"Ein Traum ist wie ein Kunstwerk... Träumen für den Weltfrieden"
Jeder träumt! Träume sind, kurz gesagt, Gefühle und Gedanken in bewegten Bildern dargestellt, wie ein Tableau, wie eine Szene eines Filmes. Wie die Hirnforschung heute behauptet sind die Grenzen zwischen Wachen und Träumen fließend. Man geht davon aus, dass so etwas wie Träumen andauernd, auch im Wachen vor sich geht, deutlicher wahrgenommen wird beim Einschlafen, dann hypnagoge Bilder genannt und am deutlichsten im REM-Schlaf wahrnehmbar ist.
Unser Hirn "schaltet" beim Einschlafen um. Das so genannte Default Mode Network (DMN) tritt in den Vordergrund, ein Zustand der Ruhe, des Regenerierens, des Säuberns und des Einordnens beginnt - man beginnt quasi Spreu von Weizen zu trennen. So verstehen wir vom Institut für Bewusstseins- und Traumforschung auch das Schlafen insgesamt und damit auch das, was im Schlaf stattfindet, u.a. eben das Träumen. Wir gehen davon aus, dass Träume uns dabei helfen das am Tag Wahrgenommene und (sinnlich) Erlebte mit bereits existierenden "Inneren Gestalten", also unseren Erfahrungen abzugleichen. Diese zu integrieren und zu erweitern und damit zu lernen, ja allnächtlich eine "kleine Psychotherapie" vorzunehmen und unseren Horizont oder unser Bewusstsein dadurch erweitern.
Daher ist unser Credo auch, dass wir unsere Träume, die uns meistens mit Recht neugierig machen, am besten sinnlich erschließen können, wenn wir unsere Träume erinnern - im Traumbild bleibend, sich fragend, welche Sinneseindrücke vorkommen und wie diese auf uns wirken - eben wie ein Kunstwerk betrachtend, unseren Traum auf uns wirken lassen und diesen sinnlichen Erinnerungen nachgehen und Erlebtes und Bewegendes auftauchen lassen. Freud hätte das vermutlich freies Assoziieren genannt. Diese Methode haben wir "DreamSenseMemory" getauft. Wenn man sich darauf einlassen kann, kann dieser Vorgang sehr erhellend und bereichernd sein. Man gewinnt jedenfalls den Eindruck, den Traum und damit ein kleines Stück weit sich selbst besser erkennen zu können. Insofern kann man, etwas profan, den Traum auch als eine Art mentale Verdauung verstehen, wobei diese Form der "Verdauung" uns formt und prägt und uns immens bereichern kann.
Aber keine Angst, wir gehen davon aus, dass Träume auch all das tun, wenn wir sie nicht erinnern. Denn der Schlaf an sich ist eine Zeit des Vergessens. Wir dürfen uns darauf verlassen, dass all diese lebensnotwendigen Abläufe in einem "Erholungsmodus" (Parasympathikus) stattfinden , der eben nicht auf Leistung (Sympathikus) geschaltet ist. Die Fähigkeit des Erinnerns braucht einen gewissen Grad an Leistung. Es ist immer wieder faszinierend, wie höchst effektiv unser Organismus gestaltet sein dürfte, denn wir müssen uns auch gar nicht erinnern, denn diese allnächtlichen Abläufe finden ganz von selbst statt und erledigen was zu erledigen ist, auch wenn unser Ich daran nicht beteiligt ist und ruhen darf oder vielleicht sogar soll.
Der Begriff des Selbst aus der Psychotherapie und der Philosophie ist hier hilfreich, denn unsere Träume dürften eben genau diesem Selbst entstammen und nicht unserem Ich. Gemeint ist hier unser Selbst aus den verschiedenen Aspekten und Anteilen, während unser Ich sich zurückgezogen hat und üblicherweise im Traum ebenfalls größtenteils zu ruhen scheint. Außer in einem speziellen Traumzustand, im luziden Träumen, denn da ist unser Ich deutlicher, ausgeprägter, entscheidender in den Traum hinein aufgewacht und mit ihm jedenfalls Teile unserer denkenden Leistungsfähigkeit. Wir können dann Entscheidungen treffen, uns orientieren, absichtlich und überlegt handeln, teilweise jedenfalls, wir können den Sinn des Traumes erkennen, bzw. wissen, womit sich dieses innere bewegte Bild beschäftigt und können uns eben auch erinnern, daran, wer wir sind und wissen, dass wir diesen Traum vermutlich auch erinnern werden - Fähigkeiten, die offenbar, jedenfalls beim Träumen an unser Ich gebunden sind.
