Die COP30 im Zeichen des Klimavölkerrechts?
"Hauptsache, wir bleiben im Gespräch?" Die Klimadiplomatie wird immer wieder dafür kritisiert, dass sie keine konkreten Ergebnisse liefere – und das, obwohl die Zeit drängt. In der Tat verdeutlichen jüngere klimawissenschaftliche Studien, wie stark der Klimawandel sich zuspitzt: immer mehr planetare Grenzen werden überschritten.
Doch der Nutzen der jährlichen Klimakonferenzen der Vereinten Nationen – der "COPs" (Conference of the Parties) – wird häufig unterschätzt. Sie sind zentral, um die internationale klimapolitische Zusammenarbeit zu organisieren. Denn der Klimawandel ist ein collective action problem: Nur wenn alle Staaten zusammenarbeiten, lässt sich der Klimawandel aufhalten. Es besteht jedoch für einzelne Staaten der Anreiz, die Kosten für Klimaschutz einzusparen und stattdessen von den Bemühungen anderer Staaten zu profitieren.
Diesen klimapolitischen "Egoismus" zu überwinden, ist Aufgabe der multilateralen Klimakonferenzen. Sie schaffen wechselseitiges Vertrauen innerhalb der internationalen Staatengemeinschaft. Die auf den Konferenzen gefassten Beschlüsse sind deshalb selbst dann wichtig, wenn sie vage oder völkerrechtlich unverbindlich bleiben. Eine klimapolitische Dynamik soll sich dann vor allem bottom-up in den nationalen Rechtsordnungen entfalten. Eine solche Dynamik existiert durchaus, wie das Beispiel der vieldiskutierten Klimaklagen zeigt.
Die diesjährige COP30 in Belém ist besonders bedeutsam. Die USA haben das Pariser Übereinkommen gekündigt – das wichtigste Klimaschutzabkommen. Die gegenwärtige US-Regierung lehnt Klimaschutz ab. In Belém geht es deshalb darum, das wechselseitige Vertrauen zwischen allen übrigen Staaten in die Fortsetzung von Klimapolitik zu stabilisieren und die Zusammenarbeit weiter auszubauen.
Rechtlicher Rückenwind
Aus rechtlicher Sicht genießt die COP30 durchaus Rückenwind. Denn im Juli 2025 hat der Internationale Gerichtshof ein wichtiges Rechtsgutachten über die klimavölkerrechtlichen Pflichten der Staaten veröffentlicht. In dem Gutachten erkennt der Gerichtshof weitreichende Pflichten der Staaten zum Klimaschutz an. Auch wenn das Gutachten selbst für die Staaten keine unmittelbaren Rechtspflichten erzeugt, genießt es hohe Autorität.
Das Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofs betrifft Kernfragen der COP30: zum Beispiel, die Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur auf 1,5°C als primäres Temperaturziel zu begrenzen oder die Verantwortlichkeit und Haftung der Staaten für Klimaschäden. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass das Rechtsgutachten die klimapolitischen Verhandlungen beeinflussen wird.
In der gegenwärtig schwierigen geopolitischen Lage ist der Austragungsort in Brasilien ein Glücksfall: ein großes demokratisches Land, das schon aufgrund der brasilianischen Wirtschaftskraft und Regenwälder für die globale Klimapolitik wichtig ist. Der Schutz dieser Regenwälder ist ein gutes Beispiel, wie die COP30 dazu beitragen könnte, Klimaschutz zu stärken.
Zur Person
Patrick Abel ist Assistenzprofessor für Völkerrecht mit Schwerpunkt Nachhaltigkeit an der Universität Innsbruck. Seine Expertise umfasst das Internationale und Europäische Wirtschafts-, Umwelt-, Klima- und Energierecht sowie das Allgemeine Völker- und Unionsrecht und deutsche Verfassungsrecht. Insbesondere forscht Patrick Abel zur Rolle des öffentlichen Rechts in der Transformation von Gesellschaft, Wirtschaft und Staat im Zuge globaler Umweltveränderungen. Als unabhängiger Experte berät er regelmäßig öffentliche und private Institutionen im Bereich Wirtschafts-, Klima- und Energierecht sowie bei klimapolitischen Verhandlungen. Abel ist als PEAK-Experte auch Teil des Klimakommunikationsprojekts der Universität Innsbruck.