Akademische Spin-offs/Start-ups in Österreich: Der Weg führt nur über die Finanzierung zum Ziel
14,1 % aller gegründeten Start-ups in Österreich sind akademische Spin-offs, das entspricht knapp 40 akademischen Ausgründungen 2017. Start-ups und Spin-offs bilden oftmals den Grundstein für neue technologiebasierte Unternehmen, unterstützen damit den Strukturwandel und dienen der Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen. Vergleicht man die österreichischen Zahlen an Spin-offs mit jenen in Deutschland, so zeigt sich, dass die akademischen Ausgründungen in Österreich Aufholbedarf haben. In Relation zur Wirtschaftsleistung werden in Deutschland viermal so viele Spin-offs gegründet wie in Österreich. Das zentrale Hindernis bei der Gründung von Start-ups und Spin-offs in Österreich ist die mangelnde Finanzierung durch Wagniskapital. Mit Wagniskapital-Investitionen von 0,052 % des BIP liegt Österreich europaweit lediglich an 20. Stelle. Hinzu kommt: Das wenige Wagniskapital ist extrem auf Wien konzentriert, zwei Drittel der Wagniskapital-Investitionen entfallen auf Wien.
Akademische Spin-offs in Österreich
Akademische Spin-offs haben das Ziel, wissenschaftliche Erkenntnisse aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu transferieren und diese weiterzuentwickeln. Spin-offs sind daher eine wichtige Quelle für neue technologiebasierte Unternehmen, die neue Produkte und Geschäftsmodelle entwickeln und zusätzliche attraktive Arbeitsplätze schaffen. Gleichzeitig können Spin-offs mit ihren Aktivitäten auch dazu beitragen, wesentliche gesellschaftliche Herausforderungen wie die Klimakrise, die Digitalisierung oder die Erhaltung der öffentlichen Gesundheit zu bewältigen. Sie sind daher eine wichtige Säule im Wirtschafts- wie auch Innovationssystem.
14,1 % aller 2017 gegründeten Start-ups sind akademische Spin-offs, das entspricht knapp 40 akademischen Ausgründungen. Davon entfällt rund die Hälfte (48 %) auf Spin-offs, die im Zuge einer akademischen Ausbildung gegründet wurden, die andere Hälfte (52 %) auf Spin-offs, die im Zuge eines akademischen Dienstverhältnisses gegründet wurden. Die meisten akademischen Ausgründungen sind in den High-Tech-Branchen Elektrotechnik, Elektronik, Informationstechnik, Maschinenbau und Medizin-technik aktiv. Dabei setzen die Spin-offs spezielle auf innovative Schlüsseltechnologien wie Machine Learning oder Big Data Analytics, die der künstlichen Intelligenz zugerechnet werden können (Leitner u.a., 2019).
Die im öffentlichen Diskurs häufig genannte Zahl der universitären Verwertungs-Spin-offs bildet dagegen nur einen Teilausschnitt ab und stellt nicht alle akademischen Spin-offs dar. Gemäß Wissensbilanz-Verordnung sind Verwertungs-Spin-offs "Unternehmensgründungen der Universitäten bzw. Unternehmen, an welchen die Universität direkt oder indirekt beteiligt ist". 2019 wurden 19 derartige Spin-offs gegründet. Spin-offs, die im Rahmen einer akademischen Ausbildung gegründet werden, werden hier nicht erfasst. Außerdem unberücksichtigt in der Anzahl der universitären Verwertungs-Spin-offs bleiben jene Spin-offs, die aus dem Fachhochschulsektor oder den außeruniversitären Forschungseinrichtungen hervorgehen.
Österreichs Position im Vergleich mit Deutschland
In Deutschland werden einer Studie für die Expertenkommission Forschung und Innovation zufolge etwa 1.270 Spin-offs von ehemaligen oder noch beschäftigten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern von Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in High-Tech-Branchen gegründet (Berger u.a., 2019). Um diese Daten aufgrund der unterschiedlichen Größe der Volkswirtschaften vergleichbar zu machen, werden in Folge die Spin-off-Gründungen pro 1 Mrd. € BIP berechnet. Während der Wert Deutschlands bei 0,37 liegt, beträgt der Wert für Österreich lediglich 0,10. Gemessen an der Wirtschaftsleistung werden in Deutschland damit viermal so viele Spin-offs gegründet wie in Österreich.
Bestrebungen, die Anzahl von Ausgründungen von Forscherinnen und Forschern in Österreich zu erhöhen, gibt es bereits seit vielen Jahren. Mit den Spin-off-Fellowships der FFG und dem Programm AplusB Scale-up der aws verfügt Österreich u.a. über zwei attraktive und durchaus auch international anerkannte Förderprogramme.
