"Austromir"-Experimente nutzen Österreich bis heute
Die wissenschaftlichen Experimente, die Franz Viehböck beim ersten Allflug eines Österreichers 1991 im Rahmen der Mission "Austromir" auf der russischen Raumstation Mir durchgeführt hat, "gaben der hiesigen Weltraumforschung bis heute einen kräftigen Schub", sagte Christian Klösch, Kustode der Sonderschau "Austromir" im Technischen Museum Wien, im Gespräch mit der APA. Den Zugang zur ersten Reihe in der Weltraumforschung habe man damals "zu einem Schnäppchenpreis" bekommen.
"Es war eine historische Möglichkeit, die die Sowjets den Österreichern angeboten haben, und ein Glücksfall, dass sie damals zugeschlagen haben und der Einladung gefolgt sind", so Klösch. Der Flug Viehböcks inklusive seinem Training und jenem von Ersatzmann Clemens Lothaler schlugen damals mit 85 Millionen Schilling zu Buche, was inflationsbereinigt heute 10,6 Millionen Euro entsprechen, berechnete er: "Der Aufenthalt von Weltraumtouristen, die nicht viel mehr machen, als eine Woche lang aus dem Fenster zu schauen, kostet heute rund 43 Millionen Euro." Die "Austromir"-Projekte würden hingegen noch 30 Jahre später der medizinischen und wissenschaftlich-technischen Forschung in Österreich nützen.
Vom Ergometer bis Ionenstrahler
Im "Dosimir" Projekt hat zum Beispiel ein Team um Norbert Vana vom Atominstitut der österreichischen Universitäten Messungen der kosmischen- und Sonnenstrahlung mittels sogenannter "Dosimeter" entwickelt. Damit kann man auch die biologische Schadwirkung der Strahlen auf den menschlichen Organismus abschätzen, so Klösch: "Die Forscher haben dadurch ein Knowhow erarbeitet, sodass sie heute immer noch weltweit federführend auf dem Gebiet sind." Österreichische Dosimeter wären deshalb aktuell auf der Internationalen Raumstation (ISS) im Gebrauch, und würden auch bei künftigen Mondmissionen zum Einsatz kommen.
Viehböck brachte auch ein Ergometer namens "Motomir" in die russische Raumstation, mit dem man zusätzlich den Muskelverlust messen konnte. "Es war nicht nur ein Trainings-, sondern auch ein Diagnosegerät", so der Experte. Es wurde von den Kosmonauten genutzt, bis die Mir schließlich aufgelassen und 2001 kontrolliert zum Absturz gebracht wurde. "Das Projektteam um Norbert Bachl vom Sportinstitut der Universität Wien hat daraus ein Trainingsgerät für rekonvaleszente Patienten in Rehakliniken auf der Erde entwickelt", erklärte er. Menschen, die lange bettlägrig waren und wie Weltallbesucher Muskelschwund erlitten haben, können damit wieder Muskelmasse aufbauen.
Für das "Logion" Projekt wurden damals erstmals Ionenstrahler ins All gebracht, berichtete Klösch: "Damit untersuchte man, wie sich die Strahlen in der Schwerelosigkeit verhalten". Diese Ionenstrahlen werden heute als Triebwerke eingesetzt, denn sie erzeugen einen stetigen Rückstoß, mit dem Satelliten in die richtige Bahn navigieren können. "Mit der damals entwickelten und bis heute verfeinerten Technik hat sich an der Fachhochschule Wiener Neustadt ein Spinoff namens Enpulsion entwickelt, das Ionentriebwerke für Satelliten herstellt", sagte er. Sie sind wichtig für deren Minituarisierung. Die derzeit gebräuchlichsten "chemischen Triebwerke" wären vergleichsweise groß und bräuchten auch größere Tanks. Dadurch bleibt für andere Bauteile recht wenige Platz und Gewicht, und auch die Lebensdauer der Satelliten wird durch den sehr begrenzten Tankinhalt eingeschränkt. "Mit Ionentriebwerken kann man Tanks und Triebwerke verkleinern, hat mehr Gewicht für Nutzlast zur Verfügung und kann die Lebensdauer erhöhen", so Klösch.
Service: Anlässlich der "Langen Nacht der Museen" zeigt das Technische Museum Wien am 1. und 2. Oktober eine Sonderpräsentation mit Experimenten der Mission "Austromir" sowie persönliche Kleidungsstücke und Memorabilia von Franz Viehböck wie den originalen Raumanzug.