trump wieder mehr Prominenz gewonnen. 2021 will die NASA dorthin zurückkehren - vorerst ohne Menschen und mithilfe privater Raumfahrtunternehmen. Zahlreiche Firmen bewerben sich um die lukrativen Aufträge. Trump forderte erst kürzlich den Kongress auf, der Raumfahrtbehörde NASA kommendes Jahr zusätzliche Mittel in Höhe von 1,6 Milliarden Dollar zu bewilligen.
2024 soll das NASA-Raumschiff "Gateway" mit Astronauten an Bord folgen. Dem will der Raumfahrtunternehmer Elon Musk zuvorkommen: Mit seinem Unternehmen SpaceX will er schon 2023 den japanischen Milliardär Yusaku Maezawa ins All schicken. Als erster Weltraumtourist soll er den Mond umrunden, gemeinsam mit sechs bis acht Künstlern aus aller Welt.
Unterstützung für die NASA kommt mittlerweile auch von Amazon-Chef Jeff Bezos. Er will bei künftigen Mondmissionen bis zu vier Mondautos, wissenschaftliches Gerät und möglicherweise sogar Menschen mit einer Landefähre transportieren, die er erst kürzlich vorgestellt hat.
China
Besonders aktiv ist China und will zu einer Raumfahrtgroßmacht werden. Binnen eines Jahrzehnts will man eine bemannte Mission auf den Mond sowie eine Raumstation auf dem Erdtrabanten ermöglichten. Die Forschungsstation soll in den kommenden zehn Jahren am Südpol des Mondes entstehen, erklärte jüngst laut amtlicher Nachrichtenagentur Xinhua der Chef der chinesischen Raumfahrtbehörde, Zhang Kejian.
Im Jänner hatte China als erstes Land eine Sonde auf die erdabgewandte Seite des Mondes gebracht. Kurz nach der Landung von "Chang'e 4" hatte sie das Mond-Gefährt "Yutu-2" (Jadehase 2) ausgesetzt. Sonde und Rover, die mit Ausrüstung aus Deutschland, den Niederlanden und Schweden ausgestattet sind, sollen die erdferne Mondseite erforschen und wissenschaftliche Experimente vornehmen.
Bis zum Jahresende soll eine weitere Sonde, die "Chang'e 5", zum Mond starten. Laut ursprünglicher Planung sollte die "Chang'e 5" bereits im zweiten Halbjahr 2017 Proben auf dem Mond sammeln. Weil der Start der Rakete Langer Marsch 5 Y2, welche die Sonde ins All bringen sollte, aber im Juli 2017 scheiterte, wurde das Vorhaben aufgeschoben.
Eine Rakete vom Typ Langer Marsch 5B soll laut Zhang in der ersten Hälfte des kommenden Jahres startklar sein. Sie ist wichtig für den Aufbau einer Mondstation. 2022 will China die Raumstation Tiangong - zu deutsch Himmlischer Palast - ins All bringen. Sie soll die Internationale Raumstation ISS ersetzen, welche die USA, Kanada, Russland, Japan und Europa noch bis 2024 betreiben wollen.
China gibt mittlerweile mehr für seine zivilen und militärischen Raumfahrtprogramme aus als Russland und Japan und rangiert damit direkt hinter den USA. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) schätzt das Budget dafür im Jahr 2017 auf 8,4 Milliarden Dollar (7,48 Milliarden Euro).
Indien
Im August 2018 kündigte Indiens Premierminister Narendra Modi an, dass bis zum 75. Unabhängigkeitstag im Jahr 2022 "ein Sohn oder eine Tochter Indiens mit unserer Trikolore in der Hand ins All fliegen" werde. Es wäre nicht der erste indische Astronaut im All, wohl aber der erste in einem indischen Raumfahrzeug.
Auch die zweite Mondsonde des Landes, "Chandrayaan-2", soll eine rein indische Angelegenheit werden - wobei Russland ursprünglich den Lander beisteuern sollte. Anhand von Daten eines NASA-Instruments an Bord von "Chandrayaan-1" hatten US-Forscher im Jahr 2009 Spuren von Wasser auf dem Mond gefunden. Der immer wieder verschobene Start des Nachfolgers soll noch heuer erfolgen. Die Sonde beinhaltet diesmal neben einem Orbiter auch einen Rover, der unter anderem das Mondgestein chemisch analysieren soll. Als erste Mondmission soll "Chandrayaan-2" am Südpol des Erdtrabanten landen.
Russland
Russland will laut der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos in zwölf Jahren erstmals Kosmonauten zum Mond bringen. Nach 2031 soll es jedes Jahr bemannte Flüge zum Erdtrabanten geben. 2032 soll demnach die zweite Besatzung auf dem Mond landen und ein spezielles Fahrzeug mitbringen.
Russland will sich zudem an dem US-Projekt einer Raumstation beteiligen, die um den Mond kreisen soll. 2034 könne der Bau beginnen, hießt es in dem Dokument. Von dort aus sollen Flüge tiefer ins All möglich sein, so die Hoffnung. Für den Bau einer solchen Station entwickle sein Land Schwerlastraketen, hatte Roskosmoschef Dmitri Rogosin Ende vergangenen Jahres erklärt.
Russland will mit der Mondmission anknüpfen, wo die Sowjetunion vor Jahrzehnten aufgehört hat: Nach technischen Pannen hatte Moskau in den 1970er-Jahren seine kostspieligen Pläne für eine Mondlandung auf Eis gelegt. Diesmal setzen die Russen bei der Erforschung des Mondes auf eine Zusammenarbeit mit den USA, Europa und China.