Vermutlich sind wir nicht die einzigen Wesen, die träumen - fragt man Jane Goodall, träumen Tiere ebenso wie Menschen. Und warum nicht? Die Gestalttherapie versteht Träume schon seit langem als Gefühle und Gedanken in bewegten Bildern. Man kann darüber diskutieren, ob auch Tiere fühlen können. Mark Solms, einer der führenden Hirnforscher der Psychoanalyse, spricht vom fühlenden Gehirn (Feeling Brain) und ordnet das Träumen jenen Hirnarealen zu, die auch dem Fühlen zugeordnet werden, vereinfacht gesagt. Mark Solms wird übrigens 2020 voraussichtlich mit uns den 30-jährigen Geburtstag unseres Institutes für Bewusstseins- und Traumforschung mit einem Vortrag über das fühlende und das träumende Gehirn feiern (www.traum.ac.at).
So gesehen erklärt es sich auch "ganz von selbst", dass man sich automatisch mit jenen Menschen verbundener fühlt, mit denen man Träume, vor allem die eigenen Träume, bespricht. Träume zu teilen verbindet und schafft Vertrauen. Menschen, denen man Träume mitgeteilt hat, wird man vermutlich weniger leicht Schaden zufügen können, daher erhebt sich die Frage, ob Träumen nicht auch eine Art Frieden stiftendes Kommunikationsmittel verstanden werden sollte. Das Feld der Träume ist weit und man könnte viele Seiten damit füllen, aber hier erwähnen möchte ich noch, dass wir eigentlich noch immer am Beginn der Traumforschung stehen und viele Fragen über das Träumen offen sind.
Was wir aber wissen, ist, dass Träume sehr viel für uns tun, teilweise ganz unbemerkt, denn wir träumen, auch wenn wir uns nicht daran erinnern. Sie halten uns bei Verstand, helfen uns dabei zu lernen und dabei gesund zu bleiben. Eine der offenen Fragen wäre z.B., ob ein Traumtagebuch zu führen, also unsere Träume aufzuschreiben - etwas, das wir zur Psychohygiene jedem empfehlen - unserem Erinnerungsvermögen insgesamt auf die Sprünge helfen könnte. Denn sich an Träume aktiv zu erinnern sehen wir als eine Art Gedächtnistraining, besonders dann, wenn wir schon viele Erfahrungen sammeln haben können und vielleicht tendenziell zum Vergessen neigen. Eine andere Frage wäre, ob wir, wenn wir uns mit uns und unseren Träumen beschäftigen, die allnächtliche Verarbeitung würdigen und uns damit die bestmöglichen Voraussetzungen schaffen, unsere Normalneurosen im Zaum zu halten.
Eine weitere Frage ist, ob, wenn so etwas wie mentales Training bei der Bewältigung von Erkrankungen uns unterstützt besser, rascher und ganzer zu gesunden, muss es das Träumen, die Beschäftigung mit dem Träumen, die Traumarbeit, Albtraumbewältigung und das luzide Träumen ebenso können. Daher ist Traumarbeit, u.a. auch DreamSenseMemory auch Teil unserer Fort- und Weiterbildung, des MUW-Zertifikatskurses Schlafcoaching (www.meduniwien.ac.at/zk-schlafcoaching). Fest steht, um sich an Träume zu erinnern und damit die bestmöglichen Voraussetzungen zu schaffen luzide zu träumen, ist es hilfreich, lange genug zu schlafen. Das alleine ist der Luxus unserer Zeit! Denn, wie Rubin Naiman, ein anderer Gast unseres Institutes in diesem Jahr, verkündet, leben nicht nur in einer Schlaf deprivierten Gesellschaft, sondern in einer REM-schlafdeprivierten, also Traumschlaf deprivierten Gesellschaft und wer träumt, der schläft!
Am Institut für Bewusstseins- und Traumforschung werden Schlafen und Träumen gefördert, nicht nur wissenschaftlich sondern auch praktisch angewandt mit Vorträgen und Seminaren, Büchern und CDs (www.traum.ac.at).