Finanzierung durch Wagniskapital: Wien dominiert
Insbesondere die fehlende Finanzierung ist eines der wesentlichen Hindernisse bei der Gründung von Spin-offs. Der Mangel an Wagniskapital für innovative Unternehmen stellt eine chronische Schwäche des österreichischen Innovationssystems dar. Im aktuellen European Innovation Scoreboard 2020 liegt Österreich in der Kategorie "venture capital expenditures" mit 0,052% des BIP lediglich an 20. Stelle (Europäische Kommission, 2020). Durch die COVID-19-Pandemie ist damit zu rechnen, dass die Wagniskapital-Investitionen europaweit zurückgehen, Wagniskapitalgeberinnen und -geber werden vorsichtiger, weil die Aussichten auf einen erfolgreichen Verkauf des Start-ups ("Exit") schwinden. Allgemein wird erwartet, dass die Fonds ihre Portfolios bereinigen werden, mit anderen Worten sich aus vielen Investitionen zurückziehen werden. Hinzu kommt, dass in keinem anderen EU-Mitgliedstaat der Anteil heimischer Fonds an allen Wagniskapitel-Investitionen annähernd so niedrig ist wie in Österreich (Keuschnigg und Sardadvar, 2019). Nur knapp 40 Prozent des in Österreich investierten Wagniskapitals stammt von inländischen Fonds (Sardadvar, 2019).
Analysen von WPZ Research mit den neuesten Daten von Invest Europe zeigen, dass die geringen Wagniskapital-Investitionen in Österreich räumlich extrem konzentriert sind. Auf Wien entfallen mit Abstand die meisten Wagniskapital-Investitionen. Der Anteil Wiens lag (mit Ausnahme von 2018) stets zwischen 60 % und 81 %. Über das gesamte Jahrzehnt gesehen gingen zwei Drittel aller Wagniskapital-Investitionen an Unternehmen mit Standort Wien. Das übertrifft Wiens Anteil an der Wirtschaftsleistung, der rund ein Viertel ausmacht, bei Weitem. Im Gegensatz dazu verzeichnet Österreichs drittgrößte Regionalökonomie, Niederösterreich, jährlich (zu Preisen von 2019) im Mittel 1,35 Mio. Euro Wagniskapital-Investitionen, das entspricht lediglich 0,003% des Bruttoregionalprodukts. Abbildung 3 zeigt das in österreichische Unternehmen investierte Wagniskapital-Volumen sowie den Anteil Wiens an allen Investitionen.
Auch im restlichen Österreich bestehen zum Teil erhebliche Unterschiede auf regionaler Ebene. Eine Untersuchung auf Basis von Mikrodaten zeigt, dass die industriell geprägten Regionen der Steiermark und Oberösterreichs recht gut abschneiden, das Burgenland, Niederösterreich und Vorarlberg hingegen sehr schwach sind.
Fazit
Start-ups und Spin-offs sind eine wesentliche Säule des Wirtschafts- und Innovationssystems, wird diesen Unternehmen doch auch das Potential zugeschrieben, strukturelle Umbrüche zu unterstützen sowie auch wesentlich zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen beizutragen. In Österreich besteht dabei allerdings nach wie vor Aufholbedarf; so liegt die Anzahl der akademischen Ausgründungen (in Relation zur Wirtschaftsleistung) in Deutschland etwa viermal so hoch. Ein wesentliches Hindernis für die Gründung von Spin-offs wie auch von Start-ups ist das mangelnde Wagniskapital, das zum einen in Österreich kaum vorhanden ist und zum anderen insbesondere auf Wien konzentriert ist. Die Steigerung der Anzahl von Start-ups und Spin-offs wird daher in Zukunft nur gelingen, wenn die öffentliche Hand durch offensive Investitionen insbesondere in jenen Bereichen Impulse setzt, denen privates Kapital bislang eher fernbleibt.
Literatur
Berger, M., Egeln, J., Gottschalk, S. (2019): Innovative Unternehmensgründungen in Deutschland - Auswertungen aus dem IAB/ZEW Gründungspanel, Expertenkommission Forschung und Innovation, Studien zum deutschen Innovationssystem Nr. 13-2019, Berlin
Europäische Kommission (2020): European Innovation Scoreboard 2020, Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, Luxemburg.
Keuschnigg, C., Sardadvar, S. (2019): Wagniskapital zur Finanzierung von Innovation und Wachstum, Studie des WPZ, St. Gallen, und WPZ Research, Wien.
Leitner, K.-H., Zahradnik, G., Dömötör, R., Jung, S., Raunig, M. (2019): Austrian Startup Monitor 2019, Wien.
Sardadvar, S. (2019): Risikokapital in Österreich: Wagniskapital, Business Angels und Datenvalidität, Studie der WPZ Research, Wien.
Sardadvar, S. (2018): Is a company's access to private equity and venture capital affected by location or management diversity? Some empirical evidence from Austria, International Journal of Business and Management 13, 45-57.
Von Sascha Sardadvar und Gerald Gogola, WPZ Research
Rückfragehinweis: Dr. Brigitte Ecker WPZ Research Mariahilfer Straße 115/16, 1060 Wien Tel.: +43 (0)1 8903225-10 Mobil: +43 (0)664 3454235 E-Mail: brigitte.ecker@wpz-research.com www.wpz-research.com