Klima-Glossar: Erdgas
Trotz der vor allem in Europa und Nordamerika forcierten Dekarbonisierung wird der weltweite Verbrauch fossiler Energieträger in den kommenden Jahrzehnten nur relativ zurückgehen, absolut aber weiter steigen. Laut OPEC-Prognose dürfte der Anteil von Erdgas am globalen Energiemix sogar von derzeit rund 23 Prozent bis 2045 auf 25 Prozent wachsen. Weil die CO2-Emissionen von Gas deutlich geringer sind als bei Kohle und Öl, gilt Erdgas als Brückentechnologie für die Energiewende.
Bei ihrer Prognose gehen die OPEC-Ökonomen davon aus, dass sich die globale Wirtschaftsleistung bis 2045 verdoppeln und die Weltbevölkerung um 1,7 Milliarden auf 9,5 Milliarden Menschen anwachsen wird. Die globale Wirtschaftsleistung dürfte sich im nächsten Vierteljahrhundert verdoppeln und der Primärenergiebedarf um mehr als ein Viertel steigen. Entgegen den Pariser Klimazielen werden die Treibhausgasemissionen aus Kohle, Öl und Gas in den nächsten Jahrzehnten nicht sinken. Der Erdgasverbrauch dürfte ebenso stark steigen wie die Nutzung von Sonnen- und Windenergie.
Erdgas ist vor vielen Millionen Jahren und über einen sehr langen Zeitraum aus organischer Substanz entstanden, also aus den Überresten von Pflanzen und Tieren. Der Hauptbestandteil von Erdgas ist Methan, das aus einem Atom Kohlenstoff und vier Wasserstoffatomen besteht. Methan ist farb- und geruchslos und als Treibhausgas 25 bis 30 Mal so klimawirksam wie CO2.
188 Billionen Kubikmeter Reserven
Laut Berechnungen des Öl- und Gaskonzerns BP betragen die weltweiten nachgewiesenen Erdgasreserven 188 Billionen (188.000 Milliarden) Kubikmeter. Als nachgewiesene Reserven gelten die als sicher bestätigten und mit heutiger Technik wirtschaftlich förderbaren Mengen. Das bedeutet, dass sich die Höhe der Reserven auch abhängig von Gaspreis ändert. Zum Vergleich: Österreich verbraucht pro Jahr etwa 8,5 Mrd. Kubikmeter Erdgas. Der globale Verbrauch belief sich 2020 auf 3,8 Billionen Kubikmeter - die Reserven würden nach heutigem Stand also etwa noch für ein halbes Jahrhundert reichen.
Von den weltweiten Reserven liegen 76 Billionen Kubikmeter im Nahen Osten. Als einzelnes Land verfügt Russland mit mehr als 37 Billionen Kubikmetern über die größten Gasreserven, gefolgt vom Iran (32 Billionen), Katar (25 Billionen), Turkmenistan (14 Billionen), den USA (13 Billionen) und China (8 Billionen Kubikmeter). Die Gasreserven der gesamten EU betragen nur etwa 0,4 Billionen Kubikmeter.
Österreich hatte laut Montan-Handbuch per Ende 2020 nachgewiesene Erdgasreserven von rund 6,5 Mrd. Kubikmetern. Im Vorjahr wurden in Österreich 640 Mio. m3 Gas gefördert. Der Verbrauch stieg 2021 um 6,4 Prozent oder um 5,8 TWh auf 96,3 TWh - umgerechnet rund 8,5 Mrd. m3. Gedeckt wurde der höhere Verbrauch bei einem geringeren Nettoimport auch durch eine Entleerung der Gasspeicher: Es wurden um 41,7 TWh mehr entnommen als eingespeichert.
Hohe Speicher-Kapazitäten
Österreich hat im EU-Vergleich relativ hohe Gasspeicher-Kapazitäten. Das Speichervolumen beträgt 95,5 Terawattstunden, das entspricht beinahe dem Verbrauch eines ganzen Jahres. Als Gasspeicher dienen u.a. ausgeförderte frühere Gaslagerstätten, die sich manchmal wieder befüllen lassen, wenn das Gestein geeignet ist.
Große Gasspeicher gibt es in Österreich in Haidach, dort unterhält unter anderem der russische Staatskonzern Gazprom eigene Speicher. Haidach ist der zweitgrößte Gasspeicher Mitteleuropas, allerdings ist er an das deutsche Gasnetz angeschlossen, nicht an das österreichische. Weitere Speicher betreiben die OMV, die EVN-Tochter RAG (Rohölaufsuchungs AG) sowie der deutsche Energiekonzern Uniper.
Weniger als zehn Prozent des heimischen Verbrauchs werden laut Experten durch inländische Produktion abgedeckt. 90 Prozent davon fördert die OMV, 9,8 Prozent die EVN-Tochter RAG Austria AG und den Rest die australische ADX Energy.
Etwa vier Fünftel seines Gasverbrauchs deckt Österreich durch Importe aus Russland. Als erstes westeuropäisches Land unterzeichnete Österreich vor 50 Jahren, am 1. Juni 1968, einen Gas-Liefervertrag mit der damaligen Sowjetunion. Drei Monate später kam das erste Gas aus Westsibirien in der Gasstation Baumgarten in Niederösterreich an. Heute ist die kleine Gemeinde an der March eine der wichtigsten Drehscheiben für die europäische Erdgasversorgung. Laut dem Betreiber Gas Connect wird dort Erdgas aus Russland, Norwegen und anderen Ländern übernommen, gemessen, geprüft und für den Weitertransport verdichtet.
Haushalte verbrauchen nur 11 Prozent des Erdgases
Die Gas Connect Austria (GCA) sowie die Trans Austria Gasleitung sind für den Betrieb und die Errichtung von Erdgas-Hochdruckleitungen in Österreich verantwortlich. Die GCA gehört zu 51 Prozent der Verbund AG, 49 Prozent hält die AS Gasinfrastruktur GmbH, die wiederum zu 60 Prozent der Allianz-Gruppe und zu 40 Prozent dem italienischen Pipeline-Betreiber SNAM gehört. TAG steht zu 84,47 Prozent im Eigentum der SNAM sowie zu 15,53 Prozent der GCA.
Das Erdgas-Fernleitungsnetz in Österreich umfasst rund 2.000 Kilometer, das Verteilernetz hat eine Länge von 44.000 Kilometern. Zum Fernleitungsnetz gehören die Trans-Austria-Gasleitung, die West-Austria-Gasleitung, Penta-West, die Hungaria-Austria-Gasleitung, die Kittsee-Petrzalka-Gasleitung, die Süd-Ost-Leitung und die March-Baumgarten-Gasleitung sowie die Austria-Bavaria-Gasline.
Die größten Gasverbraucher in Österreich sind die Großindustrie und die Kraftwerke, auf die übers Jahr gerechnet jeweils rund ein Viertel des heimischen Verbrauchs entfällt. In den Wintermonaten liegt der Anteil der Gaskraftwerke an der Deckung des Strombedarfs zwischen 20 und 30 Prozent. Die Haushalte sind für nur 11 Prozent des heimischen Gasverbrauchs verantwortlich.