Europa
Mit seinem Konzept des "Moon Village" hat der Chef der europäischen Raumfahrtorganisation ESA, Jan Wörner, vor einiger Zeit für Aufsehen gesorgt. Die Idee: Nicht ein kurzer Hin- und Rückflug solle das Ziel sein, sondern eine international gemeinsam von Industrie, Raumfahrtagenturen und öffentlicher Hand geschaffene Mond-Basis. Ein klassisches ESA-Programm ist das "Moon Village" aber nicht, nur eine Vision. Vorbild eines solchen internationalen Projekts könne die Raumstation ISS sein, so Wörner: "Bei allen technischen Schwierigkeiten, die es bei der ISS gab - es gab nie politische. Das ist etwas, was man in unserer volatilen Welt sehr hoch einschätzen darf."
Die ESA unterstützt andere Raumfahrtagenturen bei ihren Mond-Plänen vor allem mit Technik. Für die US-Raumkapsel "Orion" der NASA hat die ESA jüngst ein Servicemodul geliefert - das Herzstück des Raumschiffes. Ohne dieses Antriebsmodul könnte "Orion" nicht fliegen. Die Chinesen erhalten ebenfalls Hilfe bei ihren Mondmissionen - etwa bei der Raumsonde "Chang'e-5", die ein Landefahrzeug auf den Mond bringen soll. Russland bekommt technische Unterstützung bei den Raumsonden "Luna 25" und "Luna 27". "Wir sind Teil der Mondgeschichte", so Wörner. Mit der "Lunar Mission Campaign" bereitet die ESA zudem eine Robotermission zum Mond vor, um in der Folge eine menschliche Mondmission voranzubringen. Wie es dabei konkret weitergeht, ist noch offen - der ESA-Rat tagt erst Ende 2019 dazu.
Wörner stört besonders der Nationalismus in der Weltraumforschung: "Ich bin da auch manchmal geschockt, wir haben weltweit doch sehr starke nationale Kräfte", sagte er Anfang des Jahres am Rande einer Weltraum-Konferenz in Brüssel. Er bemühe sich darum, weltweit zu kooperieren.
Japan
Die Technologie-Nation Japan will sich an der NASA-geführten Mission beteiligen, die ab Mitte der 2020er Jahre den Bau einer Raumstation in der Umlaufbahn des Mondes vorsieht. Japan hegt die Hoffnung, eines Tages eigene Astronauten zum Mond schicken zu können. 2007 hatte Japan seine erste Mondsonde "Selene", auch "Kaguya" genannt, auf den Weg gebracht. Aufgabe des Drei-Tonnen-Orbiters mit zwei jeweils 50 Kilogramm schweren Satelliten war es, die Mondoberfläche zu erkunden.
Auf Aufnahmen der japanischen Mondsonde entdeckten Wissenschafter einen alten Lava-Tunnel, der Forschern künftig als Mondhotel dienen könnte. Derzeit ist Japans Weltraumagentur Jaxa dabei, ein Landegerät zur Erkundung des Mondes zu entwickeln. Die SLIM (Smart Lander for Investigating Moon) genannte Mission hat das Ziel, eine präzise Navigation zu einem bestimmten Landepunkt zu ermöglichen. Zudem wollen Japans Forscher mit dem Projekt die Technologie für ein kleines, leichtes Explorationssystem zur Monderforschung entwickeln.
Südkorea
Im Raumfahrt-Wettlauf in Asien will Südkorea mit Japan, China und Indien mithalten. Dabei geht es der viertgrößten asiatischen Volkswirtschaft nicht nur um das Geschäft mit der Satelliten-Beförderung, sondern auch um Forschung. Bis Ende 2020 soll die mit technischer Hilfe der NASA entwickelte Sonde "Korea Pathfinder Lunar Orbiter" (KPLO) an Bord einer Rakete des US-Raumfahrtunternehmens SpaceX zum Mond fliegen. Südkoreas erste Mondmission war ursprünglich für Dezember 2018 geplant. Neben der Entwicklung der Technologien für künftige Raumflüge wird KPLO wissenschaftliche Instrumente einschließlich einer Kamera für die farbige Kartierung des Mondes an Bord haben. In der zweiten Phase des koreanischen Mondprogramms soll in Eigenregie unter anderem ein Mondlandefahrzeug entwickelt werden, wie es auf der Internetseite des Raumfahrtprogramms heißt.
Israel
Die israelischen Mondpläne erlebten heuer (April) bereits einen großen Rückschlag. Man wollte das vierte Land (USA, Russland/Sowjetunion, China) sein, das auf dem Mond gelandet ist . Die Landung der Raumsonde "Beresheet" scheiterte, sie zerschellte an der Mondoberfläche. Es habe kurz vor der Landung Antriebsprobleme gegeben, hieß es seitens der Israeli.
Die "Beresheet" war am 22. Februar vom US-Raumfahrtbahnhof Cape Canaveral gestartet und legte seitdem rund 6,5 Millionen Kilometer zurück. Ins All gebracht wurde sie von einer Falcon-9-Rakete des privaten US-Raumfahrtunternehmens SpaceX von Elon Musk. Gebaut wurde "Beresheet" von dem Privatunternehmen SpaceIL in Zusammenarbeit mit Israeli Aerospace Industries (IAI), einem der größten Rüstungsunternehmen Israels.
Lange will man sich in Israel aber nicht die Wunden lecken. SpaceIL kündigte bereits an, einen weitere Mondreise zu planen.